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2:12:08 Stunden – Mit der fünftschnellsten Marathonzeit eines österreichischen Läufers in der Geschichte hat Peter Herzog beim gestrigen Berlin Marathon ein starkes Signal ausgesandt. Mit 37 Jahren ist er noch zu tollen sportlichen Leistungen imstande, wenn Körper und Geist mitspielen. Die dreimonatige Reise im sommerlichen Training, schwerpunktmäßig in St. Moritz, bis zum Berlin Marathon 2024 gibt ihm neuen Mut nach schwierigen Zeiten.
Was von einem Marathon in Erinnerung bleibt, spielt sich oft auf der emotionalen Ebene ab. Von gestern bleibt Peter Herzog (Union Salzburg LA) nur Positives. Die Bilder von 2019 wiederholten sich dennoch nicht. Damals lief Herzog hoch emotionalisiert die letzten Meter durch das Brandenburger Tor ins Ziel des Berlin Marathon – im Wissen, dass er das Olympia-Limit für Tokio 2020 unterbieten würde. Mit Freudentränen in den Augen angesichts seines bis dato bedeutendsten sportlichen Moments zog er ein Foto seiner damals neugeborenen Tochter aus den Stutzen. Ein Augenblick für die Ewigkeit der Familie Herzog.
An der sportlichen Leistung lag es keinesfalls, dass der Zieleinlauf dieses Mal weniger emotional war. Auch nicht an Herzogs Analyse, der sich selbst über seine Gefühlswelt wunderte: „Es ist untypisch für mich, aber ich war völlig kühl beim Zieleinlauf. Ich habe auch keine Erklärung dafür, warum sich meine Emotionen da zurückgehalten haben.“
Der Pinzgauer verließ die deutsche Hauptstadt im emotionalen Hoch. „Ich bin sehr zufrieden, die letzten Wochen und der Wettkampf gestern stimmen mich extrem glücklich“, sagt er im Gespräch mit RunUp.eu. „Ich verspüre eine große Genugtuung und auch Wertschätzung gegenüber jeder einzelnen Komponente, die zu dieser Leistung beigetragen hat.“
Nach der guten Vorbereitung machte er sich auch den legitimen Druck, im Wettkampf performen zu wollen. Die Anspannung über das gesamte Wochenende puschte. Wie der Sportstudent der Universität Salzburg, passend zu seinen Herausforderungen abseits des Sports, auf den Punkt bringt: „Gestern war die Abschlussprüfung nach drei Monate ,Büffeln’!“
Die „Abschlussprüfung“ gelang dank eines recht homogenen Rennens. Herzog bremste die Gruppe, in der er lief, federführend etwas ein, um Kollegen, die für hohes Risiko bereit waren, es angenehmer zu machen, in der Gruppe mitzulaufen. So eröffnete die von einem Tempomacher unterstützte Gruppe um Herzog den Marathon nicht in 1:05:00 Stunden, sondern in 1:05:55 Stunden (Halbmarathon-Zwischenzeit).
„Der Tempomacher hat einen super Job gemacht, er ist nur leider schon zum Halbmarathon ausgestiegen“, gibt Herzog Einblicke ins Rennen. Die Folge war eine übliche: Das Tempo fiel von Splits im Bereich von 3:07–3:08 Minuten pro Kilometer auf 3:10 und 3:11 Minuten. „Nach den letzten Monaten und Jahren war ich schon sehr verunsichert, wie ich den Wettkampf handeln soll. Ich glaube, ich hab es taktisch unter dem Strich gut gelöst. Zu diesem Zeitpunkt – und wir befanden uns auf der wohl schwierigsten Streckenpassage in Berlin – fehlte mir das Selbstvertrauen, so früh die Initiative zu übernehmen und mich in den Wind zu stellen.“
Dem ÖLV-Rekordhalter war aber bewusst, dass er im Laufe des Rennens zulegen könnte. Bei Kilometer 30 antwortete er auf eine Verschärfung des Holländers Remyo Tielsema, wenige Kilometer später sprengte er das Trio mit dem Chinesen Dong und lief das restliche Viertel des Rennens alleine ins Ziel. „Ich habe auf den letzten Kilometer ganz weit vor mir Johannes Motschmann gesehen. Das hat mich motiviert und ich konnte mich visuell heransaugen“, so Herzog. Auch „die unglaubliche Stimmung an der Strecke“ beflügelte zur finalen Zeit von 2:12:08 Stunden, die sich aus zwei ähnlich schnellen Marathon-Hälften zusammensetzte.
„Das Ergebnis ist quasi eine Punktlandung zu unserer Zielsetzung. Daher bin ich mit Peters Leistung sehr zufrieden“, lobte sein Trainer Johannes Langer ein „sehr kontrolliertes Rennen“. Er betonte, dass sein Schützling die guten Bedingungen und das optimale Umfeld des Berlin Marathon wie schon einige Male in den letzten Jahren sehr gut nutzen konnte.
Peter Herzog hat beim Berlin Marathon 2024 die Altersklasse M35 gewonnen. In einer Zeit von 2:12:08 Stunden blieb der Österreicher, in der Gesamtwertung auf Position 34, zwölf Sekunden vor dem Chinesen Dong Guo Jian, mit dem er lange in einer Gruppe lief, und knapp eine Minute vor dem Deutschen Erik Hille. Seine Zeit von 2:12:08 Stunden ist auch eine neue ÖLV-Bestleistung in dieser Altersklasse. Herzog verbesserte seine eigene M35-Bestleistung vom Berlin Marathon 2022 um acht Sekunden.
Wie im RunUp.eu-Vorbericht schon ausführlich geschildert, haben Peter Herzog und sein Trainer Johannes Langer mit Beginn der Sommerferien und dem damit verbundenen Vorbereitungsbeginn auf den Berlin Marathon das Blatt gewendet und schwierige Zeiten hinter sich gelassen. „Wir haben die letzten Wochen auf einem bewährten Konzept mit Höhentraining und progressiv gestalteten Belastungswochen aufgebaut. Da er bis Ende Juni aus Zeitgründen kaum regelmäßig trainieren konnte, war die erste Phase etwas reduzierter im Vergleich zu sonst“, fasst Langer zusammen. „Gegen Ende des Trainingslagers produzierte er ein paar echt starke Trainingseinheiten. Auch dank unseres bewährten 3x8km-Tests in Wettkampfmodus waren wir da schon sicher, dass Peter mit guter Form nach Berlin kommt.“
Der Athlet zweifelte zu Sommerbeginn, ob sein Körper noch einmal die für einen Marathon auf diesem Niveau notwendigen Hochbelastungen im Training mitmachen würde und auch, ob sein eigener Wille dafür reichen würde. Schnell zeigte sich, dass das System Herzog wieder im Gleichgewicht balancierte – der Spaß an der Arbeit kehrte zurück. Diese Emotionen sind relevant und lassen ihn optimistisch in die Zukunft blicken: „Mir geht es so gut wie lange nicht. Ich habe so viel Freude am Laufen wie lange nicht.“
Autor: Thomas Kofler
Bilder: © SIP / Johannes Langer