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Drei hoffnungmachende Trainingsmonate mit einem siebenwöchigen Aufenthalt in St. Moritz haben in Peter Herzog das Gefühl des Spitzensportlers von vor einigen Jahren zurückgeholt. Optimistisch steigt er am Freitag in den Flieger Richtung deutsche Hauptstadt. Dort möchte der 37-Jährige seine Trainingsleistungen beim Berlin Marathon in ein Wettkampfresultat ummünzen und zeigen, „dass ich immer noch da bin und nicht zu früh abgeschrieben werden darf“.
„Mein Körper ist in Balance. Ich belaste ihn im Training und regeneriere. Und am nächsten Tag ist er wieder bereit für die Belastung. Außerdem bin ich gesund.“ Wenn Peter Herzog die letzten drei Trainingsmonate zusammenfasst, betont er fundamentale Dinge, die für einen Spitzensportler selbstverständlich sind. Selbstverständlich sein müssen.
Doch das sind sie nicht immer, der Pinzgauer ist ein Beispiel dafür. Und deshalb sind sie wichtig, um Herzogs Vorbereitung auf den Berlin Marathon zu verstehen. „Ganz ehrlich: Im letzten Jahr habe ich mir nicht vorstellen können, dass ich irgendwann wieder ohne Qual trainiere und auch das harte Training Spaß machen würde“, unterstreicht er im Gespräch mit RunUp.eu. Es sind Worte, die eine im Heilungsprozess befindliche, geschundene Sportlerseele beschreiben.
Nun ist es endlich wieder soweit, dass die Basis stabil ist. Deshalb blickt der ÖLV-Marathonrekordhalter optimistisch Richtung Berlin Marathon am kommenden Sonntag. Vor zwei Jahren ist er dort einen Marathon in einer Zeit von 2:12:16 Stunden gelaufen, das bisher letzte „Hurra“ in der Leistungssportkarriere des Quereinsteigers. Damals unter dem Eindruck der nach der Pandemie wieder aufflammenden Marathon-Stimmung in einer Marathon-Metropole, ein Jahr nach dem harten Olympischen Marathon in Sapporo.
Doch danach folgte eine echte Leidenszeit für einen Sportler, die im Winter mitten in einer vielversprechenden Vorbereitung auf den Sevilla Marathon ihren Anfang nahm. Immer wieder, wenn Herzog ans Limit ging, streikte der Körper mit leichten Erkrankungen oder gar muskulären Verletzungen. Rückschlag um Rückschlag ließen kein kontinuierliches Training auf hohem Niveau zu, die Balance wurde zum phasenweise unerreichbaren Sehnsuchtswort.
Drei Wochen vor dem Start beim Vienna City Marathon 2024 warf ihn eine weitere Erkältung zurück, dennoch gelang das Comeback vor allen Dingen aus emotionaler Sicht. Mit wiederangefachtem Feuer lief Herzog auch noch den Salzburg Marathon, wo er sich nach einem kontrollierten Lauf als Sieger ins Ziel applaudieren ließ.
Familiäre und universitäre Herausforderungen stahlen ihm vorerst noch die Zeit für ein konzeptionelles, sinnvolles und stressfreies Training. Doch mit Start der Sommerferien änderten sich die Vorzeichen. Herzog reiste in die Höhe und schraubte sein Trainingspensum radikal nach oben. Es war nicht nur eine Anpassung an die Höhenlage des Engadin, sondern auch eine seines Körpers. Sie gelang. „Der Wille, jeden Tag meinen Körper zu belasten, war wieder da.“
Auch wenn die Trainingsleistungen sich erst allmählich entwickelten, das Gefühl war schnell wieder ein alt bekanntes. Ein motivierendes. Schritt für Schritt hielt er sein Lauftempo länger, am kommenden Sonntag idealerweise über die gesamten 42,195 Kilometer. Unter dem Strich bleibt am Ende des Trainingszyklus stehen: „Ich habe drei Monate sehr gut trainiert, kaum Ruhetage eingelegt – und mein Körper hat es mitgemacht!“ Basics, aber für Herzog nicht mehr selbstverständlich.
Sieben Wochen, aufgeteilt in zwei Blöcken, hat der Athlet davon in St. Moritz verbracht.
Nur in Wien hat Peter Herzog öfters einen Marathon-Wettkampf absolviert als in Berlin. Abzüglich des EM-Marathons von 2018, der ebenfalls in der deutschen Hauptstadt über die Bühne ging, hat er drei Berlin Marathons in den Beinen.
Der beste war jener 2019, wenige Tage nach der Geburt seiner älteren Tochter. Mit einer Leistung von 2:10:57 Stunden qualifizierte sich Herzog damals für die Olympischen Spiele von Tokio, die folglich um ein Jahr verschoben wurden.
Wie schon vor den Berlin Marathons in den Jahren 2019 und 2022 bereitete sich der Pinzgauer in der Höhe von St. Moritz vor. Zwangsläufig wurden Erinnerungen an die damals gelungenen Trainingslager wach.
Damit stellt sich die Frage, wie sich die letzten Wochen im Wettkampf auswirken. Der Berlin Marathon ist der Scharfrichter, Wettkampfkilometer sammelte Herzog bei hochsommerlichen Temperaturen Ende August bei Kärnten Läuft. Er wäre gerne den Kopenhagen Halbmarathon gelaufen, um noch mehr harte Wettkampfkilometer zu sammeln. Er bekam keinen Startplatz.
Die Zuversicht in den Worten des Salzburgers ist deutlich hörbar. Die Rahmenbedingungen sind günstig: Schnelle Strecke, eine gewohnte Bühne, eine ordentliche Wetterprognose. Das Gefühl stimmt. Es sei ein lässiges, ein stimmungshebendes, mit leicht surrealem Unterton aufgrund der negativen Erfahrungen der letzten beiden Jahre. Nun dominiert der Blick nach vorne: „Es ist eine gesunde Anspannung da. Ich will vernünftig, aber sportlich anlaufen. Auf keinen Fall zu konservativ“, sagt der Österreicher.
Er hofft, dass sich eine passende Gruppe für diesen Ansatz finden lässt. Es gibt Grund für Optimismus: Der Schwede David Nilsson, die Dänen Thijs Nijhuis und Jacob Simonsen, zuletzt in Kopenhagen mit einer starken Halbmarathonleistung von 1:02:18 Stunden, der deutsche WM-Teilnehmer von 2022 Tom Gröschel, der seinen letzten Marathon mit leistungssportlichem Anspruch bestreiten wird, oder der Chinese Guan You Sheng – sie haben vielleicht ähnliche Ziele wie Herzog.
Eines kann der Österreicher ausschließen, nämlich mit der Gruppe der besten Deutschen im Feld mitzulaufen, die einen Anfangshalbmarathon in 64 Minuten anvisiert: „Das hab ich nicht drauf!“
Autor: Thomas Kofler
Bild: © SIP / Johannes Langer