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Raphael Pallitsch: Mit ÖLV-Rekord zur EM

Raphael Pallitsch hat beim Pfingstsportfest in Rehlingen den ÖLV-Rekord im 1.500m-Lauf von Günther Weidlinger gebrochen und sich für die EM in Rom qualifiziert.
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Mit einer sensationellen Darbietung zum Saisoneinstieg hat Raphael Pallitsch ein spannendes Stück österreichische Leichtathletik-Geschichte geschrieben. Beim Pfingstsportfest in Rehlingen, ein Meeting der Kategorie Silber im Rahmen der World Athletics Continental Tour, verbesserte der 34-Jährige den österreichischen Rekord im 1.500m-Lauf von Günther Weidlinger um fast eine Sekunde auf eine Zeit von 3:33,78 Minuten und pulverisierte das EM-Limit für Rom um über zwei Sekunden. Auch für den Karrieretraum der Olympia-Teilnahme stellt die Leistung einen wichtigen Schritt dar. Beim traditionsreichen Meeting im Dreiländereck Deutschland-Frankreich-Luxemburg, das bereits zum 59. Mal ausgetragen wurde, konnten aus heimischer Sicht auch Sebastian Frey und Tobias Rattinger überzeugen.

„Unglaublich! Es war einfach eine richtig, richtig starke Leistung“, jubelte Pallitsch (SVS Leichtathletik), zitiert in einer Aussendung des Österreichischen Leichtathletik-Verbandes, und erzählt aus dem Rennen. „Es war ein irrsinnig mühsames Rennen, in dem ich mir die Position erst erkämpfen musste. Schließlich will keiner nachgeben und jeder drängt in der Kurve ein bisschen nach außen. Ich habe mich aber gut gefühlt und mich nach vorne gekämpft. Ich habe mich einfach auf das Rennen und die Positionen konzentriert.“

Im Schlussspurt zu Platz drei

In einem riesigen Starterfeld von 18 Athleten sortierte sich Pallitsch nach dem Start im hinteren Mittelfeld ein. Nach 800 Metern (Zwischenzeit 1:54,20 Minuten) orientierte sich der Österreicher langsam nach vorne. Die letzte Runde begann Pallitsch bereits auf der fünften Position, nachdem er sich auf der Außenbahn smart und ohne großen Kraftaufwand immer weiter nach vorne gearbeitet hatte. Der Deutsche Robert Farken führte eine siebenköpfige Spitzengruppe in die letzte Kurve. Pallitsch kam auf Bahn zwei aus der Kurve und zündete den Endspurt. Mit dem besten Schlussspurt aller platzierte sich der 34-Jährige mit seinem österreichischen Rekord auf dem dritten Platz. Die Belgier Ruben Verheyden und Jochem Vermeulen freuten sich nicht nur über einen Doppelsieg, sondern auch über persönliche Bestleistungen von 3:33,62 bzw. 3:33,70 Minuten, das Olympia-Limit verpasste das Duo recht knapp, liegt aber in der Weltrangliste aussichtsreich für eine Teilnahme in Paris – Stand jetzt.

Wie stark das Feld in Rehlingen war, zeigt ein Blick auf einige Athleten, die Pallitsch hinter sich ließ. So schnappte er sich auf den letzten Metern noch den viertplatzierten Lokalmatador Robert Farken, Deutschlands Nummer eins in dieser Disziplin. Auch Ossama Meslek, italienischer Hallenrekordhalter, und der Kanadier Charles Philibert-Thiboutot, der das Olympia-Limit bereits in der Tasche hat, landeten hinter dem Österreicher.

Die ÖLV-Bestenliste im 1.500m-Lauf

  • 3:33,78 Minuten – Raphael Pallitsch (Rehlingen 2024)
  • 3:34,69 Minuten – Günther Weidlinger (Kassel 2000)
  • 3:35,80 Minuten – Robert Nemeth (Koblenz 1984)
  • 3:36,11 Minuten – Andreas Vojta (Glasgow 2014)
  • 3:36,55 Minuten – Werner Edler-Muhr (Nürnberg 1996)

Dritter Platz bringt reichlich Bonuspunkte

Dass der 1.500m-Lauf eine der leistungsdichtesten Disziplinen im europäischen Laufsport ist, zeigt die Tatsache, dass bereits frühzeitig alle 30 EM-Startplätze für Rom über das Direktlimit von 3:36,00 Minuten gebucht wurden. Mittlerweile haben 37 Athleten (in der bereinigten Wertung, also maximal drei pro Nation) das EM-Limit in der Tasche. Wie herausfordernd das Limit ist, zeigt ein Blick in die österreichische Bestenliste. Nur Robert Nemeth (dreimal) und der entthronte ÖLV-Rekordhalter Günther Weidlinger haben in der heimischen Laufgeschichte die Marke von 3:36,00 Minuten jemals unterbrochen, selbst Andreas Vojta schaffte dies zu seinen besten Zeiten nicht. Pallitsch lief sein bisher schnellstes Rennen bei den Weltmeisterschaften 2023 in Budapest, als sich der Vorlauf mit einem für ihn ziemlich idealen Rennverlauf entwickelte. Die Zeit von damals, 3:36,47 Minuten, unterbot der Burgenländer in Rehlingen um fast drei Sekunden!

Auch das Olympia-Limit von 3:33,50 Minuten ist für Pallitsch plötzlich in Reichweite. Aktuell sind 26 Startplätze über Direktlimits vergeben, weitere 19 sind für die Vorläufe vorgesehen. Pallitsch lag bereits vor der Leistung in Rehlingen auf einem guten Kurs Richtung Paris, die mit Bonuspunkten versehenen Meistertitel bei den Staatsmeisterschaften und bei den Balkanmeisterschaften 2023 sind ebenso wie die hervorragende Leistung beim Hallen-Meeting in Ostrava im Jänner, mit Abstand Pallitschs bisherige Topleistung laut Performance Score, die Basis für diese hervorragende Ausgangsposition. Durch das Standing des Rehlinger Meetings erhält der 34-Jährige 70 Bonuspunkte für den dritten Platz, womit er sich gemeinsam mit den Punkten für die Leistung im World Ranking um gut 20 Punkte verbessern wird. Damit wird Pallitsch in der diese Woche neu erscheinenden „Road to Paris“ unter den Top-40 liegen. Das zeigt den großen Schritt, den der Burgenländer in Rehlingen gesetzt hat – weitere sind in den kommenden Wochen mit dem neuen Selbstvertrauen möglich.

Alle Ergebnisse des Pfingstsportfests in Rehlingen

Jagd auf Olympia-Limit ist eröffnet

„Ich bin überzeugt, dass ich das Olympia-Limit laufen kann. Jeder, der dieses Rennen gesehen hat, wird mir vermutlich beipflichten“, zeigt sich Pallitsch optimistisch, gibt aber auch zu bedenken: „So ein Rennen muss man eben auch erst wieder finden. Es gilt, gute Entscheidungen über die nächsten Wettkämpfe zu treffen und fit zu bleiben. Ich bin jedenfalls bereit!“

Nachdem Pallitsch die Hallensaison unmittelbar nach dem österreichischen Hallenrekord in Ostrava aufgrund eines Infekts vorzeitig abbrechen musste, bereitete er sich konsequent auf die neue Saison vor und baute auf die Grundlage des Wintertrainingslagers in Südafrika auf. Ende April verkündete er New Balance als seinen neuen Ausrüstungspartner und bereitete sich im Frühling wochenlang im Höhentraining in St. Moritz auf die kurze, intensive Wettkampfphase vor den Anfang Juni anstehenden Europameisterschaften von Rom vor. Nach dem traumhaften Saisoneinstieg am vergangenen Wochenende stehen in Eisenstadt (22. Mai) und Ostrava (28. Mai) die nächsten wichtigen Meetingstarts an, bei denen sich Österreichs neuer Rekordhalter weiter Richtung Olympische Spiele positionieren will.

Comeback nach fünf Jahren Pause

Der Traum von der Olympia-Teilnahme in Verbindung mit seiner Karriere-Geschichte ist ein Exempel für all jene Sportler, die trotz niederschmetternder Karrierephasen nie den Glauben an sich verlieren. Pallitsch galt anfangs des vergangenen Jahrzehnts als aussichtsreiches 800m-Talent und schaffte mit der Hallen-WM-Teilnahme in Istanbul 2012 als 22-Jähriger einen ersten sportlichen Höhepunkt. Allerdings behinderte ihn eine schwere Verletzung im Gelenk am Großzeh nachhaltig, nach mehreren erfolglosen Therapieansätzen beendete der Burgenländer 2015 seine aktive Karriere.

Nach einer mehr als fünfjährigen Pause und diversen Ausbildungen, darunter auch jene als Trainer, erkannte Pallitsch, dass sein Fuß wieder belastungsfähig ist. Er nahm seine Karriere mit spitzensportlichem Grundgedanken wieder auf und orientierte sich Richtung 1.500m und am Traum der Olympia-Teilnahme 2024. Mit stetigen Verbesserungen arbeitete sich der Österreicher Schritt für Schritt an die europäische Klasse heran und schaffte 2023 die WM-Qualifikation für Budapest. Mit der Qualifikation für die Europameisterschaften ist das erste große Ziel der neuen Wettkampfsaison erreicht, die Qualifikation für die Olympischen Spiele scheint nach diesem Saisonauftakt in realistischer Reichweite.

Das Pfingstsportfest Rehlingen im Youtube-Stream

Frey und Rattinger kratzen am Limit-Bereich

Raphael Pallitsch war nicht der einzige österreichische Läufer, der in Rehlingen eine tolle Leistung erbrachte. Sebastian Frey (DSG Wien) verbesserte seinen eigenen ÖLV-U23-Rekord um über 15 Sekunden (!) auf eine Zeit von 13:24,58 Minuten. Damit verpasste der 21-Jährige das Limit für die Europameisterschaften nur um gut viereinhalb Sekunden. Mit dieser Leistung knüpfte der Athlet aus dem On Athletics Europe Team an seine hervorragenden Winterleistungen an, hat aber das Pech, dass alle Startplätze über die EM in Rom über das Limit gebucht wurden. Somit ist die verbesserte Weltranglistenposition, für die auch die Bonuspunkte für Position vier im Wettkampf hinter dem kanadischen Sieger Thomas Fafard (13:22,93 Minuten, neuer Meetingrekord), dem Äthiopier Ali Abdilmana und dem Schweizer Morgan Le Guen ins Gewicht fallen, für die Kontinental-Titelkämpfe effektlos. Frey ist nun die Nummer fünf in der ewigen ÖLV-Bestenliste.

Die ÖLV-Bestenliste im 1.500m-Lauf

  • 13:13,44 Minuten – Günther Weidlinger (London 2005)
  • 13:15,31 Minuten – Dietmar Millonig (Zürich 1982)
  • 13:22,30 Minuten – Gerhard Hartmann (Koblenz 1986)
  • 13:24,03 Minuten – Andreas Vojta (Ostrava 2020)
  • 13:24,58 Minuten – Sebastian Frey (Rehlingen 2024)

Den nächsten starken Wettkampf in dieser noch jungen Freiluftsaison lieferte Tobias Rattinger (LAC Amateure Steyr) ab, der im 3.000m-Hindernisrennen neuerlich unter 8:30 Minuten blieb. Diese Leistung verspricht eine Verbesserung in der Weltrangliste sowohl für die EM in Rom (wo er aktuell innerhalb der Top-34 ist, aber möglicherweise eine Erbringung des Limits von 8:25,00 Minuten noch notwendig sein könnte) als auch für die Olympischen Spiele in Paris, wo diese dritte starke Leistung in dieser Saison ihn in jenen Bereich hievt, in dem eine Olympia-Qualifikation nicht mehr utopisch ist.

Rattinger beendete den Wettkampf auf Platz neun. Samuel Duguna siegte in 8:15,61 Minuten klar vor Lokalmatador Frederik Ruppert, der bereits zum zweiten Mal in dieser Saison eine Zeit von 8:17 Minuten anbot, und Bilal Tabti aus Algerien.

Heimsieg für Kolberg

Ohne österreichische Beteiligung waren beim Pfingstsportfest folgende Lauf-Disziplinen:

  • Der 800m-Lauf der Männer, der mit dem Sieg des Neuseeländers James Preston in 1:45,17 Minuten endete. Der junge Schweizer Ramon Wipfli auf Platz drei freute sich über eine persönliche Bestleistung von 1:45,38 Minuten.
  • Der 800m-Lauf der Frauen mit dem knappen Sieg von Lokalmatadorin Majtie Kolberg in einer Zeit von 2:01,08 Minuten vor der Britin Alexandra Bell. Die junge Schweizerin Valentina Rosamilia verbesserte sich als Dritte auf eine Zeit von 2:01,29 Minuten, die mehrfache deutsche Meisterin Christina Hering musste sich mit Position fünf zufrieden geben.
  • Der 1.500m-Lauf der Frauen, in dem Hindernislauf-Spezialistin Gesa Felicitas Krause in ihrer Comebacksaison eine persönliche Bestleistung von 4:06,71 Minuten lief und Dritte wurde. Der Sieg ging überraschend an die Finnin Nathalie Blomqvist vor Marta Garcia aus Spanien. Krause war beste Deutsche unmittelbar vor Nele Weßel und Jolanda Kallabis, die ehemalige Hallen-Europameisterin Elisa Vanderelst aus Belgien musste sich mit Platz sieben zufrieden geben, Mitfavoritin Hanna Klein kam nicht über Platz 14 hinaus.

Autor: Thomas Kofler
Bild: ÖLV / Giancarlo Colombo – Raphael Pallitsch bei der WM 2023 in Budapest

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