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„Dabei sein ist alles!“ Dieser Olympische Grundgedanke entstand vor Jahrtausenden und hat bis heute seine Verankerung in der Sportgesellschaft behalten. Der zweite wichtige Grundsatz der Olympischen Spiele der Antike im Alten Griechenland war Friede: Während des großen, alle vier Jahre…
„Dabei sein ist alles!“ Dieser Olympische Grundgedanke entstand vor Jahrtausenden und hat bis heute seine Verankerung in der Sportgesellschaft behalten. Der zweite wichtige Grundsatz der Olympischen Spiele der Antike im Alten Griechenland war Friede: Während des großen, alle vier Jahre wiederkehrenden Sportfestes wurden die Waffen auf der ganzen (damaligen) Welt bis zum Ende der Spiele niedergelegt. Grundsatz Nummer drei: Fairness!
Wenn bei den modernen Olympischen Spielen der Startschuss zu den ersten Leichtathletik- und Laufbewerben ertönt, ist das größte Sportfest der Welt bereits eine Woche alt. Fantastische und großartige Emotionen erweckende Bilder von grandiosen Wettkämpfen anderer Sportarten an traumhaften Wettkampfstätten bestimmen längst den Eindruck von den Spielen, wenn die besten Athleten der Olympischen Kernsportart die Arena für ihre Wettkämpfe betreten. Dann bestimmen die sportlichen Leistungen, die Geschichten der Stars und die großen Emotionen, die die Olympischen Ringe entfachen, die Schlagzeilen und verdrängen negative Nachrichten, die in den letzten Jahren immer öfter – und in Rio ganz besonders – die Medienlandschaft vor Olympischen Spielen bestimmen.
Olympia ist längst nicht mehr das Olympia von damals im heiligen Olympia. Olympia hat sich im Rahmen der modernisierten Welt weiterentwickelt. Das Motto „Dabei sein ist alles!“ gilt nur noch für einen Teil der Sportler, alle anderen verfahren nach dem Anspruch „Gewinnen ist alles!“ und auch die geltende Prämisse „Jeder will dabei sein“ muss in einigen wenigen Sportarten hinterfragt werden. Von flächendeckendem Frieden und Waffenstillstand ist die Welt so weit entfernt wie schon lange nicht mehr. Und dass die sportliche Fairness teilweise mit Füßen getreten wird, zeigen eine hohe Anzahl an Dopingskandalen, Korruption und sonstige Betrügereien. Aber eines ist gleich geblieben wie in der Antike: Es ist eine riesige Ehre, einen Olympiasieg zu erringen.
Die Olympischen Spiele mit der Zeit gegangen. Als nach wie vor am meisten begehrte Sportveranstaltung der Welt ist sie ein Prestigeprodukt und ein mächtiger, wirtschaftlicher Kassenschlager. Für die besten Sportler der Welt, die längst keine Amateure mehr, sondern Vollprofis sind, zählt nichts mehr, als eine Olympische Goldmedaille im Trophäenschrank. Schneller, besser, weiter, höher – und das vor so vielen Zuschauern wie in der restlichen Zeit der vierjährigen Olympiade nie. Mit Ausnahme einiger weniger Sportarten sind die Olympischen Spiele das Schaufenster schlechthin für Sportler, Trainer, Manager, Sponsoren und Funktionäre. Erfolge erhalten großes nationales Prestige und stellen eine Basis für nationales Bewusstsein dar. Mit den Sportlern als gesellschaftliche Vorbilder.
Die Olympischen Spiele 2016 haben sich einen Eintrag in die Geschichtsbücher verdient. Denn sie sind die ersten in Südamerika überhaupt. In Rio de Janeiro, einer Metropole in einem der größten Länder der Welt, wo die Schere zwischen Arm und Reich so weit auseinanderklafft wie in wenigen anderen Teilen der Welt und in der die gesellschaftliche Unzufriedenheit von einem Zenit zum nächsten wandelt. Während sich die Sportler weltweit seit Jahren auf diese ersten Spiele in Südamerika freuen, freut sich vor Ort nur derjenige, der von den Spielen direkt (also finanziell) profitiert. Prunkvolle Bauten, glanzvolle Sportstätten und ungeheure Ausgaben – der eigene Anspruch sind denkwürdige Spiele, die vergangene Austragungen in den Schatten stellen. Das ist auch der Anspruch des Auftraggebers, dem IOC.
Doch genau diese Ambition, die eine der größten Städte der Welt beinahe in die Zahlungsunfähigkeit trieb, sticht sich mit dem gesellschaftlichen Verlangen. Das gut zwei Wochen andauerte, gigantische Sportfest schluckt millionenschwere Summen, die Brasiliens Gesellschaft dringend an anderen Stellen benötigt. Fast nirgends wird der Unterschied zwischen Reich und Arm so gut sichtbar wie in Rio, wo die ärmste Menschen beherbergenden Favelas die prunkvollen Zentren an der Küste umrahmen. Menschenrechtsverletzungen, Korruption und Vetternwirtschaft brachten die Brasilianer zur Weißglut und mächtige Politiker in Abhängigkeitsverhältnisse, die ein anderweitiges Handeln unmöglich machten. Zehntausende Menschen wurden alleine in Rio meist gegen deren Willen umgesiedelt, um Platz für den sportlichen Gigantismus zu schaffen. Doch die Anforderungen des IOC sind klar, sie können sogar den rechtlichen Rahmen souveräner Rechtsstaaten für sich und seine Veranstaltung außer Kraft setzen. Die Versprechungen von verbesserter Infrastruktur, Nachhaltigkeit, wirtschaftlichem und touristischem Antrieb und einer generellen Erhöhung des Lebensstandards kaufen die Brasilianer den Olympia-Machern nicht ab und können auf historische Beispiele verweisen. Die Proteste gegen die Olympischen Spiele zum Vorteil profitierender Eliten und zum Nachteil der einfachen Bevölkerung wollten trotz rigorosen Vorgehens der Exekutive nicht abreisen. Ein Stimmungsbild, das im Rahmen eines Gesamteindrucks von den Olympischen Spielen 2016 nicht vergessen werden darf.
Wenn die besten Sportler der Welt an einen Austragungsort kommen – besonders wenn dieser in einem fremden Land liegt, ist der naturgemäße Kontakt mit der Gesellschaft vor Ort eingegrenzt. Die Aufgabe der Aktiven liegt in den 17 Tagen der Olympischen Spiele auch gänzlich auf ihrer Arbeit. Dennoch warfen die Spiele von Rio auch auf die Spitzensportler lange Schatten voraus. Der Zika-Virus dominierte monatelang die Berichterstattung, die Gefährdung der Zika-Mücke im brasilianischen Winter wurde allerdings von wissenschaftlichen Befunden auf ein Minimum reduziert. Laut einer Studie der Yale University werden sich während Olympia zwischen drei und 37 der sich in Rio aufhaltenden Menschen infizieren, bei weitem nicht alle Infektionen sind auch wirklich gesundheitsgefährdend. Dennoch nützten zahlreiche Sportler den Zika-Virus als gesundheitliche Gefährdung als Erklärung für ihre Absage. Pikanterweise kamen diese Sportler vortrefflich aus wirtschaftlich potenten Sportarten und passten ihr Turnierprogramm an lukrative Veranstaltungen außerhalb der Olympischen Welt an. Die hohe Kriminalitätsrate in der Metropole an der Copacabana und die Umweltverschmutzung rund um Rio, die vor allem die Bewerbe im offenen Wasser betreffen, waren ebenso ein bestimmendes Thema im Vorfeld und sind aufgrund des Status quo leider noch nicht aus der Berichterstattung verschwunden. Die Angst vor Terror hängt ohnehin wie ein Damoklesschwert über jede Großveranstaltung der Gegenwart.
Am Freitag betreten die Leichtathleten erstmals das Olympiastadion von Rio de Janeiro. Dann bestimmt die Olympische Kernsportart die zweite Hälfte der Olympischen Wettkampftage in Brasilien. Die ersten Olympischen Spiele auf der Südhalbkugel seit jenen in Sydney versprechen optimale Bedingungen, zumal der Winter in Rio nicht mit jenem auf einer Skihütte in den Alpen vergleichbar ist. Und spätestens dann, wenn die besten Läufer, Sprinter, Werfer und Springer die Arena in Rio betreten, werden all die Probleme im Vorfeld rund um Olympia 2016 ausgeblendet werden und der Fokus auf die sportlichen Leistungen gelegt werden.
Olympische Spiele 2016 in Rio de Janeiro