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In Österreich formiert sich aufgrund einer nie da gewesenen Leistungsdichte im Marathonlauf der Männer ein starkes Marathon-Team. Der sensationelle Gewinn der Bronzemedaille in der Teamwertung bei den Europameisterschaften von Berlin hat Begehrlichkeiten geweckt und lässt den österreichischen Marathonlauf optimistisch in…
In Österreich formiert sich aufgrund einer nie da gewesenen Leistungsdichte im Marathonlauf der Männer ein starkes Marathon-Team. Der sensationelle Gewinn der Bronzemedaille in der Teamwertung bei den Europameisterschaften von Berlin hat Begehrlichkeiten geweckt und lässt den österreichischen Marathonlauf optimistisch in die Zukunft blicken. Die erfolgreiche Entwicklung soll zu Nachhaltigkeit führen, von der auch Österreichs Marathonläuferinnen und durch die Vorbildwirkung vor allem der Breitensport profitieren sollen.
RunAustria präsentiert Österreichs Marathon-Hoffnungen der nächsten Jahre in einer neuen Serie. Teil fünf: Peter Herzog
„Ich möchte einmal versuchen, wie weit ich mit einem gezielten Training komme.“ Dieser konkrete Gedanke nach dem Vienna City Marathon 2016, den Peter Herzog in einer Zeit von 2:30:40 Stunden vollendete, markierte seinen Übergang vom Hobbyläufer zum Leistungssportler. Im Bestreben, seine Leistungsgrenze in einer Disziplin, die eine große Faszination auf den Salzburger ausübte, erstmals mit einer gezielten Vorbereitung auszutesten, führte den Pinzgauer zu einer Zeit von 2:21:11 Stunden beim Frankfurt Marathon 2016 inklusive der überraschenden Bronzemedaille bei den Staatsmeisterschaften im Halbmarathon im Rahmen des Jedermannlauf in Salzburg vier Wochen davor. Zwei Jahre später ist der 31-Jährige EM-Bronzemedaillengewinner in der Marathon-Teamwertung. Für dieses Edelmetall leistete sein hervorragender zehnter Platz in der Einzelwertung des EM-Marathons von Berlin in einer persönlichen Bestleistung von 2:15:29 Stunden einen riesigen Beitrag.
Peter Herzog:
Jahrgang: 1987 Verein: Union Salzburg LA Trainer: Peter Bründl PB Marathon: 2:15:29 Stunden PB Halbmarathon: 1:03:22 Stunden Größter Erfolg: Platz zehn bei den Europameisterschaften 2018 im Marathon inklusive der Bronzemedaille in der Nationenwertung
Peter Herzog ist ein klassischer Spätzünder, der nun seine wahre Liebe im Sport gefunden hat. Er blickt auf eine bunte sportliche Vergangenheit zurück. Biathlon und Skilanglauf waren in Jugendjahren die naheliegenden Sportarten für einen aktiven Saalfeldner. Dann konzentrierte sich Herzog jahrelang intensiv auf den Bike-Trial-Sport und sprang mit seinem Rad spektakulär über verschiedene Hindernisse in einem Parcours. Kraft, Ausdauer und Geschick waren gefragt. Trotz einer Bronzemedaille bei Junioren-Weltmeisterschaften erkannte der Pinzgauer, dass sein wahres Talent im Ausdauer-Bereich lag. Als Triathlet erklomm er im Radfahren und Laufen rasch die nationale Spitze. „Leider hatte ich nach dem Schwimmen immer acht bis zehn Minuten Rückstand. Das konnte ich selbst mit hartem Training nicht kompensieren und schlussendlich habe ich den Spaß am Triathlon verloren“, erzählt er.
In einer kurzen Phase des Sport-Frusts holte Herzog die Matura nach und fand auf regelmäßigen Laufrunden den idealen Ausgleich zu seinem alltäglichen Leben. Aus dem Ausgleich wurde eine leidenschaftliche Freizeitbeschäftigung, die er mit Wettkämpfen garnierte. Aus Freizeitniveau wurde Spitzensport und aus dem Hobby Beruf. Seit der EM ist Peter Herzog Profi und beendete seine Tätigkeit als Biathlon-Nachwuchstrainer am Skigymnasium in Saalfelden, ein Stützpunkt des Österreichischen Ski-Verbandes (ÖSV). Die Voraussetzungen, den Traum von den Olympischen Spielen 2020 zu verfolgen, haben sich damit wesentlich verbessert. „Die Qualifikation für die Olympischen Spiele wäre das Größte für mich. Dann hätte ich alles erreicht, was ich mir jemals im Sportlerleben gewünscht hätte“, sagt er. Im Wissen, dass „ich dafür eh das Optimum meines Leistungspotenzials abrufen muss.“
Fünf Fragen an Peter Herzog
Dein Aufstieg als klassischer Spätzünder im Laufsport ist wirklich beeindruckend. Wann hast du bemerkt, welches Potenzial als Marathonläufer in dir schlummert?
„Ich war immer schon fasziniert vom Mythos Marathon und davon, durch eine Großstadt zu laufen. Also habe ich erste Marathons bestritten, allerdings ohne gezielt darauf zu trainieren, sondern einfach aus meinem sportlichen Leben heraus. 2016 habe ich mir vor dem Vienna City Marathon erstmals konkrete Gedanken gemacht, wie ich mich auf einen Marathon vorbereite. Damals bin ich nach zweieinhalb Stunden ins Ziel gekommen und habe dann beschlossen, einen Marathon mit einer richtigen Vorbereitung zu laufen. Mit einem Trainingsplan aus dem Internet habe ich drei Monate lang auf den Frankfurt Marathon hingearbeitet. Das war der Beginn der Entwicklung zum leistungssportlichen Anspruch.“ Wenige Wochen nach deinem starken Auftritt bei der EM hast du den Verein gewechselt und trittst seither als Profi an? Was hat sich generell in deinem Alltag dadurch verändert und wo siehst du die wichtigsten Auswirkungen auf deine sportliche Leistungsfähigkeit?
„Momentan spüre ich keine Auswirkungen auf die sportliche Leistungsfähigkeit. Das hat vor allen Dingen damit zu tun, dass es in den letzten Monaten nicht rund gelaufen ist. Immer wieder sind Kleinigkeiten in die Quere gekommen, die die Entwicklung meiner Form nicht nach Wunsch zugelassen haben.
Ich kann jetzt natürlich entspannter trainieren als früher, verspüre weniger Stress und kann dem Sport mehr Zeit widmen. Außerdem, und das ist ein großer Vorteil, kann ich jetzt im Winter auf Trainingslager fahren. Das war als Nachwuchstrainer am Skigymnasium natürlich nicht möglich, wenn wir im Winter mit den Kids jedes Wochenende zu Wettkämpfen gefahren sind. Obwohl es nicht 100% läuft, sind meine Grundlagenwerte deutlich besser geworden. Daher bin ich überzeugt, dass sich dieses stressfreie Training sich über kurz oder lang positiv auf meine sportlichen Leistungen auswirken wird. Ich hoffe, dass sich das bereits beim Vienna City Marathon äußert. Von der Einstellung hat sich gegenüber früher nichts verändert. Ich denke weiterhin bodenständig.“ Im vergangenen Jahr bist du nach den wichtigen Rennen öfters erkrankt – nach der Halbmarathon-WM, nach dem VCM, nach 10km-Lauf in Berlin im September. Welche Schlüsse hast du daraus gezogen und inwiefern hast du diese Erfahrungen in deinen Trainingsalltag eingebaut?
„Der Umstieg zum Profi ist genau der Schlüssel dafür. Dass man zwei- bis dreimal im Jahr eine leichte Erkrankung einfängt, ich glaube das geht jedem Athlet so, wenn man sich auf dem schmalen Grat Leistungsgrenze bewegt. Letztes Jahr war mein Problem, dass der Winter sehr stressig war zwischen einem harten Training und beruflichen Aufgaben. Daher bin ich im Frühjahr an meine körperlichen Grenzen gestoßen. Nach Valencia bin ich schon das erste Mal eine Woche lang gelegen. Das war eine kleine Vorgeschichte, richtig ,zusammenkaut‘ hat’s mich erst nach dem Vienna City Marathon. Mein Körper war komplett am Limit und man kann sich vorstellen, wie viel Zeit vergeht, bis man den Infekt komplett aus dem Körper hat und wieder voll leistungsfähig ist. Diese Erfahrung war für mich der Punkt, zu sagen: Als Profi kann ich im Winter entspannter trainieren, kann der Regeneration mehr Zeit schenken und bin dann nicht nach dem ersten Wettkampf voll am Limit.“ Beim Vienna City Marathon 2018 hast du deine Abneigung gegenüber hohen Temperaturen beim Marathon klar zum Ausdruck gebracht, bei der EM hattest du die Bedingungen besser im Griff. Gehen wir davon aus, dass du die Olympia-Qualifikation schaffst – Sorgenfalten, wenn du an den Marathon im Tokioter Sommer denkst?
„Nein. Der Tag des Vienna City Marathon im letzten Jahr war der erste warme Tag im Jahr und dann gleich fast sommerlich. Damit war keine körperliche Anpassung an die Bedingungen gegeben, zusätzlich zum normalen Stresses, den ein Marathon verursacht. Da ist es normal, dass die Leistung leidet. Vor der EM habe ich natürlich viele Trainings bei hohen Temperaturen absolviert und kam angepasst nach Berlin. Außerdem hatte ich dort einige meiner besten Ideen und habe meinen Körper mit Faschen und Binden gekühlt, Eissprays an meine Flaschen geklebt. Das hat sehr geholfen. Da war mir auch Wurst, dass diese Verkleidungen ästhetisch kein Hingucker waren.“ Wie konntest du dein Training in diesem Salzburger Rekord-Winter durchziehen?
„Ich weiß gar nicht, wie viele Hunderte von Kilometern ich heuer auf dem Laufband abgespult habe. Natürlich kann man nicht gänzlich auf das Laufen im Freien verzichten und natürlich habe ich besonders heuer öfters gehadert, weil der schneereiche Winter mit dem rutschigen Untergrund hat es sehr schwierig gemacht. In den letzten Jahren habe ich mir immer eingeredet, dass mich diese schweren Trainingsbedingungen im Winter stark machen. Wenn ich bei Schnee und Eis einen guten Trainingslauf absolviere, dann ist das mehr Wert, als auf einer flachen Gerade in der Ebene. Dasselbe gilt für das Laufband. Ein Schimpfen auf die Bedingungen würde sich sicherlich negativ auf die Leistung auswirken.“
Die Veränderung hin zum Profisportler half Peter Herzog auch durch das winterliche Training, das vom schneereichen Winter in den Salzburger Alpen enorm beeinträchtigt wurde. Zahlreiche Einheiten auf dem Laufband und ein dreiwöchiges Trainingslager in Südspanien gemeinsam mit Christian Steinhammer boten willkommene Abwechslung. Allerdings trübte eine Lebensmittelvergiftung den Aufenthalt in Murcia sehr, Herzog verbrachte über eine Woche im Bett anstatt auf der Laufbahn. Lange rang er mit der Entscheidung, sein geplantes Antreten beim Barcelona Halbmarathon vergangenen Sonntag abzusagen. Nach einer guten Trainingswoche nach der Krankheit reiste er hin und musste nach einem zügigen Start erkennen, dass sein Körper für die hohe Belastung eines schnellen Halbmarathons noch nicht bereit war. „Ich wusste natürlich, dass ich nicht in bester Verfassung war. Trotzdem wollte ich meinen Körper testen und in Richtung Bestzeit anlaufen. Das hat sich sehr gut angefühlt, aber nach acht Kilometern habe ich gemerkt, dass im Brustbereich etwas nicht entspannt war und mir die Atmung schwer fiel“, erzählt er.
Es folgten zwei ungeplante Stopps aufgrund Atembeschwerden und ein Halbmarathon-Resultat von 1:06:04 Stunden, das er als „glatte Niederlage“ bezeichnet. Davor hatte er lange überlegt, ob er das Rennen wirklich beendet. „Aufgeben passt nicht zu mir. Ich will einen Wettkampf immer beenden, egal wie“, stellt er klar. „Aber ich habe natürlich zu überlegen begonnen. Was würden die Leute denken? ,Jetzt ist der Herzog Profi und läuft nix Gscheids mehr zusammen!’ Rückblickend bin ich froh über meine Entscheidung, weil eine Aufgabe würde mich persönlich noch mehr ärgern. Und: Die erste Hälfte lässt mich positiv nach vorne blicken!“ 29:57 Minuten lautete die beachtliche Durchgangszeit bei der Zwischenzeit von Kilometer zehn. Dass Herzog trotz der schwierigen Situation nicht das Handtuch warf, passt zum Kämpfertyp aus Saalfelden. Seine Devise: „Auch in deinem besten Rennen wird es Phasen geben, in denen es dir schlecht geht. Daher ist es wichtig für mich, eine ganz schwierige Phase wie in Barcelona zu überstehen. Letztendlich habe ich es durchgezogen und nicht den einfachsten Weg genommen. Das ist eine wichtige Erkenntnis für mich!“
Mit diesen Erkenntnissen – zusätzlich gab es noch einen ordentlichen 10km-Lauf in Valencia in einer Zeit von 29:34 Minuten mitten aus dem Jänner-Trainingslager heraus – blickt Peter Herzog optimistisch in die Zukunft. „Auch wenn es bisher nicht rund läuft, sind meine Grundlagenwerte deutlich besser. Daher bin ich überzeugt, dass sich das stressfreie Trainieren als Profi sich positiv auf meine sportlichen Leistungen auswirken wird – hoffentlich bereits beim Vienna City Marathon“, so der Vorjahres-Zehnte bei Österreichs größter Aktivsportveranstaltung. Die nächste Woche verbringt der Pinzgauer in der Nähe von Albufeira im Süden Portugals für ein weiteres Trainingslager. Sofern Wettkämpfe ins Trainingsprogramm bis zum Vienna City Marathon passen, will er den ein oder anderen mitnehmen. Der 10km-Lauf bei „Laufen hilft“ oder der Welser Halbmarathon als Testrennen im VCM-Marathon-Tempo schweben im Hinterkopf. Die Zielsetzung für den Wien Marathon ist klar: Bestleistung. Auf die Frage, wo er sein Potenzial im Marathon sieht, wollte er sich im RunAustria-Gespräch nicht aus der Reserve locken lassen. Zwischen den Zeilen ist hörbar, dass der Leistungszenit noch vor ihm liegt. „Wenn ich ein optimales Rennen erwische, optimal vorbereitet und am Tag X topfit bin, vielleicht in einer Gruppe laufen kann, bin ich ich überzeugt davon, dass ich noch einen Sprung nach vorne machen kann“, so Herzog. Darauf deutet auch die Halbmarathon-Zeit von Valencia 2018 von 1:03:22 Stunden hin, gelaufen in strömendem Regen mit störendem Wind. „Definitiv mein bestes Rennen! Ein Vorbote, dass einiges in mir drin steckt“, konstatiert er.
Peters Tipp für die RunAustria-Fans:
„Erfolg braucht Zeit. Zeit braucht Geduld. Im Training und im Marathon braucht es ebenfalls Geduld.“
Peters Ergebnisse im Marathon seit 2016
– 10. Platz: EM 2018 in Berlin – 2:15:29 Stunden
– 10. Platz: Vienna City Marathon 2018 – 2:16:57 Stunden
– 27. Platz: Berlin Marathon 2017 – 2:17:37 Stunden
– 16. Platz: Vienna City Marathon 2017 – 2:23:13 Stunden
– 18. Platz: Frankfurt Marathon 2016 – 2:21:11 Stunden
– 22. Platz: Vienna City Marathon 2016 – 2:30:40 Stunden
Peters Ergebnisse im Halbmarathon seit 2016
– 32. Platz: Barcelona Halbmarathon 2019 – 1:06:04 Stunden
– 53. Platz: WM 2018 in Valencia – 1:03:22 Stunden
– 9. Platz: Wörthersee Halbmarathon 2017 – 1:04:43 Stunden
– 3. Platz: Halbmarathon-ÖM 2017 in Graz – 1:06:26 Stunden
– 3. Platz: Halbmarathon-ÖM 2016 in Salzburg – 1:07:15 Stunden
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