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Rot-weiß-rote Marathon-Hoffnung: Stephan Listabarth
In Österreich formiert sich aufgrund einer nie da gewesenen Leistungsdichte im Marathonlauf der Männer ein starkes Marathon-Team. Der sensationelle Gewinn der Bronzemedaille in der Teamwertung bei den Europameisterschaften von Berlin hat Begehrlichkeiten geweckt und lässt den österreichischen Marathonlauf optimistisch in…
In Österreich formiert sich aufgrund einer nie da gewesenen Leistungsdichte im Marathonlauf der Männer ein starkes Marathon-Team. Der sensationelle Gewinn der Bronzemedaille in der Teamwertung bei den Europameisterschaften von Berlin hat Begehrlichkeiten geweckt und lässt den österreichischen Marathonlauf optimistisch in die Zukunft blicken. Die erfolgreiche Entwicklung soll zu Nachhaltigkeit führen, von der auch Österreichs Marathonläuferinnen und durch die Vorbildwirkung vor allem der Breitensport profitieren sollen.
RunAustria präsentiert Österreichs Marathon-Hoffnungen der nächsten Jahre in einer neuen Serie. Teil sieben: Stephan Listabarth
Jahrgang: 1993 Verein: DSG Wien Trainer: Karl Sander PB: Marathon: 2:18:23 Stunden PB: Halbmarathon: 1:07:32 Stunden Größter Erfolg: Staatsmeister im 10km-Straßenlauf 2014
Stephan Listabarth zählt bereits seit einigen Jahren zur erweiterten Spitze des österreichischen Laufsports. Zahlreiche Österreichische Meistertitel im Nachwuchsbereich und Medaillengewinne in der Allgemeinen Klasse zeugen davon, 2014 gelang die Goldmedaille im 10km-Straßenlauf. Ein früher Vorbote des Potenzials, das Listabarth und sein Coach Karl Sander, mit dem er seit Anbeginn seiner Laufkarriere zusammenarbeitet, im Straßenlauf sehen. Der Wechsel auf die längeren Distanzen war ein logischer Schritt. Dem Halbmarathon-Debüt beim Jedermannlauf in Salzburg folgte jenes in der Mainmetropole über die doppelte Distanz zwei Jahre später.
Der behutsame Aufbau seiner Laufkarriere ist im Medizinstudium begründet, das der Wiener in seiner Heimatstadt fleißig absolviert und nach Beendigung des klinisch-praktischen Jahrs im Juli 2019 abschließen wird. Eine Errungenschaft, die ihn sehr stolz macht. De facto studiert Listabarth seit Herbst 2018 nicht mehr, sondern er arbeitet im Krankenhaus und holt sich in der Praxis wertvolle berufliche Erfahrung. „35 Stunden sind es offiziell pro Woche, inoffiziell oftmals länger“, erzählt er. Diese berufliche Vollzeit-Auslastung hat natürlich Konsequenzen auf den Trainingsalltag. Ein schwieriger, organisatorischer Spagat ist notwendig, um alle Ziele unter einen Hut zu bekommen. Listabarth selbst beschreibt seine Situation nüchtern: „Ich bin zufrieden damit, weil ich mir nicht vorstellen kann, nur das eine oder nur das andere zu machen. Natürlich ist mir bewusst, dass ich letztlich Abstriche auf beiden Seiten machen muss und das fällt oft nicht leicht. Dass ich nicht auf Trainingslager fahren kann oder mich nicht so auf Wettkämpfe vorbereiten kann, wie ich wüsste, dass es aus sportlicher Sicht das Allerbeste wäre, ist einer klare Erkenntnis.“ Manchmal muss eine geplante Trainingssession Überstunden im Job weichen. „Insgesamt ist es so, dass der Sport mir mehr Energie bringt, als er kostet. Daher ist es häufig eine Win-Win-Situation für mich“, bilanziert er. Aktiv verzichten muss er abseits der großen Auslastung zwischen Arbeit und Sport auf nichts. „Der Sport gibt mir sehr, sehr viel und bildet ein feines soziales Umfeld für mich.“
Ein Highlight seines Medizinstudiums war das Auslandsjahr an der Temple University von Philadelphia, wo Listabarth auch in das berühmt-berüchtigte College-System eintauchte, das in der europäischen Leichtathletik regelmäßig polarisiert. Auch in Österreich, wenn man an die Entwicklung von Nikolaus Franzmair seit seinem Abstecher nach Oregon denkt. „Das System unterscheidet sich eklatant zu dem, wie wir in Europa gewöhnt sind, Sport zu treiben. Das ist ein vollkommen anderer Zugang, die Einstellung zum Sport ist gänzlich anders als in Österreich. Auch ich hatte Probleme damit, das von Anfang an zu 100% übernehmen. Ich verspürte überall eine große Verbissenheit“, schildert er seine Erfahrungen. Die gigantischen Philosophie-Unterschiede sind seiner Meinung nach der Grund, warum manche Athleten in Amerika scheitern, andere aber einen sehr erfolgreichen Weg einschlagen. „Die Universitäten verfügen über eine riesige Masse an Athleten aus der ganzen Welt. Das ist ein irres Ausgangsniveau für einen Österreicher.“ Listabarth empfand die Konkurrenzsituation als sehr motivierend, in Österreich fehlt ihm diese Herausforderung oft.
Eigentlich hätte Stephan Listabarth sein Marathon-Debüt bereits im April 2018 beim Vienna City Marathon absolvieren wollen. Probleme mit dem Sprunggelenk verhinderten das und die Geschichte wiederholt sich. „Es ist sehr schade, weil ich im November und Dezember sehr gut in Form gewesen bin“, trauert er dem zweiten missglückten Versuch eines Marathons in seiner Heimatstadt nach. Nach einer wochenlangen Phase von absoluter Ruhe und Entlastung für das schmerzende Sprunggelenk stehen in diesen Tagen die ersten Trainingsläufe auf dem Programm – ein sanfter Wiedereinstieg. Die nächsten großen Ziele sind der Start beim 10.000m-Europacup in London Anfang Juli und der zweite Karriere-Marathon im Herbst. Wo und wann ist noch offen, das hängt auch von der weiteren beruflichen Entwicklung ab.
Potenzial für deutliche Steigerungen in den nächsten Jahren sieht Listabarth insbesondere auf zwei Ebenen: Erstens ist er ein junger Marathonläufer. „Ich erwarte mir, dass mein Körper sich in der Zukunft besser an die Umfänge des Marathon-Trainings adaptieren wird.“ Zweitens, eine Leistungssteigerung auf den Unterdistanzen. „Wenn ich meine 10km-Zeit noch etwas steigern kann, erarbeite ich mir ein sehr gutes Grundschnelligkeitsniveau für den Marathon.“ Konkrete Zielsetzungen über den nationalen Horizont hinaus will er keine formulieren und sieht sich aufgrund des starken österreichischen Marathon-Teams (noch) nicht in der Position, Ansprüche zu melden. „Ich verspreche aber, dass ich hart an mir arbeiten werde, um in den nächsten Jahren alles aus meinem Körper herauszuholen.“
Stephans Trainingstipp für die RunAustria-Fans:
„Das langsame und niedrig intensive Laufen ist essentiell für das Marathon-Training. Ich empfehle, lieber auf die ein oder andere schnelle Einheit zu verzichten und stattdessen an einer qualitativen und stabilen Grundlage zu arbeiten. Man kann nicht oft genug betonen, dass diese Ausdauer die allerwichtigste Grundlage für einen erfolgreichen Marathonlauf ist – egal ob im Spitzen- oder Freizeitsportbereich.“
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