Enter your email address below and subscribe to our newsletter

,

Spieglein, Spieglein an der Wand…

Laufen fürs gute Aussehen ist vor allem bei Frauen voll im Trend. Warum die Vorstellung vom Traumkörper nicht nur motiviert, sondern auch hemmen kann.

Weiterlesen

Share your love

Laufen fürs gute Aussehen ist voll im Trend. Warum die Vorstellung vom Traumkörper nicht nur motiviert, sondern auch hemmen kann.

Er läuft. Sie läuft. In Österreich drehen beide Geschlechter ungefähr ähnlich viele Laufrunden. Wenn auch nicht immer gemeinsam. Und in der Art doch recht verschieden. Denn zugegebener Weise ticken Frauen und Männer auf der Laufstrecke oft ziemlich unterschiedlich. Er voller Power, gern mal am Limit, oder auch darüber hinaus. Sie eher gemächlich, dafür mit gleichmäßigem Tempo, meist im niedrigeren Pulsbereich. Beide Geschlechter haben gemeinsam, dass sie laufen, weil sie sich gut fühlen wollen und um Stress abzubauen. Männer laufen aber auch aus Spaß und für den Muskelaufbau. Frauen um paar Kilos abzunehmen und für die Schönheit. Um erst mal bei den gängigen Klischees zu bleiben.

Doch sind die Klischees vom aktiven, leistungsorientierten Mann und der schönen, schlanken Frau nicht so alt, dass sie schon abgedroschen sind? Hat der Mann mehr Spaß beim Sport, während die Frau sich sportlich bewegt, um einem gesellschaftlichen Schönheitsideal zu entsprechen? Sind Frauen kritischer mit sich selbst, während Männer wie selbstverständlich ihren Körper akzeptieren? Ganz ehrlich: Eitle Männer schwitzen doch auch gerne mal fürs Spiegelbild!

Generell ist es – bei Frauen wie bei Männern – nichts Verwerfliches Sport für einen schönen und schlanken Körper zu betreiben. Ganz im Gegenteil. Zumindest wenn mit der sportlichen Betätigung ein positives Selbst- und Körperbild einhergeht und infolgedessen eine Zufriedenheit mit sich selbst. Dies ist aber nicht immer der Fall, denn besonders Frauen neigen dazu überkritisch mit ihrem Äußeren zu sein.

So kritisch, dass sie sich und ihrem Wohlbefinden oft selbst im Weg stehen. Laut einer britischen Studie fühlt sich jede dritte Frau so unwohl in ihrem Körper, dass sie sich gar nicht mehr traut Sport zu machen. Ein Teufelskreis, da gerade ein aktiver Lebensstil dazu beitragen kann, auf gesunde Weise abzunehmen und sich selbstbewusster zu fühlen.

Doch woher kommt die vergleichsweise negative Einstellung der Frauen zu Bewegung und ihrem Körper? Sind die Gründe biologisch oder gesellschaftlich konstruiert? Fakt ist, dass Frauen Männern physiologisch unterlegen sind. Mutter Natur hat sie in punkto Kraft, Schnelligkeit und Ausdauer einfach besser ausgestattet. Frauen sind in der Regel kleiner und leichter und haben breitere Becken und weniger Muskelmasse, dafür den größeren Fettanteil. Zudem haben Frauen einen Menstruationszyklus mit Hormonschwankungen, während Männer durch das Powerhormon Testosteron gepusht werden. Das klingt alles nicht ganz fair. Denn dies wirkt sich alles andere als günstig auf die sportliche Leistungsfähigkeit der Frau aus. Sport muss dadurch für Frauen jedoch nicht weniger attraktiv sein. Schließlich gibt es keinen Grund sich mit den unfair bevorteilten Männern zu messen.

Gesellschaftlich bestehen noch viele veraltete Vorstellungen von mädchenhaft und jungenhaft. So werden kleine Mädchen immer noch dafür gelobt, dass sie schön und brav sind, während kleine Burschen durchaus stark und lebhaft sein dürfen. Tatsächlich ist es so, dass ein kleiner Unterschied in der Aktivität zwischen Mädchen und Jungen bereits in frühester Kindheit festgestellt wird, obwohl bis zur Pubertät noch kein signifikanter Differenz in der Leistungsfähigkeit von Mädchen und Jungen besteht. Dieser Unterschied wird Richtung Jugendalter noch deutlich ausgeprägter. Mädchen erfüllen nur insgesamt halb so oft wie Burschen das für Kinder und Jugendliche empfohlene Bewegungsausmaß.

Erschreckend ist das negative Körperbild, das bereits junge Mädchen von sich haben. 77% der österreichischen Schülerinnen empfinden sich laut einer Studie des Bundesministeriums für Gesundheit als zu dick, obwohl sie mit ihrem Body Mass Index als unter- oder normalgewichtig gelten. Ein Zeichen dafür, dass der Maßstab von einem unrealistischen Schönheitsideal gesetzt wird und es nicht in erster Linie um körperliche Gesundheit geht. Die Unzufriedenheit der Mädchen mit ihrem Körper beeinträchtigt das körperliche, psychische und soziale Wohlbefinden und kann ungesunde Verhaltensweisen wie Diäten oder Essstörungen nach sich ziehen.

Mädchensport zu fördern könnte hier einen wichtigen Beitrag zu einem gesunden Körperbewusstsein leisten. Es ist nachweislich belegt, dass regelmäßiges Sporttreiben sich positiv auf das Selbstbewusstsein von Mädchen auswirkt. So beruht das Selbstbild der sportlich aktiven Mädchen auf ihrer Selbstwahrnehmung, während die Nicht-Aktiven dem Blick von außen genügen wollen und öfter mit ihrem Körper unzufrieden sind.

Die Sportangebote für Mädchen bestehen ja längst und zur Genüge, mag man sich denken, aber in der Realität sind Mädchen in den Sportvereinen noch erschreckend stark unterrepräsentiert. Laut einer Studie des Sportministeriums ist jeder zweite Junge, aber nur jedes vierte Mädchen in einem Sportverein aktiv. Gründe hierfür sind, dass sich die Jugendarbeit vor allem auf die männliche Jugend konzentriert, die Eltern Sport bei Jungen intensiver fördern und Mädchen dem leistungsorientierten Wettkampfsport generell weniger abgewinnen können. Zudem fehlen nach wie vor Trainerinnen, weibliche sportliche Vorbilder, die wegen ihrer Leistung im Mittelpunkt stehen und das Vorhandensein einer sportlichen Mutter.

Trotzdem entdecken die Frauen im Laufe der Jahre die sportliche Aktivität wieder für sich. Obwohl die Anzahl der insgesamt Sporttreibenden abnimmt, verringert sich der Abstand zwischen Frauen und Männern im Erwachsenenalter. Ab 30 Jahren liegen die Frauen und Männer in ihrem Sporttreiben wieder fast gleichauf und ab 50 Jahren haben die Frauen dann endgültig die Nase vorne.

Dabei ist es vor allem der Laufsport, der es schafft Frauen für sich zu begeistern. Von den Vereinen oft vernachlässigt, brauchen Frauen beim Laufen weder aufwändiges Equipment oder organisatorische Strukturen. Auch das Fehlen von sportlichen Freundinnen ist kein Hindernis, denn die meisten Frauen laufen ohnehin alleine. Außerdem verspricht der Laufsport alles, was der Frau besonders wichtig ist: Als Ausdauersportart mit moderater Belastung ist Laufen äußerst gesund, perfekt dafür geeignet den Kopf frei zu bekommen und die Kilos dahinschmelzen zu lassen.

Sehr sportliche Frauen gehen bereits selbstbewusst und mit positivem Körpergefühl durchs Leben und wollen von irgendwelchen Klischees von Frauensport ohnehin nichts wissen. Für alle anderen, die noch an sich zweifeln, lohnt es sich über den Tellerrand zu blicken und auch einmal auf die vergleichsweise unbekümmerten männlichen Kollegen zu schielen. Das Augenmerk mehr auf die Leistungsfähigkeit als auf die Optik des Körpers zu legen. Weniger einem Schönheitsideal nachzueifern, sondern aus Spaß Laufrunden zu drehen. Vielleicht sollten wir Hobbyläuferinnen zwischendurch einen ehrgeizigen „Männersprint“ einlegen. Spüren, wie das Herz pumpt, die Atemabstände kürzer werden, die Muskeln arbeiten und uns darauf konzentrieren, was für einen großartigen Bewegungsapparat uns die Natur geschenkt hat. Dann würden wir feststellen wie viel Power wirklich in uns Frauen steckt. Und entdecken, dass das wahre Körpergefühl von innen heraus und nicht von außen kommt.

Autor: Doris Mair
Bilder: © Adobe Stock

Share your love