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Start-Ziel-Sieg für Favoritin Ketema

Die Äthiopierin Tigist Ketema ist ihrer Favoritenrolle beim Berlin Marathon 2024 gerecht geworden und erreichte das Ziel nach 2:16:42 Stunden.
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Sie war die deklarierte Favoritin, hat große Ambitionen mit zur 50. Austragung des BMW Berlin Marathon gebracht und hat geliefert, auch wenn eine neue persönliche Bestleistung außer Reichweite blieb. In dominanter Manier führte Tigist Ketema einen äthiopischen Vierfachsieg an. Auf den Top-Positionen konnten aber auch zwei Japanerinnen und eine Britin glänzen. Die bemerkenswerten Leistungen im Jubiläumsrennen des Berlin Marathon bei den Frauen.

Zweiter Marathon-Sieg für Tigist Ketema

Der BMW Berlin Marathon bliebt ein gutes Pflaster für ehemalige Mittelstreckenläuferinnen, die am Durchbruch in die Weltklasse gescheitert sind und nach dem Wechsel in den Marathon mit umso größerer Vehemenz und erstaunlicher Macht mitten in die Weltklasse geplatzt sind. Nach den beiden Triumphen ihrer Trainingspartnerin Tigst Assefa, die im Vorjahr den sensationellen Weltrekord von 2:11:53 Stunden gelaufen ist und dieses Mal sieben Wochen nach dem Olympischen Marathon als Zuschauerin in der deutschen Hauptstadt war, war Tigist Ketema der Star des diesjährigen Berlin Marathon.

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Neun Monate nach ihrem astronomischen Marathon-Debüt in Dubai (2:16:07 Stunden als Siegerin) und fünf Monate nach Platz sieben beim London Marathon ließ Tigist Ketema in Berlin keinen Zweifel aufkommen, wer die Siegerin des Rennens sein würde. Früh ging nur Azmera Gebru ihr Tempo mit, nach fünf Kilometern hatte das Duo bereits eine halbe Minute Vorsprung auf eine zehnköpfige Verfolgergruppe, in der auch die Deutsche Melat Kejeta lief. Bis kurz vor dem Halbmarathon hielt Gebru durch, dann fiel sie kontinuierlich zurück, wurde von der Verfolgergruppe geschluckt und nach gut 30 Kilometern war das Rennen für sie vorbei.

Tigist Ketemas Halbmarathon-Splits: 1:07:53 / 1:08:49 Stunden
Tigist Ketemas 5km-Teilzeiten: 16:06 / 16:08 / 16:02 / 16:07 / 16:18 / 16:18 / 16:14 / 16:11 / 7:18 (2,195 km) Minuten
© SCC Events / Sebastian Wells

Ganz anders Ketema: Sie hielt ihr Tempo gut durch, der Vorsprung auf die Verfolgerinnen überstieg kurz vor der Zwischenzeit bei Kilometer 35 erstmals die Zwei-Minuten-Marke. Nach 2:16:42 Stunden war der zweite Sieg im dritten Marathon amtlich. „Ich freue mich riesig über den Sieg und die Leistung“, sagte die Siegerin. Freuen konnten sich auch Mestawot Fikir und Bosena Mulatie auf den Rängen zwei und drei – und zwar über klare neue persönliche Bestleistungen von 2:18:48 bzw. 2:19:00 Stunden. Die 24-jährige Paris-Siegerin Fikir verbesserte ihre persönliche Bestleistung dabei um knapp zwei Minuten, die 22-jährige Mulatie, im Halbmarathon schon mit tollen Leistungen, gar um sagenhafte acht (!) Minuten.

Dagegen ist die Welt der Marathons nach wie vor nicht die Welt von Genzebe Dibaba. Die jüngere Schwester der Lauflegende Tirunesh und selbst ehemals 1.500m-Weltmeisterin und -Weltrekordhalterin verlor bereits vor dem Halbmarathon Anschluss an die Verfolgergruppe und stieg wenig später aus.

Berlin Marathon 2024

© SCC Events / Jean Marc Wiesner

Flottes Duo aus Japan

Es kommt nicht so häufig vor, dass japanische Topläuferinnen, abgesehen von globalen Meisterschaftshöhepunkte, außerhalb ihrer Heimat Marathon-Wettkämpfe bestreiten. Zu prestigeträchtig sind die Top-Rennen in Japan, an die der Verband seine Topstars mit diversen Qualifikationsmechanismen bindet, zu groß die innernationale Konkurrenz bei diesen Rennen, die ja bekanntlich das Geschäft belebt.

Der Herbst nach Olympischen Spielen ist oft so ein Zeitraum, in dem japanische Topläuferinnen zu den großen europäischen oder nordamerikanischen Marathons reisen. Ai Hosoda verpasste als Dritte der japanischen Ausscheidungen im Herbst 2023 die Olympia-Qualifikation, Mizuki Matsuda verzichtete gar auf diese und wollte sich über eine herausragende Zeit beim Osaka Marathon 2024 für das Olympia-Team qualifizieren. Es missglückte.

So hatte das Duo die Chance, den Berlin Marathon 2024 zu laufen – und beide nutzen die Gelegenheit, um sich für die Heim-WM in Tokio 2025 optimal in Position zu bringen. Das Limit dafür liegt bei 2:23:30 Stunden, das ist bei der unheimlichen Dichte im japanischen Marathonlauf aber eine irrelevante Zahl.

Ai Hosodas Halbmarathon-Splits: 1:10:13 / 1:10:18 Stunden
Ai Hosodas 5km-Teilzeiten: 16:45 / 16:33 / 16:38 / 16:38 / 16:41 / 16:40 / 16:37 / 16:37 / 7:22 (2,195 km) Minuten

Hosoda und Matsuda bildeten ein Tandem, die beiden überquerten die Zwischenzeit beim Halbmarathon in einer Zeit von 1:10:13 Stunden. Bis Kilometer 30 kämpften sich die beiden in die Top-Ten und überholten weitere Athletinnen, die dem hohen Tempo in der Verfolgergruppe Ketemas Tribut zollten. Erst auf den letzten Metern entschied sich die Frage, wer als schnellste Japanerin ins Ziel kommen sollte.

Hosoda hatte das bessere Ende für sich und belegte in 2:20:31 Stunden Platz fünf, Matsuda folgte elf Sekunden später. Die beiden liegen nun auf den Positionen sieben und acht der ewigen japanischen Bestenliste. Matsuda, 29 Jahre alt, hat 2023 bei einer Preisverleihung des japanischen Verbandes mit der Aussage für Aufsehen gesorgt, ihre Karriere bald beenden zu wollen, um sich der Familiengründung zu widmen. Worauf ihr der japanische Verbandspräsident direkt entgegnete, sie solle lieber bis 40 Spitzensport betreiben.

Matsuda hat ihre Bestleistung vom Osaka Marathon 2022, den sie gewonnen hat, um zehn Sekunden gesteigert, Hosoda lief um 71 Sekunden schneller als in London 2022.

Beinahe ein Weltrekord in Berlin

Im Gegensatz zu 2022 (Eliud Kipchoge) und 2023 (Tigst Assefa) reichte es beim 50. BMW Berlin Marathon zu keinem neuen Marathon-Weltrekord. An einem anderen Weltrekord ist die größte und wichtigste Marathon-Veranstaltung Deutschlands haarscharf vorbeigeschrammt: 54.028 Läufer*innen (davon 18.528 Frauen) überquerten am gestrigen Sonntag die Ziellinie des Berlin Marathon und damit nur knapp 150 weniger als beim Paris Marathon im April (beruhend auf Veranstalterangaben, Anm.), aber gut 200 mehr als beim London Marathon, ebenfalls im April. Damit haben die drei europäischen Größen den New York City Marathon und den Chicago Marathon als die zwei teilnahmestärksten Marathons der Welt abgelöst. Beide Events finden in den nächsten Wochen allerdings noch statt und können die Statistik neuerlich verändern.

Einige Medienberichte schrieben von 54.280 Finisher*innen beim Berlin Marathon und damit von einem neuen Weltrekord. RunUp.eu orientierte sich an der Ergebnisliste von Mika Timing mit Stand Montagnachmittag. Allemal erstaunlich ist die verhätnismäßig gerine „Ausfallsquote“: 58.212 Anmeldungen waren für den 50. Berlin Marathon eingegangen.

Paula Radcliffes „Verfolgerin“

Paula Radcliffe ist die ungefährdete Legende des britischen Marathonlaufs und dominiert die britischen Rekordlisten. Das bleibt auch nach dem Berlin Marathon 2024 so. Aber es gibt eine neue alleinige Zweitplatzierte in der ewigen britischen Bestenliste: Calli Hauger-Thackery. Die 31-Jährige erreichte das Ziel in einer Zeit von 2:21:24 Stunden auf Platz sieben der Gesamtwertung, beste Europäerin des Berlin Marathon 2024.

Thackery, die seit kurzem mit dem amerikanischen Läufer Nick Hauger verheiratet ist, war jahrelang eine Mittelstreckenläuferin, die auf nationalem Niveau limitiert war. Sie studierte an der University of New Mexico und übersiedelte 2019 nach Studien-Abschluss für drei Jahre nach Melbourne in Australien. 2022 gelang ihr ein kräftiger Leistungssprung im 3.000m- und 5.000m-Lauf, u.a. wurde sie EM-Sechste von München 2022.

Nun bekam ihre Karriere einen neuen Drive. Beim Kopenhagen Halbmarathon 2022 und beim Berliner Halbmarathon 2023 blieb sie deutlich unter 1:10 Stunden, bei den Straßenlauf-Weltmeisterschaften von Riga 2023 war sie als Siebte beste Europäerin im Halbmarathon und stellte in einer Zeit von 1:08:56 Stunden eine neue Bestleistung auf, die sie zu Jahresbeginn in Houston noch einmal toppte (1:08:20).

Calli Hauger-Thackerys Halbmarathon-Splits: 1:11:05 / 1:10:19 Stunden
Calli Hauger-Thackerys 5km-Teilzeiten: 16:49 / 16:50 / 16:50 / 16:51 / 16:58 / 16:59 / 16:21 / 16:33 / 7:13 (2,195 km) Minuten

Bei einem kleinen Marathon in der Nähe von New York gelang ihr vor einem Jahr in einer Zeit von 2:22:17 Stunden ein beeindruckendes Debüt. Bei den Europameisterschaften 2024 in Rom gewann sie die Bronzemedaille im Halbmarathon, den Olympischen Marathon von Paris konnte sie nicht beenden. In Berlin gelang der Tochter des WM-Dritten im Halbmarathon von 1993, Carl Thackery, nun der nächste Sprung in ihrer Entwicklung mit einem klaren Negativsplit – also einer schnelleren zweiten Marathon-Hälfte.

© SCC Events / Jean Marc Wiesner

Nicht ganz nach Wunsch verlief das Heimspiel für Melat Kejeta, die sich im Vorfeld mit Knieproblemen plagte. Die 31-Jährige verlor die Verfolgergruppe kurz vor der Halbmarathon-Zwischenzeit aus den Augen und ging nach 1:09:43 Stunden in die zweite Rennhälfte. Nun musste sie aber ihr Renntempo reduzieren und wandelte stets an den Top-Ten.

Nach gut 35 Kilometern musste die Deutsche Hauger-Thackery im Kampf um die beste europäische Platzierung ziehen lassen und finishte letzendlich in 2:23:40 Stunden auf Platz elf – knapp am Direktlimit für die WM 2025 vorbei. „Ich habe es versucht, aber das Rennen war zu schnell für mich. Meine Beine wurden schwer und ich habe Schmerzen im Knie verspürt“, so die Lokalmatadorin.

Exakt eine Minute hinter Kejeta erreichte die bereits 45 Jahre alte Lisa Weightman aus Australien mit der viertschnellsten Marathonzeit ihrer Karriere das Ziel – drei Sekunden früher als beim Osaka Marathon im Februar.

Website des BMW Berlin Marathon

Autor: Thomas Kofler
Bilder: © SIP / Johannes Langer, © SCC Events / Jean Marc Wiesner, © SCC Events / Sebastian Wells

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