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Topstars in Tokio nicht am Stockerl

Die sportliche Qualität beim ersten World Marathon Major des Jahres war dennoch berauschend: Benson Kipruto und Sutume Kebede verbesserten die Streckenrekorde.
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Eliud Kipchoge verlor am gestrigen Sonntagmorgen japanischer Zeit unter blauem Himmel und bei trotz herrlichem Sonnenschein kühlen Temperaturen nicht nur seine Generalprobe für die Olympischen Spiele (falls er nominiert wird), sondern auch seinen Streckenrekord. Benson Kipruto, bereits Sieger der Marathons in Toronto, Prag, Boston und Chicago, feierte wohl seinen bisher größten Triumph und toppte die bisherige Streckenrekordzeit um 24 Sekunden. Mit einer neuen persönlichen Bestleistung von 2:02:16 Stunden ist der Kenianer nun der fünftschnellste Läufer der Geschichte und hat nun 50% der World Marathon Majors gewonnen, auch eine Besonderheit. „Ich bin überglücklich. Ich war bereit, perfekt vorbereitet und in der Lage, schnell zu laufen“, so der Sieger. Eliud Kipchoge hält mit vier den Rekord an gewonnen World Marathon Major Events.

Benson Kiprutos Halbmarathon-Splits: 1:00:20 / 1:01:56 Stunden
Benson Kiprutos 5km-Teilzeiten: 14:16 / 14:14 / 14:22 / 14:22 / 14:25 / 14:35 / 14:48 / 14:46 / 6:28 (2,195 km) Minuten

Lange Zeit unter Weltrekord-Tempo

Nach einer risikoreichen ersten Hälfte, die mit einer Halbmarathon-Zwischenzeit von 1:00:20 Stunden endete, lief die dreiköpfige Spitzengruppe bis Kilometer 30 teils deutlich unter der Weltrekord-Referenzzeit von Kelvin Kiptum. Der Eindruck trog angesichts der irren Teilzeit zwischen Kilometer 30 und 40 damals in Chicago natürlich und es war auch wenig überraschend, dass Benson Kipruto, Timothy Kiplagat und Vincent Ngetich die Wahnsinnssplits aus der ersten Hälfte nicht bis zur Ziellinie weiterlaufen konnten. Die Müdigkeit war dem Trio bereits nach 30 Kilometer anzumerken, Kiplagat lag kurze Zeit mit einigen Metern Vorsprung alleine an der Spitze, es ging in hohem Tempo weiter. Auf dem 32. Kilometer schaffte Kipruto den Anschluss, während Ngetich, Zweiter beim letzten Berlin Marathon, zurückfiel. Auf dem 39. Kilometer fiel die Vorentscheidung, als Kipruto sich von Kiplagat lösen konnte. Die Endzeit von 2:02:16 Stunden bedeutete für den strahlenden Sieger eine Verbesserung von fast zwei Minuten.

Kipruto konnte mit seinen Emotionen an diesem Wochenende ohnehin kaum Schritt halten. Drei Tage vor dem gewaltigen sportlichen Triumph erfuhr er, bereits auf der Reise nach Japan, dass seine Tochter Kayler Chebet Ruto am Donnerstag in seiner Heimat das Licht der Welt erblickt hatte. „Das war eine Extraportion Motivation für meinen heutigen Marathon. Diesen Sieg widme ich ihr“, sagte Kipruto, Schützling des italienischen Trainers Claudio Berardelli, gegenüber der kenianischen Tageszeitung „Daily Nation“. Sein älterer Bruder, Dickson Chumba, hat den Tokio Marathon in den Jahren 2014 und 2018 gewonnen.

Kräftige Steigerung auch für Kiplagat

Auch der zweitplatzierte Timothy Kiplagat verbesserte seine persönliche Bestleistung deutlich und blieb in 2:02:55 Stunden unter 2:03 Stunden. Ngetich, der erst seinen zweiten Marathon lief, komplettierte in einer Endzeit von 2:04:18 Stunden den kenianischen Dreifachsieg. Bester Äthiopier war Hailemaryam Kiros als Vierter, bester Japaner Yusuke Nishiyama als Neunter. Dieser verfehlte trotz klarer Bestleistung die angestrebte Qualifikationszeit für Paris 2024 in 2:06:31 Stunden um 41 Sekunden, die entscheidende Zeit ging auf den letzten Kilometern verloren. Auch Israels Haimro Alame verpasste die israelische Qualifikationshürde von 2:05:52 Stunden um eine halbe Minute, außerdem verletzte er sich bei einem Sturz am Kopf. Japans Rekordhalter Kengo Suzuki hatte wie auch Yuma Hattori, der sich laut Japan Running News in Kenia auf den Tokio Marathon vorbereitete hatte, keine Chance. Weltmeister Victor Kiplangat musste sich mit Platz 15 zufrieden geben.

Kipchoge nur eine Hälfte lang Weltklasse

Obwohl er im Vorfeld nicht offiziell darüber gesprochen hatte, versuchte Eliud Kipchoge, der sich im 40. Lebensjahr befindet, doch noch einmal, sich den Weltrekord des vor einigen Wochen auf tragische Weise tödlich verunglückten Kelvin Kiptum zurückzuholen. Noch kurz vor der Zwischenzeit beim Halbmarathon war klar, dass der Versuch scheitern würde. Kipchoge, der 2022 in Tokio gewann und in der japanischen Hauptstadt bereits seinen 22. Marathon absolvierte, verlor den Anschluss an die Spitzengruppe. Was faktisch schlimmer war, denn während der Superstar die Geschwindigkeit abbauen musste, kamen seine drei Weggefährten in der Spitzengruppe mit der rasend schnellen ersten Hälfte besser zurecht und feierten einen kenianischen Dreifacherfolg: Für die Olympia-Selektion hätten sie nun ein stichhaltiges Argument, wobei der kenianische Verband (Athletics Kenya) Kipchoge wohl für die Spiele nominieren wird, sofern er gesund und fit sein sollte. Immerhin hat er auch noch den Sieg in Berlin innerhalb des Qualifikationszeitraums vorzuweisen. Benson Kipruto jedenfalls stellte gegenüber der kenianischen Presse bereits Ansprüche: „Ich denke, ich bin bereit für Paris! Ich würde mich sehr freuen, mein Land bei den Olympischen Spielen zu repräsentieren!“

Eliud Kipchoges Halbmarathon-Splits: 1:00:34 / 1:06:16 Stunden
Eliud Kipchoges 5km-Teilzeiten: 14:16 / 14:14 / 14:22 / 14:27 / 15:31 / 15:49 / 15:40 / 15:47 / 6:44 (2,195 km) Minuten

Kipchoge fiel von der Spitzengruppe kontinuierlich in eine größere Verfolgergruppe zurück, in der sich wohl einige die Augen rieben, nun das gleiche Tempo mit dem zweifachen Olympiasieger zu laufen. Der 398-Jährige fand seinen Rhythmus und lief das Rennen gleichmäßig zu Ende, ohne jemals wieder beschleunigen zu können. Nach dem Rennen, sein dritter Marathon ohne Sieg in den letzten Jahren nach London 2020 und Boston 2023, verließ den Zielbereich in Tokio fluchtartig und meldete sich erst später zu Wort. Er habe einen schlechten Tag erwischt, gratuliere allen anderen und kündigte an, die Schlüsse aus diesem Rennen zu ziehen. „Es ist, wie es ist. Nicht jeder Tag ist Weihnachten. Ich reise jetzt nach Kenia zurück, regeneriere und starte wieder ins Training“, zitierte Eurosport den Kenianer auf seiner Website. Bei der Pressekonferenz vor dem Rennen hatte sich Kipchoge noch überzeugt gezeigt, einen sehr guten Wettkampf abliefern zu werden.

Hassan erstmals im Marathon besiegt

Wie Eliud Kipchoge fiel auch die Favoritin im Frauenrennen, Sifan Hassan, frühzeitig aus einer vierköpfigen Spitzengruppe heraus. Die Holländerin, die ihre bisherigen beiden Marathons in London und Chicago für sein entscheiden konnte, verlor ziemlich genau nach zwei Drittel der Distanz den Kontakt nach vorne und lief das Rennen auf Platz vier in einer Zeit von 2:18:05 Stunden zu Ende. Im Vorfeld hatte Hassan bei der Pressekonferenz in Tokio noch von einer guten Vorbereitung gesprochen, mit dem Ziel den Streckenrekord zu verbessern. Aber wie bei ihren bisherigen beiden Marathons auch, stets davon, weiter über den Marathon lernen und Erfahrung sammeln zu wollen. Ob Hassan in Paris den Marathon laufen will oder lieber auf der Bahn, ist noch unsicher. Holländische Medien spekulieren über eine Kombination: 10.000m und Marathon.

Sifan Hassans Halbmarathon-Splits: 1:08:19 / 1:09:46 Stunden
Sifan Hassans 5km-Teilzeiten: 16:16 / 16:09 / 16:14 / 16:10 / 15:56 / 16:15 / 16:41 / 17:08 / 7:16 (2,195 km) Minuten

Karriere-Highlight für Kebede

In der Spitzengruppe, zu der sich neben den Tempomachern auch einige Teilnehmer des Männerrennens gesellten, befanden sich zu diesem Zeitpunkt noch die beiden Äthiopierinnen Sutume Kebede und Amane Beriso sowie die kenianische Vorjahressiegerin Rosemary Wanjiru. Weltmeisterin Beriso fiel als erste zurück, Kebede attackierte just in dem Moment, als Wanjiru sich bei Kilometer 40 eine Trinkflasche an der Verpflegungsstation holte. Die 29-Jährige, die im Jänner mit einem starken Halbmarathon in Houston in 1:04:37 Stunden bestach, war nicht mehr zu halten und krallte sich dank eines Negativ-Splits den Streckenrekord der ehemaligen Weltrekordhalterin Brigid Kosgei um sieben Sekunden. Mit einer Zeit von 2:15:55 Stunden, der schnellsten je auf japanischem Boden aufgestellten, verbesserte sie gleichzeitig ihren persönlichen Bestwert um über zwei Minuten. Kebede ist nun die viertschnellste äthiopische Marathonläuferin der Geschichte. „Alles hat sehr gut geklappt und das Resultat ist besser als erwartet“, jubelte die Siegerin. Sie hofft nun auf eine Olympia-Nominierung, sagte sie nach ihrem bisher größten Erfolg.

Sutume Kebedes Halbmarathon-Splits: 1:08:15 / 1:07:40 Stunden
Sutume Kebedes 5km-Teilzeiten: 16:16 / 16:08 / 16:14 / 16:17 15:58 / 16:00 / 15:59 / 16:03 / 7:10 (2,195 km) Minuten

Auch die zweitplatzierte Rosemary Wanjiru überquerte mit einer persönlichen Bestleistung um 14 Sekunden von 2:16:14 Stunden die Ziellinie in Tokio glücklich. Die Kenianerin hat jahrelang in Japan gelebt und trainiert und ist dort zur Weltklasse-Athletin gereift. Sie scheint nun in einer guten Ausgangsposition für ein Olympia-Startticket für Paris zu sein. Beriso folgte auf Platz drei in einer Zeit von 2:16:58 Stunden, exakt zwei Minuten über ihrer persönlichen Bestleistung.

Saina steigert sich auf unter 2:20 Stunden

Eine starke Leistung gelang der US-Amerikanerin Betsy Saina, die sich als Fünfte auf eine Zeit von 2:19:17 Stunden steigerte und damit die Nummer drei der ewigen US-Bestenliste hinter Emily Sisson und Keira D’Amato ist. Bei den Olympischen Spielen wird die 35-jährige, gebürtige Kenianerin dennoch nicht zu sehen sein, weil der US-Verband traditionell die Trials ausrichtet, wo Saina frühzeitig das Handtuch warf. Nachdem sie dort keine Chance mehr sah, konservierte sie ihre Energie und startete in Tokio den zweiten Versuch eine schnellen Frühjahrsmarathons mit Erfolg.

Jubeln konnte auch Khishigsaikhan Galbadrakh, die mit einem neuen mongolischen Marathonrekord von 2:26:32 Stunden das Olympia-Limit unterbot, womit nun klar ist, dass bei den Olympischen Spielen mehr als die vorgesehenen 80 Teilnehmerinnen starten werden. Die 33-Jährige wird vom mongolischen Marathonläufer Ser-Od Bat-Ochir, der in Japan lebt, trainiert. Beste Japanerin war erwartungsgemäß Hitmoni Niiya, die in einer Zeit von 2:21:50 Stunden den sechsten Platz erreichte.

Über 37.000 Läufer durften beim Tokio Marathon 2024 starten, ein Vielfaches hatte sich für einen Startplatz beworben. Der Veranstalter zählte 67.139 Besucher auf der EXPO zur Veranstaltung.

Ergebnisse Tokio Marathon 2024

Männer

  1. Benson Kipruto (KEN) 2:02:16 Stunden * / **
  2. Timothy Kiplagat (KEN) 2:02,55 Minuten **
  3. Vincent Ngetich (KEN) 2:04:18 Stunden
  4. Hailamaryam Kiros (ETH) 2:05:43 Stunden
  5. Tsegaye Getachew (ETH) 2:06:25 Stunden
  6. Bethwel Kibet (KEN) 2:06:26 Stunden
  7. Haimro Alame (ISR) 2:06:27 Stunden
  8. Simon Kariuki (KEN) 2:06:29 Stunden **
  9. Yusuke Nishiyama (JPN) 2:06:31 Stunden **
  10. Eliud Kipchoge (KEN) 2:06:50 Stunden
  11. Kenya Sonota (JPN) 2:06:54 Stunden
  12. Kyohei Hosoya (JPN) 2:06:55 Stunden
  13. Shungo Yokota (JPN) 2:07:25 Stunden **
  14. Shin Kimura (JPN) 2:07:34 Stunden
  15. Victor Kiplangat (UGA) 2:07:44 Stunden

Frauen

  1. Sutume Kebede (ETH) 2:15:55 Stunden * / **
  2. Rosemary Wanjiru (KEN) 2:16:14 Stunden **
  3. Amane Beriso (ETH) 2:16:58 Stunden
  4. Sifan Hassan (NED) 2:18:05 Stunden
  5. Betsy Saina (USA) 2:19:17 Stunden **
  6. Hitomi Niiya (JPN) 2:21:50 Stunden
  7. Meseret Abebayahau (ETH) 2:23:08 Stunden
  8. Khishigsaikhan Galbadrakh (MON) 2:26:32 Stunden ***
  9. Tigist Abayechew (ETH) 2:28:53 Stunden
  10. Ayumi Morita (JPN) 2:31:38 Stunden **

* neuer Streckenrekord
** neue persönliche Bestleistung
*** neuer mongolischer Marathonrekord

Tokio Marathon

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