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Track Night Vienna zündete olympisches Lauf-Feuerwerk

Das Leichtathletik Zentrum Wien verwandelte sich zum Schauplatz der Track Night Vienna. Es ging ein Leichtathletik-Event über die Bühne, das so gar nicht an andere Events seiner Art erinnerte.
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Der Festivalcharakter stand im Mittelpunkt. Oder waren es die Läufe? Beides hat sich bei der Track Night Vienna gut verbunden.

Dynamik, Spannung, Sport hautnah ließen sich fantastisch erleben. Die Reduktion auf wenige Bewerbe – 800m, 3.000m Hindernis, 5.000m – schärfte den Fokus. Es fand immer nur ein Bewerb gleichzeitig statt, und das 23 Mal in Folge. Die sportliche Qualität war top. Neunmal wurde von internationalen Assen ein Olympia-Limit unterboten. Die schnellsten je in Österreich gelaufenen 5.000m-Zeiten wurden bejubelt. Viele Läufer*innen aus Österreich nutzten das Event für persönliche Bestzeiten, auch wenn die Einbindung der 5.000-m-Staatsmeisterschaften einige Fragen aufwarf.

Das Setting: Eine Brücke über die Laufbahn führte ins Innenfeld. Alle Fans und Besucher*innen konnten sich dort aufhalten. Auf der Zielgerade war ein „Tunnel“ über der Laufbahn errichtet – ein Zelt, im dem die Stimmung so richtig hochkochte und wo alle Läufer*innen vorwärts gepuscht wurden. Event-Gastronomie, überdachte Flächen mit Sitz- und Chillmöglichkeiten, eine Hüpfburg, Showacts, Verkauf von Sportschuhen, eine Vidiwall mit Live-Übertragung, die Wave-Lights entlang der gesamten Laufbahn zur Anzeige von Limit- und Rekordzeiten: All das trug zum Stimmungsfeuerwerk bei, das an diesem Nachmittag und Abend gezündet wurde – Donauinselfest hin, UEFA Euro 2024 her.

Das Publikumsinteresse war ein Stadionleichtathletik-Event in Österreich mehr als beachtlich. Dazu haben auch viele aus der ambitionierten Hobbylaufszene beigetragen, die bei einem der 5.000m-Läufe mit Zielzeiten von 21 Minuten und schneller teilgenommen haben.

Ein Manko in der Szenerie: Die Aufbauten im Innenfeld machten es nicht möglich, die Entwicklung der Läufe als Zuschauer zu verfolgen, weil der Blick von Zelten verstellt war. Gäbe es in Wien ein mittelgroßes Leichtathletikstadion mit erhöhten Tribünen, wäre das auch unter diesem Gesichtspunkt ein Gewinn.

Die Track Night Vienna am 22. Juni hat zum wiederholten Mal begeistert. Als Teil der „On Track Nights“ war Wien 2024 die zweite Station nach London, bevor in Paris, Tokio und Melbourne weitere Events dieser Serie über die Bühne gehen. Das Schweizer Sportartikel-Unternehmen On steckte beträchtlichen organisatorischen und finanziellen Aufwand in das Event. Unter Leitung von Christoph Sander entstand mit dem Helfer*innenteam der DSG Wien ein stimmungsvoller Abend.

Track Night Vienna 2024

Sportliche Glanzpunkte

Nie zuvor wurde in Österreich von Männern wie Frauen schneller auf 5.000m gelaufen als an diesem Abend. Oscar Chelimo aus Uganda durchbrach sogar die 13-Minuten-Marke. Der WM-Dritte von Eugene 2022 bestätigte seine starke Form und siegte in 12:59,19 Minuten, gefolgt vom Äthiopier Telahun Haile Bekele in 13:00,95 and Aron Kifle aus Eritrea, der exakt die direkte Olympia-Norm von 13:05,00 erreichte.

© asp:ɛkt by On

Perfekte Bedingungen für 5.000m „Finale“

Im Frauenrennen blieben gleich zehn Läuferinnen unter 15 Minuten. Auch hier knackten die Top-3 das direkte Olympia-Limit von 14:52. Likina Amebaw aus Äthiopien entschied das Rennen in 14:40,16 Minuten in einem Sprintfinish für sich. Die Kenianerin Margaret Chelimo Kipkemboi holte in 14:40,38 den zweiten Rang vor Francine Niyomukunzi aus Burundi in 14:44,97 Minuten. Für die Äthiopierin ist die Konkurrenzsituation in ihrer Heimat extrem, sie hat keine Chance auf eine Olympia-Nominierung. Kipkemboi darf als Dritte bei den Kenya Trials darauf hoffen, dass ihr Verband sie nominiert – nur die beiden Erstplatzierten bei den Trials haben ihr Olympia-Ticket in der Tasche. Die bei der Track Night Vienna drittplatzierte Läuferin hat die besten Voraussetzungen, in Paris ihr Heimatland zu vertreten.

Die beiden schnellsten 5.000m Rennen waren kurz vor 22 Uhr die letzten Bewerbe des Abends. Es gab perfekte Bedingungen, Windstille, Temperaturen knapp über 20°C, ein begeistertes Publikum und Lichter fast wie in einem Nachtclub. Dieses Finale enttäuschte nicht.

Was nicht zur sportlichen Qualität des Events passte: Die Resultate vieler Läufe waren erst einen Tag nach dem Meeting online verfügbar. Die vollständigen Meisterschaftsergebnisse gab es auch am zweiten Tag noch nicht.

© ÖLV / @ wolf.amri

800m Spitzenleistungen

Herausragende Rennen fanden davor auch schon bei Tageslicht statt. Über 800m steigerte der 19-jährige Australier Peyton Craig in 1:44,12 Minuten seine Bestleistung von 1:45,41 entscheidend. Er stellte einen U20-Rekord für Australien und Ozeanien auf und – noch wichtiger – knackte das Olympia-Limit für Paris. Sein Jubelsager „the coolest day of my life“ braucht keine Übersetzung. In seinem Land schaffte er es damit auf Rang zwei des Olympia-Rankings. Drei dürfen starten, es schaut gut für ihn aus.

Ebenso unterbot Corentin Le Clezio aus Frankreich knapp dahinter in 1:44,25 Minuten das Limit – bisher hatte er 1:45,00 stehen. Aktuell ist er der dritte von vier Franzosen mit direktem Limit über 800 Meter.

Das grüne Schild mit Aufschrift „Olympic Standard“ hielt auch die Australierin Bendere Oboya jubelnd in die Luft. In persönlicher Bestzeit von 1:58,56 Minuten für 800 Meter blieb sie unter der geforderten Marke von 1:59,30. Im Moment hat Australien jedoch drei schnellere Läuferinnen auf der „Road to Paris“.

Die Staatsmeisterschaften

Die Einbindung der ÖLV-Staatsmeisterschaften im 5.000m Lauf verankerte das Meeting stärker als bisher in der österreichweiten Lauf-Community. Mit 23 Frauen und 19 Männern gab es ein erfreuliches Meldeergebnis. Das Aufsplitten der Meisterschaften auf mehrere Läufe war jedoch fragwürdig. Kann man machen, muss man aber nicht. Die Bedingungen bei den unterschiedlichen Meisterschaftsrennen waren – sprichwörtlich gemeint – wie Tag und Nacht. Die einen liefen in der direkten Nachmittagssonne, die anderen in der lauen Abendluft. Von der fehlenden unmittelbaren Konkurrenz der Läufer ganz zu schweigen. Die Wertung wurde dadurch nicht auf den Kopf gestellt, aber ein Beigeschmack bleibt.

© ÖLV / @ wolf.amri

Sebastian Frey zu 90 Prozent versöhnt

Sebastian Frey (DSG Wien) in 13:29,04 Minuten und Sandra Schauer (Union St. Pölten) in 16:34,50 Minuten holten die Staatsmeistertitel.

Frey hatte sich viel vorgenommen. Einen Angriff auf den österreichischen Rekord und eine „Revanche“ für den missglückten Auftritt bei der Track Night des Vorjahres. Teil zwei ist ihm klar gelungen. „Ich bin nach diesem Rennen zu 90 Prozent versöhnt mit der Track Night. Wenn man durchs Zelt läuft, wird man so richtig durchgetragen. Es ist eine Wahnsinnsstimmung“, kommentierte er. Teil eins, der ÖLV-Rekord von 13:13,44 Minuten von Günther Weidlinger aus dem Jahr 2005, bleibt ein Projekt für kommende Rennen. „Ich habe es probieren müssen. Wer nicht wagt, gewinnt nichts. Ich habe gewusst, dass ich 13:10 laufen kann. Meine Form ist stabil. Ich hatte heuer schon sehr gute Rennen. Der Rekord passiert irgendwann, das ist eine Frage der Zeit“, sagte er.

Frey hatte das Rennen engagiert begonnen. Bei der 3.000 Meter Durchgangszeit von ca. 7:57 Minuten war der Rekord noch in Reichweite. Am Ende musste er aber zurückstecken. Seine Bestzeit, zugleich ÖLV U23-Rekord, bleibt vorerst bei 13:20,65 Minuten vom 15. Juni in Heusden-Zolder. Ein Monat davor, am 19. Mai in Rehlingen, war ebenfalls eine Bestleistung von 13:24,58 Minuten gelaufen. Das direkte EM-Limit für Rom von 13:20,00 hat er damit nur knapp verpasst. Nach einer mäßigen Saison im Vorjahr hat er sich jedoch heuer deutlich und kontinuierlich gesteigert.

Vojta hält Kamenschak auf Distanz

Auf Rang zwei der Meisterschaften zeigte Andreas Vojta (team2012.at), dass er auch als Marathon- und Halbmarathonläufer immer noch beachtliche Bahnrennen zustande bringt. 13:41,44 Minuten brauchte er für die Silbermedaille. „Die letzten 200 Meter gehen immer“, lachte er nach einem guten Finish. „Ich habe etwas gebraucht, um mein Tempo zu finden, ich bin zufrieden.“ Kevin Kamenschak (ATSV Linz) lag zunächst vor Vojta, der Silber- und Bronzemedaillengewinner über 1.500m und 5.000m bei der U20-EM in Jerusalem 2023 kam am Ende in 14:00,63 auf Rang drei.

Timo Hinterndorfer (DSG Wien) zeigte zwei Wochen nach seinem überzeugenden Auftritt als bester Österreicher im Halbmarathon der Leichtathletik-EM von Rom in persönlicher Bestzeit von 14:07,91 Minuten ein sehr gutes Rennen – er war zuvor im B-Rennen am Start und kam auf Rang vier der Staatsmeisterschaften.

„Das Resultat passt, es soll aber schneller gehen. Es hat für mich jemand gefehlt, der richtig gezogen hat“, kommentierte er. Mit kurzem Abstand zur EM und dem Halbmarathon-Frühling war seine Leistung sehr okay. „Ich will in diesem Sommer mehrere Rennen über 1.500 und 5.000m machen, damit ich auch auf diesen Distanzen verbessere“, blickt Hinterndorfer voraus.

Beachtlich auch Valentin Pfeil (LAC BMD Amateure Steyr). Der als Tierarzt voll berufstätige Oberösterreicher zeigte in 14:36,50 Minuten einen starken Lauf. Viele der österreichischen Teilnehmer erzielten persönliche Bestzeiten – die positive Stimmung und das Rundherum trugen sicher dazu bei.

© ÖLV / @ wolf.amri

Bestleistungen & Comeback

Bestleistungen produzierten auch die zwei schnellsten Frauen bei den Staatsmeisterschaften. Sandra Schauer setzte sich auf den letzten 200 Metern durch und siegte in 16:34,50 Minuten vor Cordula Lassacher (ATUS Knittelfeld), die in 16:37,69 Silber holte. „Natürlich war es lange ein taktisches Rennen, ich habe mir einmal angeschaut, wie es sich so entwickelt. Es war sehr heiß, dafür ist die Zeit überraschend schnell gewesen. 5.000m ist für mich ja eine sehr lange Distanz, am liebsten laufe ich ja die 1.500m“, kommentierte Sandra Schauer. Nada Pauer (SVS Leichtathletik) holte in 16:40,74 den dritten Platz. Nach langen Verletzungspausen in Folge eines Fahrradsturzes war sie nicht wirklich bestens vorbereitet – umso wichtiger und motivierender war der Start für sie.

Lena Millonig schließt Frieden

Die Rennen über 3.000m Hindernis brachten mit Faid El Mostafa aus Marokko in 8:19,36 Minuten und dessen Landsfrau Ikram Ouaaziz in 9:32,83 Minuten hochklassige Siege. Der Fokus vieler Fans lag auf Österreichs Rekordhalterin Lena Millonig (ULC Riverside Mödling). Vor einem Jahr hatte sie sich genau bei diesem Meeting bei einem Sturz schwer am Sprunggelenk verletzt. Eine lange Pause war nötig. Im Winter testete und steigerte sie mit Starts bei der VCM Winterlaufserie ihre Form. Eine persönliche Bestzeit von 15:58 Minuten beim Vienna 5K (5 km Straßenlauf am Vienna City Marathon Wochenende) und vor allem ein neuer ÖLV-Rekord von 9:46,17 Minuten über 3.000m Hindernis am 11. Mai in Karlsruhe waren die Früchte ihrer Arbeit.

Bei der EM in Rom und bei den Balkan-Meisterschaften waren die Resultate weniger erfreulich. Bei der Track Night packte sie all ihr Können nochmals zusammen. Sie kam auf den achten Platz in 9:53,38 Minuten, der drittschnellsten Zeit ihrer Laufbahn.

© ÖLV / @ wolf.amri

„Ich habe mit diesem Meeting Frieden geschlossen“, sagte sie mit Blick auf den Sturz im Vorjahr. „Das Ergebnis ist okay, ein bisschen ist schon die Luft draußen bei mir. Aber es war gut, dass ich hier gestartet bin und dieses Resultat habe. Ich musste sehr viele Wettkämpfe in dieser Saison machen. Mir blieb nichts anderes übrig, weil ich aus dem Vorjahr für die Weltrangliste überhaupt keine Punkte hatte. Wenn ich auf den Weg des letzten Jahres zurückschaue, darf ich jedenfalls nicht unzufrieden sein.“

Erfreuliches tat sich auch dahinter: Katharina Götschl (USKO Melk) jubelte in 10:11,13 Minuten über einen neuen ÖLV U23-Rekord.

On Track Night

Die Track Night Vienna ist eines der wichtigsten Leichtathletik-Meetings in Österreich und Teil einer globalen Meetingserie. Die On Track Nights machten Station in London und Wien, es folgen die Meetings in Paris (6. Juli), Tokio (27. Juli) und Melbourne (Anfang Dezember).

Autor: Andreas Maier
Titelbild: © asp:ɛkt by On

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