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Hätten die äthiopischen Verantwortlichen ein ideales 1.500m-Finale für ihre Athletinnen auf dem Reißbrett entworfen, es hätte so ziemlich genau so ausgeschaut wie in Realität. Gudaf Tsegay stürmte im Alleingang zu Hallen-WM-Gold und ihre beiden Landsfrauen Axumawit Embaye und Hirut Meshesha sicherten sich das restliche Edelmetall.
Als Gudaf Tsegay ihre One-Woman-Show nach 3:57,19 Minuten und exakt 1.500 Metern beendet hatte, spendete das zahlreich erschienene Publikum in der Stark Arena in Belgrad zurecht Applaus. Die 24-Jährige, die die ganze Wintersaison in einer eigenen Liga gelaufen ist, ist Hallen-Weltmeisterin. Da spielte es auch keine Rolle, dass diejenigen, die bei den Olympischen Spielen auf dem Stockerl standen (Faith Kipyegon, Laura Muir, Sifan Hassan) allesamt die Hallensaison ausließen – über Abwesende gebührt es nicht zu sprechen, erst recht nicht an so einem historischen Abend.
Gudaf Tsegay, die seit 13 Monaten den Hallen-Weltrekord in 3:53,09 Minuten hält, ist in Belgrad die fünftschnellste Zeit der Geschichte für Indoor-Rennen gelaufen. Auch dank der mit Abstand schnellsten Schlussrunde im gesamten Feld von 29,98 Sekunden. Ohne einen Zentimeter Unterstützung von einer Tempomacherin. Es war ihr drittschnellstes Rennen, sie hält nun vier der Top-Sechs Zeiten. Den Meisterschaftsrekord von Gelete Burka aus dem Jahr 2008, damals fast Weltrekord, verblies sie um zweieinhalb Sekunden. Es war ein eindrucksvoller Auftritt zu ihrem bisher größten Erfolg bei Meisterschaftsrennen. 2016 war sie in Portland hinter Sifan Hassan und ihrer Landsfrau Dawit Seyaum Dritte geworden genauso wie bei den Weltmeisterschaften 2019 in Doha. Und bei den Olympischen Spielen von Tokio, da allerdings über 5.000m. Tsegay ist die fünfte äthiopische Hallen-Weltmeisterin über die „metrische Meile“ nach Kutre Dulecha 2004, Gelete Burka 2008, die im Vorjahr beim Vienna City Marathon war, Kalkidan Gezehegne 2010 (heute eine der schnellsten Läuferinnen auf der Straße, die mittlerweile für den Bahrain startet, Anm.) und Genzebe Dibaba (2012 und 2018).
Äthiopiens Wunschtag erfüllten Axumawit Embaye, die wie vor acht Jahren Silber gewann, und HirutMeshesha, die im Alter von 21 Jahren nach Gold bei den Afrikaspielen 2019 und der Jugend-WM-Medaille von 2017 ihr erstes Edelmetall auf globaler Bühne bei den Erwachsenen gewann. Die beiden absolvierten das Rennen gemeinsam, aber schlugen ein derartig hohes Tempo an, dass Josette Norris aus den USA nach 800m den Anschluss nicht mehr halten konnte. Danach wechselten sich die beiden etwas ab, um das Tempo hochzuhalten, im Finale war Embaye einfach besser als Meshesha.
Einen „Sweep“ gab es in dieser Disziplin bei Hallen-Weltmeisterschaften noch nie, weil drei Teilnehmerinnen aus einem Land erst seit der Wildcard durch die relativ neue Gesamtwertung der World Athletics Indoor Tour möglich ist. Selbst Doppelsiege waren Ausnahmen: 1999 in Maebashi durch die Rumäninnen Gabriela Szabo und Violeta Szekely, 2006 in Moskau durch die Russinnen Yuliya Chizhenko und Yelena Soboleva.
Äthiopien an der Spitze des Medaillenspiegels
Der Konkurrenz im zwölfköpfigen Finalfeld, das durchaus bunt daher kam, weil drei Nationen erstmals überhaupt in einem Hallen-WM-Finale über 1.500m standen – nämlich Finnland, Uganda und Mexiko, die beiden letztgenannten Nationen besetzten diesen Bewerb überhaupt erstmals, blieb die Rolle der Anerkennenden. Norris hatte nicht die Kraft, das äthiopische Trio zu sprengen wie es gestern ihrer Landsfrau Elinor Purrier St. Pierre, die sie bei den US-Meisterschaften im Kampf um das Hallen-WM-Ticket noch geschlagen hatte, im 3.000m-Lauf gelungen war (siehe RunAustria-Bericht). Sie wurde am Ende hinter Winnie Nanyondo Vierte, die auch bei den Weltmeisterschaften von Doha die bittere Erfahrung eines vierten Platzes erleiden musste, damals über 800m. Ein starkes Finale zeigte die sechstplatzierte Linden Hall, die damit die beste australische Platzierung in diesem Event von Melissa Duncan aus dem Jahr 2016 egalisierte.
Der Wettkampf hatte nach einer ungewöhnlich und im Gefühl der Läuferinnen wohl unheimlich langen Wartezeit zwischen offizieller Vorstellung an der Startlinie und dem Startschuss begonnen. Weil Tsegay sich nur auf ihr Tempo fokussierte, riss das Feld früh zwei Löcher. Eines zwischen der späteren Siegerin und einer vierköpfigen Verfolgergruppe, das zweite zwischen jener und dem Rest. Geschuldet war dies der äthiopischen Taktik, die voll aufging. Womit das ostafrikanische Land an die Spitze des Medaillenspiegels strömte. Bis zum Abend des zweiten von drei Wettkampftagen hat keine andere Nation mehr als eine Goldmedaille gewonnen. Auch nicht die USA, die mit 15 als einzige Nation mehr Medaillen aufweisen als Äthiopien. Alles eine Momentaufnahme vor dem finalen Wettkampftag, unter anderem mit drei Laufentscheidungen, in denen auch die Äthiopier nachlegen werden.
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