Newsletter Subscribe
Enter your email address below and subscribe to our newsletter
Mit der ersten Goldmedaille bei Junioren-Weltmeisterschaften in einer Laufdisziplin für einen Europäer seit mehr als drei Jahrzehnten ist Andreas Fjeld Halvorsen in Lima ein historischer Coup gelungen. Abseits vom Triumph des Norwegers drückten Äthiopiens Lauftalente, die teilweise zu den Olympia-Finalistinnen von Paris 2024 gehörten, den Laufdisziplinen den Stempel auf.
Der Junioren-WM-Titel von Andreas Fjeld Halvorsen im 3.000m-Lauf der Burschen ist ein historischer: Erstmals seit 38 Jahren ging das Junioren-WM-Gold auf einer der Laufdistanzen mit Ausnahme des 800m-Laufs wieder an einen Athleten, der nicht auf dem afrikanischen Kontinenten geboren ist. Der Norweger setzte in einer Zeit von 8:20,56 Minuten vor dem Kenianer Denis Kipkoech und dem Briten Edward Bird durch. „Ich bin in der Form meines Lebens und bin jedem extrem dankbar, der seinen Anteil an diesem Triumph geleistet hat“, jubelte der Skandinavier, der das Rennen mit einem langen Sprint über gut 200 Metern von vorne für sich entschied.
Der Erfolg Fjeld Halvorsens ereignete sich nur wenige Tage, nachdem sein berühmter Landsmann Jakob Ingebrigtsen genau auf dieser Distanz einen neuen Weltrekord erzielt hat. Ingebrigtsen, zweifacher Olympiasieger und Weltmeister, hat in seiner Karriere nie Junioren-WM-Gold gewonnen. Der beste U20-Läufer Europas der Gegenwart, Niels Laros, war nicht nach Peru gereist. Er widmet sich längst höheren Zielen und war Finalist im 1.500m-Lauf bei den Olympischen Spielen von Paris 2024. Bei den U18-Europameisterschaften 2022 musste Fjeld Halvorsen dem Holländer noch sowohl über 1.500m als auch über 3.000m den Vortritt lassen.
Nur vier Medaillen gingen in den Laufdistanzen nach Europa. Die einzige bei den Mädchen gewann die Deutsche Jolanda Kallabis im 1.500m-Lauf der Mädchen als Dritte hinter der äthiopischen Favoritin Saron Berhe und Rachel Forsyth aus Kanada. Aufgrund von diversen Erkrankungspausen im Laufe der Saison nahm sie ihren Erfolg mit ungläubigem Gesichtsausdruck zur Kenntnis. „Ich hätte mich auf jeden Rennverlauf eingestellt, aber das war meine Wunschvorstellung. Ich bin sehr erschöpft, aber überglücklich“, wurde Kallabis auf der Website des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) zitiert.
Es war die erste deutsche Medaille in dieser Disziplin überhaupt und die erste im Laufsektor seit Konstanze Klosterhalfen 2016 (3.000m). Shirin Kerber aus der Schweiz belegte den unglücklichen vierten Platz. Mit der „Blechernen“ musste auch Kallabis’ Landsfrau Marie Celie Warneke im 800m-Lauf Vorlieb nehmen.
Cameron Myers, Australiens frisches Mittelstreckentalent, war ebenfalls ein Anwärter, der von Fjeld Halvorsen überwundenen Durststrecke ein Ende zu setzen. Der 18-Jährige, der in den letzten Jahren sämtliche Kontinentalrekorde in den Nachwuchsklassen pulverisiert hat, wurde nur deswegen nicht für die Olympischen Spiele nominiert, weil Australien noch drei schnellere 1.500m-Läufer stellen konnte.
Der Erfolgswunsch in Lima erfüllte sich nicht: In einem wahren Herzschlagfinale musste sich Myers in einer Zeit von 3:40,60 Minuten knapp den um ein Jahr älteren Äthiopier Abdisa Fayisa (3:40,51) geschlagen geben. Myers sprach in australischen Medien von einem „bitter-süßen Ergebnis“, da er ab der zweiten Runde bis wenige Schritte vor der Ziellinie noch geführt hatte. Fayisa hatte vier Tage zuvor die Silbermedaille im 5.000m-Lauf hinter dem Kenianer Andrew Alamisi gewonnen. 1.500m-Bronze ging an den Spanier Alex Pintado, Fjeld Halvorsen war im Finale als 13. chancenlos.
Der Australische Leichtathletik-Verband (Athletics Australia) feierte die erfolgreichste Ausbeute in der Geschichte von Junioren-Weltmeisterschaften. Neben Myers steuerten zwei 800m-Spezialist*innen Edelmetall bei. Claudia Hollingsworth wurde Zweite im Finale der Mädchen hinter der Kenianerin Sarah Moraa, jüngere Schwester von Olympia-Bronzemedaillengewinnerin Mary Moraa. Peyton Craig belegte bei den Burschen Rang zwei hinter General Berhanu Ayansa aus Äthiopien und noch vor Ko Ochiai aus Japan. Dessen Landsfrau Rin Kubo, japanische 800m-Rekordhalterin, wurde ihrer Mitfavoritenrolle bei den Mädchen als Sechste nicht gerecht.
Die besten äthiopischen Teilnehmer*innen an den Laufdistanzen der Junioren-WM 2024 haben schon reichlich Erfahrung bei internationalen Meetings bis hoch zur Diamond League. Diese Klasse ließen sie in Lima aufblitzen und münzten sie in Gold um. Sembo Almayew, in Paris Olympia-Fünfte, dominierte die Entscheidung im 3.000m-Hindernislauf und verbesserte in einer Zeit von 9:12,71 Minuten den Meisterschaftsrekord der Kenianerin Celliphine Chespol. Vor zwei Jahren in Cali (Kolumbien) musste sich die 19-Jährige noch mit der Silbermedaille zufrieden geben.
Medina Eisa, Olympia-Siebte von Paris 2024, gewann den 5.000m-Lauf der Mädchen in einer für Meisterschaftsrennen irren Zeit von 14:39,71 Minuten, ebenfalls ein neuer Meisterschaftsrekord – 28 Sekunden schneller als eine gewisse Genzebe Dibaba 2010. Im Ziel hatte die 19-Jährige, die den Junioren-Weltrekord hält, 18 Sekunden Vorsprung auf ihre Landsfrau Mekedes Alemeshete, die wiederum 28 Sekunden vor Charity Cherop aus Uganda im Ziel war.
Saron Berhe gewann den 1.500m-Lauf – die Äthiopierin wurde kurz vor der U20-WM erst 17. Die amtierende Afrikameisterin ist im April schon unter vier Minuten gelaufen.
Die Junioren-Weltmeisterschaften der Altersklasse U20 ging im Jahr 2024 zum 20. Mal über die Bühne. Rund 1.700 Athlet*innen aus 130 nationalen Verbänden nahmen teil. Erstmals war Peru mit der Hauptstadt Lima Gastgeber, zum zweiten Mal in Folge der südamerikanische Kontinentalverband.
Die Wettkämpfe fanden im Estadio Atletico de la Videna statt. In das Design der Medaillen wurden markante Symboliken der Inkazeit eingearbeitet, unter anderem das Weltkulturerbe Machu Picchu. Gewinner des Medaillenspiegels war die USA vor Äthiopien. 20 nationale Verbände konnten eine Medaille gewinnen, 66 eine Top-Acht-Platzierung erreichen.
Die Ausrichtung des Events war der peruanischen Hauptstadt zwischenzeitlich aufgrund gesellschaftlicher Unruhen und politischer Instabilität vom Leichtathletik-Weltverband (World Athletics) entzogen worden. 2026 ist Eugene im US-Bundesstaat Oregon Gastgeber.
Autor: Thomas Kofler
Bilder: © Oscar Muñoz Badilla / Enzo Santos Barreiro for World Athletics