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Nazret Weldu ist eine der besten Läuferinnen, die jemals beim Vienna City Marathon an den Start gegangen sind. Obwohl sie seit Jahren Topleistungen abliefert, hat sie noch keinen Startplatz bei Olympia.
Gleichzeitig hat sie das Potenzial, den Streckenrekord beim Vienna City Marathon von 2:20:59 Stunden (Vibian Chepkurui, 2:20:59) zu unterbieten. Gemeinsam mit ihrer Landsfrau Dolshi Tesfu bildet sie die hochkarätigste Spitze eines Elitefelds der Frauen, die je bei einem Marathon in Österreich angekündigt wurde. Und trotzdem muss auch die 34-Jährige aus Eritrea, einem Küstenstaat am Roten Meer, sich gedanklich mit der Zeit von 2:26:50 Stunden auseinandersetzen. Das ist das Olympia-Limit für Paris 2024.
Ob der Streckenrekord am Sonntag fällt, wird wohl auch von den Wetterbedingungen abhängen. Die Temperaturen könnten ideal dafür werden, der Wind jedoch die Rolle des Spielverderbers einnehmen. Ob Weldu das Olympia-Limit knackt, sollte im Gegensatz zu anderen Eliteläuferinnen keine wirklich spannende Frage sein. Sollte, denn Marathon bleibt Marathon mit all seinen Facetten und Fragezeichen.
👉 Persönliche Bestleistung: 2:20:29 Stunden (Oregon 2022)
👉 Top-Resultat: WM-Vierte 2022 im Marathon
👉 Bedeutendster Marathon-Sieg: Daegu Marathon 2022
👉 Weltranglisten-Position: 57
(Position 21, wenn maximal drei Läuferinnen pro Nation gewertet)
👉 WM-Teilnahmen: fünf im Crosslauf, drei im Marathon, eine im 10.000m-Lauf
Olympia-Teilnehmerin 2021 in Sapporo
Der Grund, warum Weldu die weltweit vielleicht sogar stärkste Läuferin ohne Olympia-Limit ist, ist der folgende: Ihre drei Leistungen im Jahr 2022, darunter der Sieg beim Daegu Marathon und der hervorragende vierte Platz bei den Weltmeisterschaften von Oregon in eritreischem Marathonrekord von 2:20:29 Stunden, ereigneten sich vor Beginn des Olympia-Qualifikationszeitraums für Paris. 2023 lief die 34-Jährige in Boston klar schneller und wurde beim Klassiker glänzende Sechste, allerdings entspricht die Strecke des Boston Marathon nicht den standardisierten Vorgaben, die der Leichtathletik-Weltverband für die offiziellen Listen vorsieht. Bei den Weltmeisterschaften in Budapest wurde Weldu Achte, neuerlich eine Topleistung, aber aufgrund der sommerlichen Hitze entwickelte sich kein schnelles Rennen und mit 2:27:23 Stunden schrammte sie am Limit vorbei.
Der VCM 2024 ist also ihre letzte Chance, doch noch auf den Zug nach Paris aufzuspringen. Da mittlerweile sogar mehr als die 80 vorgesehenen Startplätze über das Direktlimit gebucht wurden, bleibt ihr nichts anderes übrig, als unter 2:26:50 Stunden zu laufen. Dass sie in der Weltrangliste hervorragend liegt, nützt ihr für Paris also nichts. Angesichts ihres Leistungsniveaus müsste ihr unabhängig der Bedingungen eine Zeit im gewünschten Bereich gelingen. Aber, sie ließ heute bei der Pressekonferenz bereits durchsickern, nicht das volle Risiko für eine richtig schnelle Zeit gehen zu wollen, um die Olympia-Teilnahme nicht zu gefährden. Weil Eritrea bisher nur eine qualifizierte Läuferin hat, steht sie immerhin in keiner nennenswerten innernationalen Konkurrenzsituation und muss nicht schneller laufen als das Olympia-Limit, um in Paris dabei zu sein.
Auch einige andere Topläuferinnen nehmen die Olympia-Sehnsuchtszeit ins Visier. Lilia Fisikovici, Olympia-Teilnehmerin in Rio und Sapporo und als Moldawierin die Kontrahentin von Julia Mayer für die beste europäische Platzierung beim VCM, würde als erste Läuferin ihres Landes die Qualifikation für Paris in dieser Disziplin schaffen. Zaida Ramos aus Peru müsste nicht nur ihre Bestleistung deutlich verbessern, sondern steht auch in Konkurrenz zu ihren Landsleuten. Die unerwartete Leistung von Thalia Valdivia vor wenigen Tagen in Rotterdam (siehe RunUp-Bericht) hat die peruanische Bestenliste durcheinandergebracht. Jovana del la Cruz, die ebenfalls den VCM läuft und in Houston das Limit um eine Sekunde unterboten hat, ist plötzlich nur noch die Nummer vier aus Peru in der Qualifikationsliste, zwei Sekunden hinter Luz Mery Rojas. Es liegt an ihr, am Sonntag noch ein paar Sekunden herauszukitzeln und damit ihre Position entscheiden zu verbessern.
Mit deutlichen Steigerungen hätten auch Diana Bogantes Gonzalez aus Costa Rica und Rachel Hannah aus Kanada die Chance, sich, wenngleich überraschend, noch für Olympia zu qualifizieren. Nicht in Wien an der Startlinie ist die Mexikanerin Andrea Ramirez Limon, der das Limit auch noch fehlt. Mexiko hat bisher zwei Startplätze für den Olympischen Marathon der Frauen sicher.
Rund die Hälfte der Olympischen Startplätze wollte World Athletics, bei maximal drei Athletinnen pro Nation, über das Direktlimit vergeben, die zweite Hälfte über die Weltranglistenpunkte. Daher setzte man das Limit vermeintlich scharf auf 2:26:50 Stunden an. Doch die Marathonszene entwickelte sich unerwartet schnell weiter. Zur Zeit sind bei 80 vorgesehenen Startplätzen bereits 86 Startplätze über das Limit vergeben, World Athletics muss also Plätze auffüllen. Österreichs Topläuferin Julia Mayer ist auf Position 85 fix qualifiziert. Der Vienna City Marathon 2024 ist einer der letzten Marathons vor dem Ende des Qualifikationszeitraums in zwei Wochen.
Autor: Thomas Kofler
Bild: © VCM / Jenia Symonds