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Vier Anmerkungen zum neuen Weltrekord über 10.000m

Beatrice Chebet ist die erste 10.000m-Läuferin unter 29 Minuten. Beim „Prefontaine Classic“ Eugene „flog“ sie zu einer Zeit von 28:54,14 Minuten, neuer Weltrekord.
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Beatrice Chebet hat am Samstagmittag Ortszeit im Rahmen des Diamond-League-Meetings in Eugene im US-Bundesstaat Oregon Leichtathletik-Geschichte geschrieben. Die Kenianerin ist die erste Frau der Welt, der es gelang, die 25 Stadionrunden in einer Zeit unter 29 Minuten zu absolvieren. Mit der Leistung von 28:54,14 Minuten nahm sie dem bisherigen Weltrekord fast sieben Sekunden ab.

Die neue Zeitrechnung

Beatrice Chebets 10.000m-Lauf in der WM-Arena von 2022 ist der erste mit einer 28er-Zeit. Dass die Marke von 29 Minuten fällt, ist so überraschend allerdings nicht. Denn die Kenianerinnen Agnes Ngetich und Emmaculate Achol haben im Jänner in Valencia die 10km-Distanz auf der Straße in unter 29 Minuten absolviert, Ngetichs Weltrekord liegt bei einer Zeit von 28:46 Minuten. Dank der neuesten Schuhtechnologie gelten alte Weisheiten, auf der Straße laufe man langsamer als auf der Tartanbahn, freilich längst nicht mehr. Dennoch ließen die beiden genannten Leistungen erwarten, dass der aus dem Jahr 2021 stammende Weltrekord von Letesenbet Gidey (29:01,03) ein Ablaufdatum haben würde. Die Entwicklung passt auch zur Evolution auf den Bahndistanzen, wo es in den letzten zwölf Monaten bereits neue Weltrekorde im 5.000m-Lauf, 1.500m-Lauf und über die Meile gegeben hat.

Das Diamond-League-Meeting in Eugene

Kenias neuer Superstar auf den Langstrecken

Beatrice Chebet setzte sich in Eugene gegen die amtierende Weltmeisterin Gudaf Tsegay durch und gewann das Duell gleich um elf Sekunden. Dass die 24-jährige Kenianerin nun die Hitliste der 10.000m-Läuferinnen anführt, ist ein Evolutionsschritt einer konstant und steil nach oben führenden Karriere.

🥇🥇 2018 wurde die damals 18-Jährige Junioren-Weltmeisterin im 5.000m-Lauf, im Frühling 2019 gewann sie den Junioren-WM-Titel im Crosslauf. Diese beiden Erfolge brachten die Kenianerin in die prestigeträchtigen Rennen, in denen sie trotz Pandemiepause weiterhin an Erfahrung gewinnen konnte.

🥇🥇🥈 2021 folgte der erste Diamond-League-Sieg in Doha über 3.000m. 2022 enttäuschte sie bei der Hallen-WM in Belgrad als Zehnte, konnte jedoch die Freiluftsaison mit der Goldmedaille bei den Afrikameisterschaften, der Silbermedaille bei den Weltmeisterschaften in Eugene und der Goldmedaille bei den Commonwealth Games krönen – alles über 5.000m.

🥉 2023 gewann Chebet drei Diamond-League-Rennen und WM-Bronze in Budapest. Beim Diamond-League-Finale wurde sie im Schatten des 5.000m-Weltrekordlaufs von Gudaf Tsegay mit deutlicher persönlicher Bestzeit Zweite. Zu Silvester knackte sie den Weltrekord im 5km-Straßenlauf in Barcelona.

🥇🥇 Dass Chebet eine geborene 10.000m-Läuferin ist, auch wenn es ihr erster Bahnwettkampf über diese Distanz seit vier Jahren war, beweisen auch ihre grandiosen Erfolge im Crosslauf, wo es im Gelände genau über diese Distanz geht. 2023 wurde sie in Bathurst Weltmeisterin, nachdem die in Führung liegende Letesenbet Gidey auf der Zielgerade kollabierte. 2024 in Belgrad dominierte die Titelverteidigerin und holte neuerlich Gold. Mit dem Sieg beim Diamond-League-Meeting in Doha über 5.000m ging die Freiluftsaison gut los, ehe am vergangenen Samstag das Meisterwerk über die doppelte Distanz folgte.

Tsegay als perfekte Lokomotive

Chebets Traumleistung harmonierte mit optimalen äußeren Bedingungen und dem von den Wavelights an der Innenbahnkante unterstützten Rennverlauf. Denn Gudaf Tsegay wollte selbst den Weltrekord ihrer Landsfrau brechen und führte 22 Runden lang das Rennen an – bis zur Zwischenzeit bei 3.800m mit Tempomacherinnen vor sich. Für die Kenianerin war dies das perfekte Sprungbrett zur Überleistung.

„Als ich mitbekommen habe, das Gudaf den Weltrekord attackieren wollte, hab ich mich entschieden, mit ihr mitzugehen und zu sehen was passiert“, sagte die Kenianerin gegenüber „Let’s Run.com“. Damit erweckte sie den Eindruck, sie hätte den Weltrekord gar nicht ganz oben auf ihrer Prioritätsliste gehabt, sondern vielmehr die Olympia-Qualifikation. Drei Runden vor dem Ende übernahm sie die Führung und erkannte die Chance auf den Weltrekord, den sie mit einer starken Schlussrunde von 63,63 Sekunden sicherte.

Die ewige Weltbestenliste im 10.000m-Lauf

  • 28:54,14 Minuten – Beatrice Chebet (KEN), Eugene 2024
  • 29:01,03 Minuten – Letesenbet Gidey (ETH), Hengelo 2021
  • 29:05,92 Minuten – Gudaf Tsegay (ETH), Eugene 2024
  • 29:06,82 Minuten – Sifan Hassan (NED), Hengelo 2021
  • 29:17,45 Minuten – Almaz Ayana (ETH), Rio 2016
  • 29:26,89 Minuten – Lilian Rengeruk (KEN), Eugene 2024
  • 29:27,59 Minuten – Margaret Kipkemboi (KEN), Eugene 2024
  • 29:31,78 Minuten – Wang Jun Xia (CHN), Peking 1993
  • 29:32,53 Minuten – Vivian Cheruiyot (KEN), Rio 2016
  • 29:42,56 Minuten – Tirunesh Dibaba (ETH), Rio 2016

Doppeltes Olympia-Duell mit Tsegay

Chebet hat den Startplatz in Paris nun sicher und dort winkt Lauffans auf der ganzen Welt nun ein doppeltes Duell mit Gudaf Tsegay auf den längsten beiden Bahnstrecken. Chebet kündigte den Doppelstart nach dem Trial-Sieg an, für die 5.000m-Lauf muss sie sich bei den kenianischen Trials im Juni aber noch qualifizieren. Im kenianischen 10.000m-Team wird sie begleitet wird von Lilian Rengeruk, Crosslauf-WM-Silbermedaillengewinnerin, und womöglich von Margaret Kipkemboi, die mit ihren Bestleistungen vom Samstag von 29:26,89 Minuten und 29:27,59 Minuten nun auf den Rängen sechs und sieben der ewigen Bestenliste des Leichtathletik-Weltverbandes (World Athletics) liegen.

Athletics Kenya hatte vor dem Wettkampf nur den zwei Bestplatzierten einen Startplatz versprochen, über den dritten will man Entscheidungsspielraum haben. Diesen hat Kipkemboi mit ihrer Leistung und der nur knappen Niederlage im Endspurt gegen Rengeruk stark eingeengt.

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Sechs Kenianer sub-27

Auch bei den Männern fanden die kenianischen Olympia-Trials dieses Mal in Eugene statt. Daniel Mateiko, Weltklasse-Halbmarathonläufer, siegte in einer starken Zeit von 26:50,81 Minuten hauchdünn vor Nicholas Kipkorir (26:50,94) und Benard Kibet (26:51,09 Minuten). Sechs kenianische Läufer blieben unter 27 Minuten (was gleichzeitig das unglaublich scharfe Olympia-Limit ist) – das hat es in der Geschichte des Laufsports noch nie gegeben.

Alles schief ging dagegen für Vize-Weltmeister Daniel Ebenyo. Erst drohte er als einer von sieben Athlet*innen die Trials wegen Schwierigkeiten mit dem Visum zu verpassen, dann flog er kurzfristig doch noch in die USA, kam in der heißen Phase des Wettkampfs zu Sturz und wurde nur Achter. Er muss nun auf den dritten Quotenplatz und die Gunst des kenianischen Verbandes hoffen.

Autor: Thomas Kofler
Bild: Gerd Altmann / Pixabay

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