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Vier von vier: Ruth Jebets Siegesserie im Marathon

Vier Marathonläufe, vier Siege. Das ist die Bilanz von Ruth Jebet, die nach der Rückkehr aus ihrer Dopingsperre erfolgreich in den Marathon eingestiegen ist.
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Sie hielt den Weltrekord im 3.000m-Hindernislauf, gewann Olympisches Gold in Rio, dann folgte der tiefe Fall. Vier Jahre lang musste Ruth Jebet wegen EPO-Missbrauchs zuschauen. Seit zwei Jahren ist sie zurück auf der Wettkampfbühne. Sie stieg auf den Straßenlauf um und in den Marathon ein. Ihre vier ersten hat sie gewonnen, mit dem Istanbul Marathon von vergangenem Sonntag ist auch ein großer Sieg dabei.

Ihre glanzvollsten Momente und der Beginn ihrer dunkelsten Karrierephase trennten nicht einmal eineinhalb Jahre. Im August 2016 setzte sich das damals 19-jährige Supertalent im 3.000m-Hindernislauf in einem Fabelrennen die Olympische Krone auf und verbesserte den damals acht Jahre alten Weltrekord der Russin Gulnara Samitova-Galkina deutlich auf eine Zeit von 8:52,78 Minuten.

Zwei Jahre später war Jebet nicht nur ihren Weltrekord los, sondern zum Zuschauen verdammt. Bei einer unangekündigten Dopingkontrolle im kenianischen Kapsabet am 1. Dezember 2017 wurde sie positiv auf EPO getestet. Es entwickelten sich Aufsehen erregende Ermittlungen von Seiten der Athletics Integrity Unit in Zusammenarbeit mit der kenianischen Polizei, die das direkte Umfeld der Athletin zu beleuchten versuchte. Da eine Expertenkomission der AIU überdies Unregelmäßigkeiten im Blutprofil von Ruth Jebet im Jahr 2017 feststellte, verlief die Verteidigungsstrategie der Olympiasiegerin erfolglos und endete in einer vierjährigen Sperre.

© Istanbul Marathon / Spor Istanbul

Als Teenager in den Bahrain

Ruth Jebet schrieb schon immer große Schlagzeilen. Geboren am 17. November 1996 in Kenia wechselte sie schon in Jugendjahren den Verband und brachte damit mitentscheidend eine Diskussion im Leichtathletik-Weltverband in Gang, erst Nationenwechsel für minderjährige Sportler*innen zu untersagen und später diese generell mit erschwerenden Kriterien zu belegen. Für den bahrainischen Leichtathletik-Verband, der schon eine gewisse Geschichte mit aus Kenia eingebürgerten Läufer*innen hatte, stellten sich schnell Erfolge ein: Sieg bei den Junioren-Weltmeisterschaften 2014, Sieg bei den Asienspielen 2014, fast wäre sie Junioren-Weltrekord im 3.000m-Hindernislauf gelaufen.

Nach einer kurzen Stagnation auf hohem Niveau folgte im Alter von 19 Jahren der Triumphzug. Nach zwei Siegen in der Diamond-League stürmte Ruth Jebet erst zur Olympia-Goldmedaille, wenige Tage nach der Rückkehr aus Südamerika zum damaligen Weltrekord von 8:52,78 Minuten beim Diamond-League-Meeting in Paris. In Zürich sicherte sie sich den Gesamtsieg in der Diamond League, den sie 2017 erfolgreich verteidigte. Jener Sieg im Letzigrund, damals in Saisonbestleistung von 8:55,29 Minuten, war ihr letzter im 3.000m-Hindernislauf. Die Dopingsperre beendete de facto ihre Bahnkarriere.

Zweite Chance, zweite Karriere

Dafür lief es auf der Straße ganz gut. Bei den Militär-Weltmeisterschaften 2023 in Luzern holte Jebet in einer noch gültigen persönlichen Bestleistung von 1:08:22 Stunden die Silbermedaille. Beim Marathon-Debüt im Dezember 2023 im türkischen Mersin stürmte sie zu einer Leistung von 2:23:08 Stunden – und damit auf Anhieb zum ersten Marathon-Sieg. Auch die Marathonläufe zwei und drei in ihrer Karriere, in Zheng-Kai und in Harbin, jeweils in China, endeten mit Siegen.

Den vierten Marathon ihrer Karriere am Sonntag in Istanbul dominierte die mittlerweile 27-Jährige und erarbeitete sich mit der zweitschnellsten Marathonzeit ihrer Karriere von 2:24:45 Stunden einen Vorsprung von neun Minuten auf Urge Diro und Ayantu Abdi aus Äthiopien. Angesichts der schwierigen Windbedingungen war die Leistung beachtlich. Inwieweit die Marathonkarriere Ruth Jebets noch im Aufwind sein wird, wird auch davon abhängen, welche internationalen Marathon-Veranstalter sie als ehemalige und überführte Dopingsünderin einladen. Große Marathons wie der Vienna City Marathon oder der Frankfurt Marathon schließen das kategorisch aus. Auch die World Marathon Majors sehen in der Regel davon ab.

46. Auflage

42.500 Anmeldungen gingen für die Bewerbe des Istanbul Marathon ein, davon 7.500 für die Marathon-Distanz. Der Istanbul Marathon ist der einzige, der auf zwei verschiedenen Kontinenten stattfindet. Der Start befindet sich auf der asiatischen Seite der Metropole, über die „Brücke der Märtyrer des 15. Juli“ führt die Strecke auf den europäischen Teil Istanbuls.

Über Linz zum Istanbul-Sieg

Der Sieg im Männerrennen am Bosporus ging übrigens an den Äthiopier Dejene Debela, der nach einer schnelleren ersten Hälfte eine Zeit von 2:11:40 Stunden erzielte. Der Drittplatzierte des diesjährigen Linz Marathon setzte sich unter anderem gegen die favorisierten, 40-jährigen, ehemaligen sub-2:05-Läufer Abebe Negewo aus Äthiopien und Kenneth Kipkemoi aus Kenia, durch. Auf der zweiten Streckenhälfte beeinträchtigte der Gegenwind die Athlet*innen, Jebet war den Marathon sogar unter 1:10 Stunden angelaufen – und damit in absoluten Weltklassedimensionen. Insgesamt waren die Elitefelder der diesjährigen Vorzeige-Laufveranstaltung in der Türkei prominent besetzt.

Alte Bekannte siegen in China

Neben dem New York City Marathon (siehe RunUp.eu-Rennbericht der Männer und Rennbericht der Frauen) und dem Istanbul Marathon gingen am vergangenen Sonntag auch noch zwei wichtige Marathonläufe in China über die Bühne. Dort konnten im Gegensatz zu Istanbul die Altstars glänzen: Helah Kiprop, bereits 2015 WM-Medaillengewinnerin im Marathon und 2016 Siegerin des Tokio Marathon, lief im Alter von 39 Jahren zum Sieg beim Hangzhou Marathon in 2:22:57 Stunden. 2023 hatte sie als Siegerin des Paris Marathon noch einmal überrascht. Moses Kibet entschied das Männerrennen in 2:07:47 Stunden für sich.

Beim Peking Marathon lief der mittlerweile 30-jährige Lemi Berhanu aus Äthiopien, in jungen Jahren Sieger des Dubai Marathon 2015 und des Boston Marathon 2016, in 2:09:16 Stunden als Erster ins Ziel. Als Zweiter folgte Bethwell Kigen, 2022 beim Streckenrekordrennen in Linz ebenfalls Zweiter. Hochwertiger war die Siegerzeit bei den Frauen durch die Kenianerin Vicoty Chepngeno, Siegerin beim Österreichischen Frauenlauf 2022, in 2:21:56 Stunden. Auch die weiteren Stockerlläuferinnen Rahma Tusa aus Äthiopien und Angela Tanui aus Kenia sind bekannte Läuferinnen der Szene. Die rund 30.000 Teilnehmer*innen litten unter der von leichtem Smog getrübten Luft über der chinesischn Hauptstadt. Laut Medienberichten waren unglaubliche 182.000 Bewerbungen für eine Teilnahme eingegangen – ein Signal dafür, dass der chinesische Laufboom des letzten Jahrzehnts nach der langen Pandemiephase wieder ordentlich Fahrt aufnimmt.

Autor: Thomas Kofler
Bilder: Istanbul Marathon / Spor Istanbul

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