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Die Türkei ist Europas dominierende Crosslauf-Nation! Anders formuliert könnte man auch sagen: Die Türkei hat die besten Crossläufer nach Europa importiert. Zum vierten Mal in Serie ging die Goldmedaille bei den Herren an einen für die Türkei startenden kenianischen Läufer.…
Die Türkei ist Europas dominierende Crosslauf-Nation! Anders formuliert könnte man auch sagen: Die Türkei hat die besten Crossläufer nach Europa importiert. Zum vierten Mal in Serie ging die Goldmedaille bei den Herren an einen für die Türkei startenden kenianischen Läufer. Nach Polat Kemboi Arikan (diesmal Neunter), Ali Kaya (diesmal auf Rang 21) und Aras Kaya (diesmal trotz eines Sturzes in der Anfangsphase Siebter) war 2017 Kaan Kigen Özbilen an der Reihe. Damit ist der 31-jährige Özbilen, seit 2016 ein Türke und Halbmarathon-EM-Silbermedaillengewinner, nicht nur der vierte türkische Crosslauf-Europameister, sondern auch der erste Crosslauf-Europameister seit dem Portugiesen Paulo Guerra vor 17 Jahren, dessen Fokus zum Zeitpunkt dieses Titelgewinns auf Straßenläufen lag – im Falle von Özbilen vorwiegend Marathon. Dass es sich bei dieser seltenen Verbindung um einen in Kenia ausgebildeten Läufer handelt, ist ob der Crosslauf-Tradition in der ostafrikanischen Läufernation kein Wunder. Mit dem vierten Titelgewinn ist die Türkei gemeinsam mit Portugal die Nummer zwei in der Ewigen Goldmedaillen-Liste hinter der Ukraine, die dank der neuen Crosslauf-EM-Titel von Sergej Lebid über allem steht.
Ein Marathon-Spezialist als Crosslauf-Europameister
Dass die Türkei mit seinem starken Team – neben Gold in der Einzelwertung gab es auch Gold im Team – ein kräftiges Wörtchen um den Titel mitsprechen würde, obwohl die Laufsaison 2017 bis dato eine einzige Enttäuschung für die türkischen Läufer war, war keine Überraschung. Dass aber am Ende ausgerechnet Kaan Kigen Özbilen die Kohlen aus dem Feuer holte, schon. Der Marathonläufer (PB: 2:06:10 Stunden, Anm.) befand sich auf wenigen Favoritenlisten, doch er lief ein kluges Rennen und hielt sich stets in optimaler Position auf, wählte gleichzeitig einen zurückhaltenden Stil. Als die vorletzte der großen Runden anbrach, forcierte der bis dato bärenstark laufende Spanier Adel Mechaal das Tempo und übernahm die Führung des Briten Andrew Butchart. Özbilen ging das Tempo mit und hielt sich stets im Rücken des Vize-Europameisters über 5.000m auf. Als das Rennen zur Neige ging, demonstrierten die Gesichtsausdrücke der beiden Führenden einen unmissverständlichen Eindruck über den zu vermutenden Rennausgang. Der Spanier biss mit angestrengter Miene ordentlich auf die Zähne, während der Türke deutlich frischer wirkte. Und es kam, wie es kommen musste. 400 Meter vor dem Ziel wendete sich das Blatt und Mechaal war ein leichtes Opfer für Özbilen.
Gewinnbringende Strategie
Nach 29:45 Minuten endete das flache und für einen Crosslauf wenig anspruchsvolle 10.180 Meter lange Rennen für den neuen Europameister. „Ich bin überglücklich. Ich bin verletzungsfrei und in Topform. Es war ein harter Wettbewerb, insbesondere aufgrund der niedrigen Temperaturen“, kommentierte der Vorjahres-Zehnte, dessen nächstes großes Ziel der Boston Marathon ist. Mechaal sicherte Silber, der Schotte Butchart lief ebenfalls auf den Felgen daherkommend die kurze Zielgerade entlang und sicherte sich nach Rang vier in Chia 2016 die verdiente Bronzemedaille vor dem heranstürmenden Franzosen Hassan Chahdi. „Ich bin überglücklich, ein Moment zum Genießen“, jubelte Butchart. Auch Mechaal, im Sommer WM-Vierter im 1.500m-Läufer, zeigte sich mit dem Resultat zufrieden: „Zum Schluss war ich müde, aber ich bin sehr zufrieden mit der Silbermedaille.“ Nachdem die Spanier in Chia leer ausgegangen waren, feierten sie in Samorin ihr Comeback auf dem Podium – ein Bild, das zur traditionsreichen Crosslauf-Nation auch passt. Wie die Türkei brachte auch Spanien drei Läufer unter die besten Zehn.
Schmerzhaftes Aus für Griffiths
Angesichts der nicht allzu schwierigen Crosslauf-Strecke begann das Rennen mit hohem Tempo, das 79 Läufer umfassende Teilnehmerfeld zog sich sofort in die Länge. Für die Renngestaltung war insbesondere der Waliser Dewi Griffiths, beim Frankfurt Marathon bester Europäer, zuständig. Gleichzeitig wurde Griffiths allerdings zum Pechvogel des Rennens, als er mit schmerzverzerrtem Gesicht plötzlich an den Oberschenkel griff und sofort ausstieg. Die Briten hielten am Konzept fest, Butchart und der überraschend starke und am Ende sechstplatzierte Ben Connor hielten das Tempo hoch. Auch Adel Mechaal mischte ordentlich mit und schob sich in eine aussichtsreiche Position. Eine Lücke entstand. Gemeinsam mit dem Franzosen Hassan Chahdi und dem starken Belgier Soufiane Bouchickhi schaffte es einige Minuten später auch der spätere Sieger Özbilen zurück in die Spitzengruppe – ohne selbst einen Meter Verfolgungsarbeit machen zu müssen. Es entpuppte sich als die gewinnbringende Strategie.
Ringer auf Rang zwölf
Richard Ringer, vor drei Wochen Sieger der CrossAttack in Salzburg-Rif, hatte keine Chance im Kampf um die Medaillen und finishte auf Rang zwölf. „Es war ein flottes Rennen und sehr kalt mit ständig starkem Rücken- und Gegenwind. Ich hatte schon den Anspruch, vorne mitzulaufen und habe es versucht. Ein solches Tempo im Winter zu laufen, ist schwer“, wird der 28-Jährige auf der Website des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) zitiert. Der einzige deutsche Starter beklagte sich im Gespräch mit RunAustria-Experte René van Zee über die leichte Crosslauf-Strecke in Samorin, die letztlich auch für das hohe Tempo gesorgt hatte. Der einzige Schweizer im Feld, Jonas Raess nutzte seine zuletzt gute Form zu Rang 29.
Vojta rettet Ehre des ÖLV
Im letzten Einzelrennen des Tages durfte sich der Österreichische Leichtathletik-Verband (ÖLV) über das erste im Rahmen des Erwartbaren gute Resultat freuen. Andreas Vojta (team2012.at) verstärkte seine Aufwärtstendenz der letzten Wochen zum besten Ergebnis seiner Karriere bei Crosslauf-Europameisterschaften – Rang 32. „Ich wollte mutig anlaufen, aber nicht in den Top-Ten. Das ist hervorragend gelungen. Gefühlsmäßig habe ich während des Rennens mehr Plätze gutgemacht als verloren. Es war mein bestes Rennen bei Crosslauf-Europameisterschaften, darauf kann ich für die Hallen-Saison aufbauen“, kommentierte der Niederösterreicher, der zum neunten Mal an den kontinentalen Titelkämpfen im Crosslauf teilnahm, im Gespräch mit RunAustria-Experte Andreas Maier. Valentin Pfeil (LAC Amateure Steyr) lag während der ersten Rennphase sogar vor Vojta, bekam jedoch im Laufe des Rennens Probleme mit seinem Unterschenkel. Der Oberösterreicher kämpfte sich auch für die Teamwertung auf Position 44 ins Ziel, verließ aufgrund der Schmerzen die Anlage jedoch sofort. Sein vorbildlicher Einsatz konnte das anvisierte Top-Ten-Resultat in der Teamwertung nicht retten, weil der drittbeste Österreicher Lemawork Ketema (SVS Leichtathletik) nur auf Rang 62 ins Ziel kam – sechs Positionen vor Stephen Listabarth (DSG Volksbank Wien), während der erkrankte Timon Theuer (team2012.at) ausstieg.
Team-Gold für die Türkei
Das Stockerl der Teamwertung spiegelt die Kräfteverhältnisse bei den 24. Crosslauf-Europameisterschaften wieder, denn die drei erfolgreichsten Nationen waren vertreten. Die Türkei gewann knapp vor Spanien Gold, Bronze ging an Großbritannien. Österreich landete unter 13 klassierten Teams auf Rang elf, deutlich hinter dem zehnten Platz. Da Deutschland und die Schweiz jeweils nur einen Athleten an die Startlinie schickten, fielen diese beiden Nationen nicht in die Teamwertung.
Gold: Türkei 17 Punkte Silber: Spanien 20 Punkte Bronze: Großbritannien 35 Punkte
4. Frankreich 56 Punkte
5. Irland 58 Punkte
6. Dänemark 80 Punkten
7. Norwegen 81 Punkte
8. Portugal 90 Punkte
9. Italien 110 Punkte
10. Schweden 111 Punkte
11. Österreich 138 Punkte
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