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Vorspiel für ein großes Finale

Die Besten der Besten haben sich für das Finale im 800m-Lauf der Frauen qualifiziert, das große Spannung verspricht. Die Schweizerin Lore Hoffmann landete auf dem unglücklichen neunten Platz der Gesamtwertung.
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Standesgemäß, mit der schnellsten aller Halbfinalzeiten, erreichte Athing Mu das Finale im 800m-Lauf der Frauen, wo die 20 Jahre junge Olympiasiegerin als die erklärte Favoritin gilt. Zwei Tage, bevor die US-Amerikanerin – aber nicht nur sie – die heimischen Hoffnungen auf Edelmetall auch im Laufsektor auf ihren Schultern trägt, war sie nicht nur schnell, sondern souverän. Im Rücken der flotten Äthiopierin Diribe Welteji absolvierte Mu die ersten 700 Meter. Das Duo hatte sich ob des hohen Tempos bereits auf der Gegengeraden vom Rest des Feldes im dritten von drei Vorläufen abgesetzt, es war frühzeitig gesichert, dass die beiden Fixtickets an diese beiden Athletinnen gingen. Mu, die unabhängig der Distanz seit 16 Monaten keinen einzigen Wettkampf verloren hat, achtete auch dieses Mal auf den ersten Platz und zog an der Äthiopierin vorbei. 1:58,12 Minuten – und die Siegesserie im 800m-Lauf, indoor und outdoor, ist nun schon beeindruckende 29 Monate lang. Doch noch, und das weiß auch die Olympiasiegerin, ist in Eugene nichts gewonnen. Den Hauch von 0,04 Sekunden später überquerte die ehemalige Junioren-Weltmeisterin Welteji die Ziellinie und zeigte ihr Potenzial für das Finale am Sonntagabend US-amerikanischer Zeit mit einer persönlichen Bestzeit auf.

Wilson mit Reserven

Die drei 800m-Halbfinalläufe, die mittels des Schlüssels drei mal die zwei Schnellsten plus die zwei weiteren mit den besten Zeiten ein großes Feld von 26 Läuferinnen auf das Finalmaß von acht Athletinnen reduzieren mussten, wurden zum Schaulauf der Medaillenkandidatinnen, die sich in allen drei Läufen erst gar nicht auf taktische Spielen einließen. In Halbfinallauf Nummer eins setzte die kenianische Meisterin Mary Moraa vom ersten bis zum letzten Schritt die Pace und finishte in einer Zeit von 1:59,65 Minuten. Hallen-Weltmeisterin Ajee Wilson, US-Hoffnung Nummer zwei, folgte auf Schritt und Tritt und zog als Zweite ins Finale ein. „Ich wusste, dass ich die ein oder andere Energiereserve fürs Finale behalten muss“, erklärte sie und angesichts ihres Laufs glaubte man ihr, dass sie sich nicht bis zum Umfallen verausgaben musste. „Das Finale am Sonntag, hier vor heimischem Publikum, das bedeutet mir unheimlich viel“, so die 28-Jährige, die vor sechs Jahren bei der Heim-Hallen-WM in Portland die Silbermedaille gewann. Auch Moraa stimmte in den Spannungsaufbau mit ein: „Alles kann passieren. Ich sage: Ich will gewinnen, aber hier kann jede gewinnen. Das Rennen ist sehr offen.“ Athing Mu mag das in ihrem Selbstverständnis freilich anders sehen.

Rogers‘ Umweg über die Zeitregel

Im mittleren Halbfinale war Keely Hodgkinson, Europas Beste im 800m-Lauf, am Start und sie profitierte Schulter an Schulter mit ihrer Landsfrau Ellie Baker vom Tempodiktat von Catriona Bisset. Doch nach einer Auftaktrunde von 57,37 Sekunden brach die Australierin nach drei Viertel der Distanz ein. Die Engländerin übernahm die Führung 250 Meter vor dem Ziel und erreichte Selbiges in einer Zeit von 1:58,51 Minuten vor der Jamaikanerin Natoya Goule, die eine starke Schlussphase demonstrierte, was Anlass für ausgiebigem Jubel war. Internationale Medaille hat die 31-Jährige bisher noch keine gewonnen, die Bronzemedaille bei den Commonwealth Games 2018 ausgeklammert. Doch ihr Auftritt sorgte dafür, dass die US-Medaillenhoffnung Nummer drei Raevyn Rogers über die Zeitregel ins Finale aufstieg, mit einer Leistung von 1:58,77 Minuten, nur 0,04 Sekunden hinter Goule, gelang dieser Schritt aber souverän. Die 25-Jährige stand sowohl in Doha als Zweite als auch in Tokio als Dritte am Stockerl.

Ergebnisse Halbfinalläufe 800m der Frauen

Erster Halbfinallauf

  1. Mary Moraa (KEN) 1:59,65 Minuten Q
  2. Ajee Wilson USA) 1:59,97 Minuten Q
  3. Adelle Tracey (JAM) 2:00,21 Minuten
  4. Habitam Alemu (ETH) 2:00,37 Minuten *
  5. Jemma Reekie (GBR) 2:00,43 Minuten
  6. Renelle Lamote (FRA) 2:00,86 Minuten
  7. Lindsey Butterworth (CAN) 2:01,39 Minuten
  8. Christina Hering (GER) 2:01,57 Minuten

* neue Saisonbestleistung

Zweiter Halbfinallauf

  1. Keely Hodgkinson (GBR) 1:58,51 Minuten Q
  2. Natoya Goule (JAM) 1:58,73 Minuten Q
  3. Raevyn Rogers (USA) 1:58,77 Minuten q
  4. Freweyni Hailu (ETH) 2:00,11 Minuten
  5. Anna Wielgosz (POL) 2:00,51 Minuten
  6. Majtie Kolberg (GER) 2:01,36 Minuten
  7. Noélie Yarigo (BEN) 2:01,52 Minuten
  8. Ellie Baker (GBR) 2:02,77 Minuten
  9. Catriona Bisset (AUS) 2:05,20 Minuten

Dritter Halbfinallauf

  1. Athing Mu (USA) 1:58,12 Minuten Q
  2. Diribe Welteji (TH) 1:58,16 Minuten * Q
  3. Anita Horvat (SLO) 1:59,60 Minuten * q
  4. Lore Hoffmann (SUI) 1:59,88 Minuten **
  5. Prudence Sekgodiso (RSA) 2:00,01 Minuten
  6. Elena Bellò (ITA) 2:00,34 Minuten
  7. Alexandra Bell (GBR) 2:00,82 Minuten
  8. Halimah Nakaayi (UGA) 2:01,05 Minuten
  9. Naomi Korir (KEN) 2:03,08 Minuten

* neue persönliche Bestleistung
** neue Saisonbestleistung

Horvat Überraschungsfinalistin, Hoffmann knapp draußen

Für die große Überraschung im Halbfinale sorgte Anita Horvat aus Slowenien, die als Dritte im dritten Durchgang eine persönliche Bestleistung von 1:59,60 Minuten aufstellte. Die 25-jährige, ehemalige 400m-Spezialistin kommt wie Phönix aus der Asche daher, hat vor dieser Saison die Marke von 2:03 Minuten nie unterboten, steigerte ihre Bestleistung beim Saisoneinstieg in Italien um über eineinhalb Sekunden und bei den slowenischen Meisterschaften auf eine Zeit von 2:00,31 Minuten. Das ist aber fast eine Sekunde überhalb des WM-Limits, Horvat rutschte über die Weltrangliste ins Teilnehmerinnenfeld und steht nun nach einer weiteren Steigerung sensationell im Finale. Als zweite Europäerin, als krassestmögliche Außenseiterin, aber als eine, die nichts mehr zu verlieren hat. Sie ist nun die Nummer drei der ewigen slowenischen Bestenliste.

Horvat hat einen guten Endspurt und dieser verwehrte Lore Hoffmann aus der Schweiz in ihrem mit Abstand besten Saisonrennen den Einzug ins Finale. Die 25-Jährige blieb erstmals seit zehn Monaten wieder unter zwei Minuten und wurde in der Endabrechnung Neunte. So bitter das in Halbfinalläufen ist, es scheint eine unerwünschte Schweizer Tradition zu sein. Selina Büchel, die aktuell ihre Karriere für das familiäre Glück unterbrochen hat, ist das in den letzten Jahren ebenfalls gleich zweimal passiert. Überraschender als das Ausscheiden Hoffmanns ist jenes von zwei anderen Europäerinnen: Die ehemalige U23-Europameisterin Jemma Reekie und die Französin Renelle Lamote kamen im ersten Vorlauf nicht über die Ränge fünf und sechs hinaus und blieben deutlich über zwei Minuten. Erwartungsgemäß keine Chance hatten die beiden deutschen Teilnehmerinnen Christina Hering als Achte und Letzte des ersten Halbfinallaufs sowie Majtie Kolberg, die sich als Sechste des zweiten Halbfinallaufs achtbar schlug.

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