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Mit einer Siegerzeit von 1:41,70 Minuten setzte Emmanuel Wanyonyi bei den kenianischen Olympia-Vorausscheidungen in Nairobi ein starkes Statement. Es ist die schnellste 800m-Zeit seit zwölf Jahren. Faith Kipyegon demonstrierte, nach überstandener Verletzung wieder in einer sehr guten Verfassung zu sein.
In nicht einmal zwei Monaten stehen die Olympischen Leichtathletik-Wettkämpfe von Paris auf dem Programm und Kenias Laufstars waren am vergangenen Wochenende bei den nationalen Vorausscheidungen für eine Nominierung in Nairobi erstmals in dieser Saison voll gefordert, bei den so genannten Kenya Trials. Die Olympischen Träume erfüllten sich nämlich nur für all diejenigen, die am vergangenen Wochenende eine Spitzenleistung abgeliefert haben.
Emmanuel Wanyoni hat genau das. Der 19-jährige WM-Silbermedaillengewinner von Budapest 2023 bestach mit einer Siegerzeit von 1:41,70 Minuten. Schneller ist seit den Olympischen Spielen von London 2012 kein Läufer mehr zweimal in Folge im Stadion eine ganze Runde gelaufen. Damals beim historischen Olympia-Finale 2012 stürmte David Rudisha zum immer noch gültigen Weltrekord von 1:40,91 Minuten. Nur er, der insgesamt sechsmal schneller lief als der nun zweitschnellste Kenianer der Geschichte, und sein Vorgänger, der für Dänemark an den Start gegangene Kenianer Wilson Kipketer, waren im 800m-Lauf jemals schneller als der kenianische Youngster, der nun als Favorit nach Paris fahren wird. Wanyonyi verdrängte in der ewigen Bestenliste WA-Präsident Sebastian Coe, Niijel Amos und Südamerikarekordhalter Joaquim Cruz um einen Platz nach hinten.
Dabei hing der Olympia-Start von Wanyonyi am seidenen Faden. Im Halbfinallauf am Freitag kam der Favorit nämlich eingangs der zweiten Runde zu Sturz und bekam das Finalticket erst nach einem Einspruch seines Managements zugesprochen. Wanyonyi sah in einem Statement nach seinem Triumph in diesem Sturz einen Schlüssel für die Riesenzeit. Aufgrund dieser Erfahrung sei er den Finallauf nämlich aggressiver als sonst angegangen. Davon profitierte auch die Konkurrenz: Wycliffe Kinyamal und der 21-jährige, international recht unbekannte Koitatoi Kidali sprangen mit persönlichen Bestleistungen von 1:42,50 und 1:42,66 Minuten mit auf auf den Flieger nach Paris. Das Duo liegt nun auf den Positionen 14 und 24 der ewigen Weltbestenliste.
Nicht in Paris dabei sind somit der Gold- und der Silbermedaillengewinner von Tokio: Emmanuel Korir scheiterte bereits im Vorlauf, Ferguson Rotich im Halbfinale.
Für die zweite grandiose Leistung des Wochenendes auf den Laufdistanzen sorgte Faith Kipyegon. Die zweifache Olympiasiegerin und schier unschlagbare Läuferin im 1.500m-Lauf gewann das Finale in einer Zeit von 3:53,99 Minuten, viereinhalb Sekunden vor Nelly Chepchirchir. Während es in der Geschichte schön öfters schnelle 800m-Läufe in der Höhenlage gab, ist diese Leistung, nicht einmal fünf Sekunden über ihrem eigenen Weltrekord, für die Höhenlage der kenianischen Hauptstadt von rund 1.800 Metern über dem Meer eine Sensation. Zumal Kipyegon zuletzt an einer muskulären Verletzung laborierte.
Der 30-jährige Superstar strebt in Paris gleich doppelt nach Olympischem Gold. Denn neben ihrer Spezialdisziplin, dem 1.500m-Lauf, geht Kipyegon als amtierende Weltmeisterin auch mit guten Chancen in den 5.000m-Lauf. Bei den Trials in Nairobi besiegte sie in einem taktischen Rennen immerhin die neue 10.000m-Weltrekordhalterin und zweifache Crosslauf-Weltmeisterin Beatrice Chebet mit satten sechs Sekunden Vorsprung, Margaret Kipkemboi komplettierte das Stockerl. Beide werden Kenia in Paris auch im 10.000m-Lauf vertreten.
Eine dicke Überraschung gab es auch: Weltmeisterin Mary Moraa beendete erst zum dritten Mal in den letzten knapp zwei Jahren einen 800m-Lauf nicht als Siegerin, nachdem sie auch über die halbe Distanz zuletzt von Sieg zu Sieg geeilt war. Der zweite Platz reichte aber für die Olympia Teilnahme, nicht unbedingt der dritte Platz für die fast zeitgleich über die Ziellinie laufende, erst 18 Jahre alte, kleine Schwester Sarah Moraa, die das Olympia-Limit von 1:59,30 Minuten um 0,09 Sekunden verpasste. Gewonnen hat die Ausscheidung Lilian Odira mit einer klaren persönlichen Bestleistung von 1:59,27 Minuten. Die 24-Jährige liegt außerhalb der Top-100 in der 800m-Weltrangliste, hat aber das Olympia-Limit nun in der Tasche.
Im 3.000m-Hindernislauf ordnete sich Beatrice Chepkoech als Zweite hinter Faith Cherotich ein, beide gewannen bei den letzten Weltmeisterschaften eine Medaille. Im 1.500m-Lauf musste sich Timothy Cheruiyot hinter Sieger Reynold Cheruiyot, den eine wahnsinnig schnelle Schlussrunde zu einer Zeit von 3:35,63 Minuten führte, und dem bisher unbekannten Daniel Munguti einordnen. Ronald Kwemoi gewann den 5.000m-Lauf der Männer und ist nun Kenias größte Hoffnung auf den ersten Olympiasieg in dieser Disziplin seit 1988.
Die Kenya Trials 2024 standen im Vorfeld unter keinem guten Stern und skizzieren ein nicht seltenes Chaos in der kenianischen Leichtathletik. Diverse Top-Athlet*innen sollen sich laut kenianischen Medienberichten, in Anyonymität, geweigert haben, bei den Trials anzutreten, sofern die im Ulinzi Sports Complex über die Bühne gehen würden. Dieses Stadion hat nämlich keine Zertifizierung durch den Leichtathletik-Weltverband (World Athletics), womit auch keine offiziellen Olympia-Limits auf dieser Anlage erzielt werden hätten können.
Erst zehn Tage vor Beginn des Meisterschaftswochenendes gab Athletics Kenya bekannt, die Trials doch am ursprünglich geplanten Ort, dem Nyayo Stadium, auszutragen. Die Alternativvariante war ins Gespräch gekommen, weil die beiden WA-zertifizierten Leichtathletik-Stadion in Nairobi, neben dem Nyayo Stadium auch das Kasarani Stadium, zurzeit renoviert und modernisiert werden.
🏃 Emmanuel Wanyonyis Hauptkontrahent, der amtierende Weltmeister Marco Arop, gewann bereits am Donnerstag den 800m-Lauf im Rahmen des Leichtathletik-Meetings in Edmonton in einer Zeit von 1:44,58 Minuten.
🏃 Im spanischen Nerja trug der äthiopische Verband am Freitagabend seine Trials für die 10.000m-Läufe bei den Olympischen Spielen aus. In einer spannenden Schlussphase verbesserte Yomif Kejelcha seine persönliche Bestleistung um 18 Sekunden auf eine Zeit von 26:31,01 Minuten und ist nun der siebtschnellste Läufer der Geschichte über die längste im Stadion ausgetragene Laufdistanz. Ihm folgten Berihu Aregawi in 26:31,13 Minuten, nun die Nummer acht der ewigen Bestenliste, sowie der Olympiasieger von Tokio 2021, Selemon Barega in einer Zeit von 26:43,93 Minuten.
Bärenstark war auch der Auftritt von Biniam Mehary. Der 17-Jährige verbesserte als Vierter in einer Zeit von 26:37,93 Minuten den Junioren-Weltrekord des Kenianers Samuel Wanjiru, denkwürdiger Marathon-Olympiasieger von Peking 2008. Bei den Frauen siegte Fotyen Tesfay in einer Zeit von 29:47,71 Minuten vor Tsigie Gebreselama und Ejgayehu Taye, womit klar ist, dass Gudaf Tsegay in Paris nicht über 10.000m an den Start gehen wird.
Autor: Thomas Kofler
Bild: © Mattia Ozbot / World Athletics – Emmanuel Wanyonyi wurde im vergangenen Jahr vom Leichtahletik-Weltverband zum weltbeststen U20-Athleten ausgezeichet.