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Die Stadt Birmingham ist pleite. Offiziell. Und diese Finanzprobleme in der zweitgrößten Stadt Großbritanniens haben vor knapp zwei Wochen Fragezeichen über die geplante Austragung der Leichtathletik-Europameisterschaften 2026 gesetzt. Um Gerüchten und Medienberichten das Wasser abzugraben, aber auch Perspektiven zu setzen, gab es postwendend wichtige Treffen, in denen eine Wirtschaftsbehörde, die West Midlands Combined Authority (WMCA), die Finanzierung der Austragung bestätigte. Dafür sei eine Umgestaltung des Budgetplans notwendig, das eine Gesamtfinanzierung in der Höhe von rund 35 Millionen Euro vorsieht, wovon knapp die Hälfte aus den Kassen der Stadt kommen soll. Das ist britischen Medienberichten, unter anderem der BBC, zu entnehmen. Laut eines Beitrags von „Athletics Weekly“ Anfang des Jahres fehlte in diesem Budget rund 2,5 Millionen Euro. In einem Statement zeigt sich die WMCA überzeugt, dass eine Ausrichtung einer Elitesport-Veranstaltung wie der Europameisterschaften der Leichtathletik Vorteile für die Region und der darin lebende Bevölkerung bringen kann, sowohl in Hinblick auf wirtschaftliche als auch soziale Auswirkungen.
Auch wenn der politische Wille für eine unbedingte Durchführung damit kommuniziert wurde, ist das Schreckensszenario einer Nicht-Durchführung der EM 2026 möglicherweise noch nicht vom Tisch. Birmingham ist als Sitz des Britischen Leichtathletik-Verband (UK Athletics) eine traditionsreiche Leichtathletik- und Sportstadt. 2022 führte die Stadt die Commonwealth Games durch, das Alexander Stadium, trotz des Olympiastadions in London die Adresse Nummer eins der britischen Leichtathletik, wurde dafür komplett renoviert. Die EM-Bewerbung vor 2026 argumentierte daher auch mit bestehender und modernster Infrastruktur, doch die leeren Kassen der Stadt erfuhren Belastungsgrenzen. Auch der Britische Leichtathletik-Verband ist nach verlustreichen Jahren 2023 in arge finanzielle Turbulenzen gekommen und musste sein Büro im Alexander Stadium schließen.
Die Sorge einer Nicht-Durchführung der EM 2026 ist auch die Angst vor einem Verlust der hervorragenden Reputation Birminghams als Gastgeberstadt von Großereignissen in vielen Sportarten, darunter der Leichtathletik. Vor dem Commonwealth Games 2022 richtete die Millionenstadt in Mittelengland die Hallen-Weltmeisterschaften 2003 und 2018 sowie der Hallen-Europameisterschaften 2007 aus. Der Europäische Leichtathletik-Verband (European Athletics) ist in einer ersten Reaktion ruhig geblieben und hat seinen britischen Partnern volles Vertrauen ausgesprochen – wohl auch in der Hoffnung, dass die britische Regierung aktiv wird.
Die Debatte um die Durchführung der EM 2026 trifft in eine Zeit, in der der Wert einer Ausrichtung eines Großereignisses im Sport prinzipiell neue Höhen und damit auch Herausforderungen finanzieller Natur erreicht hat. Immer mehr internationale Sportverbände finden in reichen Ländern im Nahen Osten ökonomische Gegebenheiten für die Austragung pompöser Turniere und Meisterschaften. Der Stadt Birmingham, so berichtet das kanadische Leichtathletik-Magazin „Athletics Illustrated“, machen die gestiegenen Kosten für das soziale Sicherheitsnetz in Großbritannien zu schaffen.
Die Frage, ob die Ausrichtung von Großereignissen im Sport die erhofften wirtschaftlichen Effekte erzielt oder nicht, ist eine ewig junge, aber seit Jahrzehnten präsente Frage. Olympische Spiele wie jene in Montreal 1976 oder in Athen 2004 sind Negativbeispiele, es gibt auch andere. Gegenwärtig haben die Commonwealth Games grobe Schwierigkeiten, finanzierungswillige Gastgeber zu finden, so dass gar deren Existenz nach der erfolgreichen Austragung von Birmingham 2022, als Ersatz für Durban, das das Budget nicht stellen konnte, gefährdet sein könnte. Der australische Bundesstaat Victoria hat der Veranstaltung aus offiziell finanziellen Gründen die Austragung der Commonwealth Games 2026 zurückgegeben – und zwar mit einem unschönen politischen Vorgehen. Auf der Suche nach Ersatzmöglichkeiten in Australien gibt es bisher nur Absagen, auch von Gold Coast, das auf die Infrastruktur der 2018er Ausgabe zurückgreifen hätte können. Der Bundesstaat Queensland hat freilich längst den Fokus auf die Olympischen Spiele 2032 von Brisbane.
Und in Kanada, das zum 100-Jahre-Jubiläum des Bestehens der damals noch als British Empire Games titulierten Veranstaltung die Ausgabe 2030 beheimaten soll, findet sich bisher keine Stadt oder kein Bundesstaat, das die Hürde der Bewerbung nehmen möchte.