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Im Vorfeld der Weltmeisterschaften versuchte Laura Muir nach einer schwierigen Saison Optimismus zu verbreiten. Sie sei in der besten Form ihres Lebens. Das sagte sie nach teils schwierigen Zeiten im Frühsommer, wo sie in Stockholm bei der Diamond League nur Sechste wurde und sich anschließend bei den britischen Meisterschaften hinter Katie Snowden einordnen musste – ein Ereignis, das man von der 30-Jährigen so nicht kannte. Die wechselhaften Leistungen in dieser Saison haben eine große Vorgeschichte. Über viele Jahre bildeten Andy Young und sie ein erfolgreiches Gespann, das die Athletin zur Weltklasse entwickelte, ihr Medaillen bei Olympischen Spielen, Weltmeisterschaften und Hallen-Weltmeisterschaften sowie zwei EM-Titel brachte. Ende des Winters kam es zum geräuschvollen Bruch mit dem Vertrauenscoach und dessen prominente Trainingsgruppe, der auch Jemma Reekie angehörte, zerbrach. Eine Neuerung, die in der britischen Medienlandschaft hohe Wellen schlug. Zu schön und fast (sport-)romantisch waren die Geschichten über die beiden Athletinnen, unzertrennlich wie Geschwister in einer WG-lebend, gegenseitig voneinander profitierend, beim Laufen und menschlich, sowie die gemeinsamen Erfolge unter der Trainingsarbeit mit Young. Nun gehen die beiden Schottinnen getrennte Wege und Muir entschied sich, sich an den Anlagen der Universität in Loughborough selbst zu trainieren.
Rang sechs bei den Weltmeisterschaften war aufgrund der Vorleistungen keine Überraschung, auf der Visitenkarte schrieb er sich ob der Erfolge der letzten Jahre dennoch schlecht. Ihr Standing hat der britische Verband vor der WM noch einmal unterstrichen, als er sie als Teamcaptain für die Titelkämpfe nominierte – angesichts der Anhäufung britischer Erfolge in Budapest durchaus eine Rolle, in die man nicht einfach so kommt. Der gestrige Erfolg im Rahmen von Weltklasse Zürich, wo Laura Muir in einer Zeit von 1:57,71 Minuten die zweitschnellste 800m-Zeit ihrer Karriere nach der Olympia-Generalprobe in Monaco 2021 erreichte, ist ein Achtungserfolg und ein Zeichen, dass mit der Schottin demnächst wieder zu rechnen sei. Sie sei stolz auf ihr taktisches Verhalten, meinte sie nach ihrem ersten Saisonrennen über die kürzere Mittelstrecke.
In Zürich fehlten freilich die „Big Three“ im 800m-Lauf, Weltmeisterin Mary Moraa und ihre Stellvertreterin Keely Hodgkinson, die nach der WM eine kleine Wettkampfpause einlegen, sowie Athing Mu, die vermutlich ihre Saison vorzeitig beendet hat. Das öffnete Möglichkeiten und die nutzte Muir mit einer schnellen Endphase zu ihrem zweiten Diamond-League-Erfolg in dieser Disziplin nach jenem in Monaco 2021. Auch Catriona Bisset nutzte die Bühne im mit 23.000 Zuschauern wie gewohnt restlos ausverkauften Letzigrund Stadion in der Schweizer Großstadt mit dem hohen Lebensstandard zu einer Art Wiedergutmachung. „Ich war wirklich enttäuscht, bei der WM nicht ins Finale gekommen zu sein. Somit habe ich heute gefühlt, ohne Druck laufen zu können. Ich habe versucht, smart zu laufen. Das ist mir gelungen“, sagte die Australierin. Im Kampf um den Sieg versuchte sie vergeblich, Muir bei deren Attacke auf der Gegengerade zu folgen und verlor letztendlich eine Sekunde. Sie stellte ihr bestes Diamond-League-Ergebnis vom Meeting in Rabat ein.
Auf Platz drei kam die jamaikanische WM-Finalistin Adelle Tracey, ihr erster Stockerlplatz in der Diamond-League seit Doha 2020. Zum ersten Mal, seitdem die 30-Jährige für Jamaika läuft, gewann sie ein direktes Duell gegen Natoya Goule-Toppin, die schon bei der WM im Halbfinale frühzeitig scheiterte und in der Diamond-League als Neunte so weit hinten landete, wie seit vier Jahren nicht mehr. Allerdings hat die Jamaikanerin, die jedes Diamond-League-Rennen bestritt, mit 30 Punkten die meisten in der Saison gesammelt, einen mehr als Bisset. Freilich ist dies in diesem Diamond-League-System kein brauchbarer Wink für das finale Meeting.
US-Meisterin Nia Akins beendete ihr Diamond-League-Debüt auf Platz vier vor der zweitbesten Europäerin des Tages, Renelle Lamote. Für die Französin war der fünfte Platz bedeutend, denn somit hat die WM-Halbfinalistin genügend Punkte, um als Achte für das Diamond-League-Finale qualifiziert zu sein – einen mehr übrigens als Muir. Interessant ist, dass die WM-Vierte Raevyn Rogers auf Platz sechs ihr bestes Diamond-League-Abschneiden in dieser Saison erzielte.
Einen tollen Erfolg feierte die bei der WM nach ihrem Vorlauf-Aus enttäuschte, junge Schweizerin Audrey Werro. Die Junioren-Europameisterin verbesserte ihre persönliche Bestleistung von den Junioren-Weltmeisterschaften des Vorjahrs um 0,03 Sekunden auf eine Zeit von 1:59,50 Minuten, auch ein neuer Schweizer-Juniorenrekord, und wurde vor ihrer Landsfrau Lore Hoffmann Siebte.
Eine ähnliche Dramaturgie wie letzten Sonntag bei den Weltmeisterschaften ereignete sich im 3.000m-Hindernislauf der Frauen. Vom Start weg setzten sich die beiden Kenianerinnen Beatrice Chepkoech und Faith Cherotich sowie die für den Bahrain laufende Winfed Yavi vom Rest des Feldes ab. Die drei Medaillengewinnerinnen bestimmten die Pace, der Kampf um den Sieg war aber ein Duell. Die Weltrekordhalterin führte in der letzten Runde, am Wassergraben waren sie und Yavi gleich auf und dann setzte sich die Weltmeisterin ab und siegte in einer Zeit von 9:03,19 Minuten. „Der WM-Titel war das Ereignis, für das ich so hart gearbeitet habe. Der Sieg hier in Zürich war der nächste Traum. Ich fühle mich stark und habe noch Energie für den Rest der Saison, die Atmosphäre im vollen Stadion hat mich meinen Auftritt sehr genießen lassen“, gab Yavi zu Protokoll. Es war der zweite Diamond-League-Saisonsieg nach dem Auftakt in Doha, der dritte insgesamt für die 23-Jährige.
Chepkoech („Das WM-Rennen war sehr hart und ist erst vier Tage her.“) finishte auf dem zweiten Platz (9:03,70), Cherotich kam vier Sekunden später ins Ziel. Die viertplatzierte Europameisterin Luiza Gega verbesserte ihren albanischen Rekord um 0,4 Sekunden auf eine Zeit von 9:09,64 Minuten und ist damit die elfte Europäerin mit einer Bestleistung unter 9:10 Minuten. Auf Platz fünf feierte Marwa Bouzayani die beste Diamond-League-Platzierung ihrer Karriere und blieb vor der besten Äthiopierin des Tages, die WM-Vierte Zerfe Wondemagegn. Ihr Debüt in der höchsten Meetingserie der Welt feierte die deutsche U23-Europameisterin und WM-Finalistin Olivia Gürth, die sich beachtlich schlug und Achte wurde. Gegenüber dem Südwestdeutschen Rundfunk (SWR) schilderte sie zuletzt Eindrücke, was die aufregenden letzten Wochen mit ihrer Karriere gemacht haben. „Ich werde teilweise im beim Joggen im Wald erkannt und angesprochen.“ Gürth blieb in Zürich immerhin vor Olympiasiegerin Peruth Chemutai und London-Siegerin Jackline Chepkoech, bei der die Formkurve drastisch nach unten zeigt.
Im 1.500m-Lauf der Männer, mit zehn der zwölf WM-Finalisten an der Startlinie, wollte Josh Kerr seine Superform, die ihn in Budapest zum WM-Titel vor Jakob Ingebrigtsen brachte, nutzen, um in Zürich den britischen Rekord von Mo Farah anzugreifen. Das erklärte, warum der endschnelle Schotte überraschend viel Zeit an der Spitze des Rennens verbrachte. Die Mission gelang in Abwesenheit des norwegischen Superstars nicht und Kerr fehlte in der Schlussrunde auch der Punch, um seinen ersten Sieg in der Diamond League zu realisieren. Im letzten Moment spurtete der US-Amerikaner Yared Nuguse vorbei und siegte in einer Zeit von 3:30,49 Minuten, mit nur 0,02 Sekunden Vorsprung vor Kerr. „Mein Mindset war ,Gib nicht auf! Versuche ihn einzuholen!‘ Als Josh innen geöffnet hat, bin ich voll auf Sieg gespurtet. Es war ein großartiger Wettkampf mit wunderbaren Momenten für mich“, so Nuguse. Für den 24-jährigen Amerikaner war es der zweite Erfolg in Folge in der Diamond League nach London, er ist neben Ingebrigtsen und Kipsang als einziger vorzeitig schon für das Diamond-League-Finale qualifiziert.
Abel Kipsang belegte in einer Zeit von 3:30,85 Minuten den dritten Platz vor dem Briten George Mills, der erstmals unter 3:31 Minuten blieb. Azzedine Habz, der für viel Risiko bei der WM nicht belohnt wurde, belegte Platz fünf vor dem holländischen Rohdiamanten Niels Laros, der die zweitbeste Zeit seiner Karriere erzielte. Es war sein erster Auftritt im Rahmen der Diamond League in einem Wettkampf, der auch zur Gesamtwertung zählte. Keine Chance auf eine vorderer Platzierung hatte der zwölftplatzierte Tom Elmer, der noch vor Mohamed Katir das Ziel erreichte, der in die Diamond League noch nie so weit hinten finishte.
In diesem Jahr, in dem Weltklasse-5.000m-Zeiten in Serie produziert wurden, blieb der 5.000m-Lauf in Zürich fast ein wenig im Schatten, obwohl Yomif Kejelcha in einer Zeit von 12:46,91 Minuten einen Topmarke erzielte – nur fünf Sekunden hinter dem Meetingrekord eines gewissen Haile Gebrselassie (damals übrigens ein neuer Weltrekord), der von den Wavelights angezeigt wurde. „Ich glaubte, die Pace für den Meetingrekord halten zu können und war zuversichtlich. Ich bin zwar happy mit dem heutigen Rennen, aber die Enttäuschung des WM-Abschneidens hängt noch nach“, sagte der Äthiopier, der in Budapest Fünfter war. Kejelcha, der als Qualifikationssieger ins Finale in Eugene geht, dominierte das Rennen, welches ihm seinen neunten Sieg in der Diamond League bescherte, deutlich und legte über sieben Sekunden zwischen sich und seinem zweitplatzierten Landsmann Selemon Barega, in Budapest WM-Dritter über die doppelte Distanz. Der bei der WM aufgrund von leichten gesundheitlichen Problemen vor den Trials abwesende Grant Fisher überzeugte als Dritter.
Wie bei der WM Vierter wurde Luis Grijalva aus Guatemala vor dem in der Schweiz lebenden Dominic Lobalu, für den keine Sondergenehmigung eines Starts bei den Weltmeisterschaften erzielt werden konnte, obwohl sich der Schweizer Verband dafür bei World Athletics einsetzen wollte. Bester Europäer im Rennen war der sechstplatzierte Ire Brian Fay bei seinem Diamond-League-Debüt, dahinter folgte Jonas Raess. Der äthiopische Hindernislauf-Weltrekordhalter Lamecha Girma führte eine Reihe von Aufgaben an.
Das erste Mal seit einigen Jahren war das Meeting Weltklasse Zürich nicht der Schlusspunkt der Diamond-League-Saison. Das Finale geht heuer erstmals in gut zwei Wochen in Eugene über die Bühne. Nächste Station im Finale der Qualifikationsphase für das Finale ist das Meeting im chinesischen Xiamen am kommenden Sonntag.
800m-Lauf der Frauen
1.500m-Lauf der Männer
3.000m-Hindernislauf der Frauen
5.000m-Lauf der Männer
* neue Saisonbestleistung
** neue persönliche Bestleistung
*** neuer albanischer Landesrekord