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Gerade zu Jahresbeginn steht der Vorsatz, einige Kilo abzunehmen, hoch im Kurs. Oft waren die Weihnachtsfeierlichkeiten intensiv und kulinarisch exzessiv, oft lässt die Anziehungskraft des Neujahrstags als symbolisches Datum einen besonderen Drang verspüren, positive Anpassungen im Alltagsleben vorzunehmen. Ausdauersport preist sich als effektives Mittel der Kalorienverbrennung. Große Abnehmerfolge über Sport zu feiern, ist jedoch ein eher schwieriges Unterfangen. Profitabler ist die Aussicht auf ein nachhaltiges Gewichtsmanagement und weitere entscheidende gesundheitliche Vorteile.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt Erwachsenen einen Umfang von 150 Minuten moderater bis intensiver Bewegung pro Woche als Richtwert für eine von mehreren gezielten Maßnahmen für ein gesundes Leben. Mit dieser Ausgangsposition hat eine neue im JAMA Network Open veröffentlichte Studie eines Forscherteams aus dem Iran, geleitet von Ahmad Jayedi von der School of Public Health des Imperial College in London, den Abnehmerfolg von sportlicher Bewegung anhand einer Analyse von 116 klinischen Studien mit fast 7.000 übergewichtigen Proband*innen definiert. So sei ein eine halbe Stunde aerobe Bewegung (in etwa eine Beanspruchung von weniger als 70-80% der maximalen Herzfrequenz, Anm.) gleichzusetzen mit einer theoretischen, durchschnittlichen Brutto-Reduktion von 0,52 Kilo Körpergewicht, einer Brutto-Verringerung des Taillenumfangs um 0,56 Zentimeter und einer Brutto-Reduktion des Fettanteils von 0,37%. Bis zu einer Verdopplung der Bewegungszeit nehmen die Vorteile von Bewegung beim Ziel, das Körpergewicht zu verringern, weiter zu, heißt es in der Conclusio der Studie. So die vielversprechende und wohlklingende Theorie.
Vor drei Jahren argumentierte ein Artikel im renommierten „Time“ Magazin, veröffentlicht zur selben Jahreszeit wie der vorliegende und daher auch Bezug nehmend auf die berühmten „Neujahrsvorsätze“, dass die Idee für übergewichtige und adipöse Menschen, Bewegung in ihrem Alltag zu etablieren, nicht der sinnvollste erste Schritt für ihr Ziel sei. Viel mehr seien andere Maßnahmen im alltäglichen Verhalten unter diesen Voraussetzungen effektiver, allen voran vernünftige Anpassungen im Ernährungsverhalten. Auch ausreichender, guter Schlaf kann beim Gewichtsmanagement eine wichtige Rolle übernehmen.
Bei moderatem Sport seien die Erfolgserwartungen oft nämlich mit kleinen Schritten in die richtige Richtung kaum zu erfüllen und die Gefahr, dass Frustration die Motivation überlagert, groß. Schließlich könne ein schwer übergewichtiger Mensch nicht gleich mit einer Sportintensität und mit einem Sportumfang beginnen, der schnellere Erfolge im Abnehmwunsch laut Theorie zuließe. Auch prinzipiell wird der Abnehmeffekt durch das Laufen erst nach einigen Wochen sichtbar.
Dass Laufen Wunderdinge beim Abnehmen erwirkt, mag in vielen, oft medial überbetonten Einzelfällen und singulären Geschichten freilich stimmen. Soziale Netzwerke bieten Idealbühnen für oft euphorisch dargestellte Jubelstorys, die gut ankommen. Nicht selten ist das Laufen in solchen idolisierten Erfolgserzählungen Teil eines Gesamtkonzept mit radikalen Lebensveränderungen. Niemand berichtet dagegen, wenn Abnehmziele nicht erreicht werden.
Natürlich hilft sportliche Betätigung beim Verbrennen von Kalorien und bei einem optimierten Energieverbrauch. Der dahinter treibende Wunsch ist übrigens weit verbreitet: Nach einer Umfrage von Runner’s World ist das Halten ihres Gewichts ein Leitmotiv von 40% der Läufer-Community, regelmäßig die Laufschuhe zu schnüren. Des Weiteren möchte jede*r Fünfte mit Laufen abnehmen.
Der bekannte Anthropologe Herman Pontzer von der City University of New York hat das Laufen als Schlankmacher mit einigen anerkannten Studien merklich entzaubert. Er geht davon aus, dass der menschliche Körper so eingestellt ist, den täglichen Energieverbrauch konstant zu halten und zwar unabhängig des Bedarfs. Erhöhen wir unser Aktivitätsniveau, passt sich der Körper zeitversetzt daran an, indem er bei anderen Prozessen Einsparungsmaßnahmen vornimmt. Pontzer glaubt auf Basis seiner wissenschaftlichen Forschungen über den menschlichen Stoffwechsel nicht, dass Menschen, die sich viel bewegen, entscheidend mehr Energie aufwenden als jene, die den ganzen Tag im Sitzen verbringen. Die Erkenntnis brachte ihm vorwiegend seine Forschung bei einem Naturvolk in Tasmanien, die er mit bewegungsarmen Gesellschaften in der westlichen Welt verglich. (vgl. Tagesanzeiger)
Diese Argumentation legt dar, dass Laufen und Bewegung keine Wundermittel sind. Aber: Laufen und Bewegung liefern andere essentielle Vorzüge. Sie minimieren nachweislich gesundheitliche Risiken, schützen präventiv vor etlichen weit verbreiteten Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Störungen, Krebs sowie Diabetes und stärken die psychische Gesundheit. Sportliche Bewegung ist eine nachhaltig erfolgsversprechende Maßnahme innerhalb eines Lebenskonzepts. Sie sorgt dafür, dass der Körper besser funktioniert und das Wohlbefinden höher ist. Sie hält ihn fit. Je besser die körperliche Fitness, desto wahrscheinlicher ein langes, gesundes, beschwerdearmes Leben.
Zu guter körperlicher Fitness gehört naturgemäß auch ein entsprechendes Körpergewicht. Ist das Laufen keine Wunderwaffe beim Abnehmprozess, so ist das Laufen extrem effektiv beim Ziel, das Gewicht zu halten und nicht zuzunehmen. Denn die sportliche Bewegung reguliert den Körperfettanteil, indem er ihn für die Energieverwendung regelmäßig anzapft. Sportliche Bewegung optimiert außerdem Stoffwechselprozesse im Körper und sorgt für effektives Kalorienverbrennen. Sie ist eine Maßnahme, die Kalorienbilanz gezielt so zu steuern, dass mehr Energie verbraucht als durch Ernährung aufgenommen wird. Tag für Tag, wodurch Alltagsbewegungen wie Fußwege, Treppensteigen oder Gartenarbeit eine wichtige Rolle einnehmen.
Sportliche Trainingseinheiten liefern das Plus in der Kalorienbilanz: Je nach Bewegungsintensität und Bewegungsart wird mehr Energie verbraucht. Im Vergleich der Sportarten ist Laufen auf der Hitliste des Kalorienverbrennens als Ausdauersport und als Bewegungsart, die den gesamten Körper permanent fordert, ganz oben. Isoliert betrachtet, lassen sich in einer Stunde Laufen, abhängig vom Tempo und von körperlichen Voraussetzungen, laut wissenschaftlichen Erkenntnissen rund 700-800 Kalorien verbrennen, bei hoher Laufgeschwindigkeit sogar über 1.000.
Dass langsames Laufen am effektivsten beim Abnehmen hilft, ist ein widerlegter Mythos. Aber es hilft, eine hohe Bewegungsdauer zu erreichen, die Ausdauerfitness zu steigern und lästigem Fettgewebe den Kampf anzusagen. Intervalle gelten als Geheimnis für nachhaltigen und hohen Energieverbrauch, nicht nur den geringeren zeitlichen Aufwand berücksichtigend. Aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse empfehlen, generell und spezifisch für das Ziel des Gewichtsmanagements, neben abwechslungsreichen Laufeinheiten auch ergänzendes Krafttraining, mindestens einmal pro Woche. Eine gestärkte Muskulatur, bzw. ab einem bestimmten Alter eine erhaltene Muskulatur, hilft durch eine effizientere Arbeitsweise beim Kalorienverbrennen und folglich beim Abnehmen.
Nicht zu jeder Tageszeit ist der Energieverbrauch gleich hoch. Laut Einschätzungen eines Forscher*innenteams des „Karolinska Institutet“ in Stockholm und der Universität in Kopenhagen auf Basis von Experimenten an Mäusen ist das Laufen in den Vormittagsstunden bei der Gewichtsreduktion am effektivsten. Laut einer anderen Studie aus Holland lässt sich auch beim Sport am Nachmittag und am frühen Abend effektiv Kalorien verbrennen.
Da Bewegungsmangel und schlechte körperliche Fitness ein potenter Auslöser zahlreicher gesundheitsgefährdender Erkrankungen sind, ist im Umkehrschluss ein regelmäßiges Bewegungspensum ein nicht essentieller, aber wichtiger Grundstein für gute Gesundheit. Daher habe zwar das Verhindern von Übergewicht und das Abnehmen Priorität. Aber selbst wenn das nicht gelinge, sei regelmäßige Bewegung bei Übergewicht von gesundheitlichem Vorteil. Zu dieser Erkenntnis kommt eine Meta-Studie von Glenn Gaesser von der Arizona State University und Siddharta Angadi von der University of Virginia, veröffentlicht im Fachmagazin „iScience“ im Jahr 2021. Auch Spazieren gehen und leichtes Krafttraining lieferten bereits positive Effekte.
Eine aktuelle Studie eines Forscher*innenteams der Universität in Jyväskylä in Finnland kommt zur selben Erkenntnis. Die Conclusio lautet, dass Laufen in Kombination mit Kräftigungstraining für die Muskeln sich grundsätzlich positiv auf den Körperfettanteil auswirkt und diese Wirkung langfristig positive Effekte für die Gesundheit hat. Diese Studienergebnisse wurden Anfang 2024 im Fachmagazin „Frontiers“ publiziert.
Das Fazit: Sportliche Bewegung wie das Laufen sind ein wichtiger Bestandteil eines gesundheitsfördernden Lebens. Rufzeichen. Dazu gehört neben der gesundheitlichen Prävention und der Optimierung etlicher Körperfunktionen auch die Stärkung der Körperstruktur – besonders der Muskulatur, der Gelenke und der Sehnen. Beim Gewichtsmanagement übernimmt das Laufen eine tragfähige Rolle.
Beim Wunsch, abzunehmen, liegt der Fokus aber auf dem Ernährungsverhalten. Saisonal bedingt essen wir im kalten Winter mehr als im warmen Sommer, so ist die durchschnittliche Kalorienaufnahme zurzeit also etwas höher als im Jahresschnitt – und damit auch der Bedarf des Energieverbrauchs.
Auch der Winter bietet hervorragende Möglichkeit, mit der Ernährungswahl den Prozess des Gewichtverlusts zusätzlich zu unterstützen. Ein Beispiel: Orangen und Mandarinen enthalten ein Flavonoid namens Nobiletin, welches nicht nur das Abnehmen unterstützt, sondern auch vor weiteren Erkrankungen schützt, wie eine 2020 veröffentlichte Studie der University of Western Ontario in Kanada anhand von Tests an Mäusen.
Mehr sportliche Bewegung ist ein guter und sinnvoller Neujahrsvorsatz, insbesondere, wenn sie im letzten Jahr zu kurz gekommen ist. Wenn die guten Neujahrsvorsätze heute noch in den in den Gedanken verankert sind, ist übrigens ein wesentlicher Schritt gelungen. Statistisch gesehen werden die meisten Neujahrsvorsätze nämlich am 17. Jänner ad acta gelegt.
Autor: Thomas Kofler
Bild: © Unsplash / Jenny Hill