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Ist die Stimmung am großen Marathon-Sonntag bei den Weltmeisterschaften in London nur annähernd so gut wie damals bei den Olympischen Marathons von London 2012, steht einem prächtigen Marathon-Fest nichts entgegen. Die Läuferinnen genießen die ungeteilte Aufmerksamkeit der gesamten Leichtathletik-Welt, da…
Ist die Stimmung am großen Marathon-Sonntag bei den Weltmeisterschaften in London nur annähernd so gut wie damals bei den Olympischen Marathons von London 2012, steht einem prächtigen Marathon-Fest nichts entgegen. Die Läuferinnen genießen die ungeteilte Aufmerksamkeit der gesamten Leichtathletik-Welt, da der Marathonlauf der Damen zwischen den beiden Sessions im Olympiastadion stattfindet. Die außergewöhnliche Startzeit, drei Stunden nach den Herren, um 14 Uhr Ortszeit dürfte meteorologisch laut den Prognosen kein übertriebenes Problem darstellen. Die Befürchtungen eines Hitzerennens sind deutlich geschwächt. Auf dem spektakulären Marathonkurs durch die Londoner Innenstadt (siehe Video unten) lauern einige enge Kurven, dafür bietet sich den Läuferinnen eine atemberaubende Kulisse mit Sehenswürdigkeiten wie die Tower Bridge, das Parlament, die Saint Paul’s Cathedral oder die Bank of England. Start und Ziel befinden sich übrigens auf der Tower Bridge, die Damen absolvieren dieselbe Strecke wie die Herren. Die 94 Athletinnen aus 46 Nationen müssen den Rundkurs muss viermal umrunden. Aus sportlicher Sicht steht das Duell der beiden letzten Weltmeisterinnen im Vordergrund.
Bewerb: Marathon der Damen
Startzeit: Sonntag, 6. August um 14:00 Uhr Ortszeit (15:00 Uhr MEZ)
Olympiasiegerin 2016: Jemima Sumgong (Kenia) *
Titelverteidigerin: Mare Dibaba (Äthiopien)
Rekord-Weltmeisterin: Edna Kiplagat, Catherine Ndereba (beide Kenia, je zwei WM-Titel)
Erfolgreichste Nation: Kenia (vier WM-Titel)
WM-Rekord: Paula Radcliffe (Großbritannien) in 2:20:57 Stunden (Helsinki 2005)
Weltjahresbestleistung 2017: Mary Keitany (Kenia) in 2:17:01 Stunden (London)
Favoritinnen: Mare Dibaba (Äthiopien), Edna Kiplagat (Kenia), Eunice Kirwa (Bahrain)
Deutsche Teilnehmerinnen: Fate Tola, Katharina Heinig
*aktuell wegen Dopings suspendiert
Viermal gewann Kenia WM-Gold bei den Damen, zweimal durch Catherine Ndereba, zweimal durch Edna Kiplagat. Die zweifache Mutter ist der Inbegriff einer WM-Spezialistin, denn ihre größten Erfolge feierte sie bei den Weltmeisterschaften von Daegu und Moskau. Der Plan vom Hattrick in Peking ging schief, in der Hitze der chinesischen Hauptstadt schrammte der Routinier am Podest vorbei, weil im absoluten Finale andere Läuferinnen frischer waren. Darunter auch Weltmeisterin Mare Dibaba.
Die Analyse war schnell in Form gegossen: Die erfahrene und in die Jahre gekommene Kenianerin konnte im Finale mit den jüngeren Läuferinnen nicht mehr mithalten. Und der Schlussphase eines Marathons kommt nirgends so große Bedeutung zu wie bei Meisterschaftsrennen, bei denen die erste Hälfte – oder wie in Peking fast die gesamte Distanz – häufig mit konservativem Tempo bei allseitigem Belauern gelaufen wird. Zur Erinnerung: In Moskau profitierte Kiplagat von der unwiderstehlichen Tempoarbeit der Italienerin Valeria Straneo, die das ganze Feld zermürbt und Kiplagt auf diese Weise die Goldmedaille praktisch auf dem Silbertablett serviert hatte.
Diese an sich plausible Theorie hatte Potenzial, bis zum Boston Marathon 2017. Dort feierte Edna Kiplagat eine Art Wiederauferstehung – oder, wie man so häufig sagt, sie feierte ihren zweiten Frühling. Das Eindrucksvollste waren nicht nur der großartige Erfolg und die beachtliche Laufzeit von 2:21:52 Stunden, sondern ein Teilstück dieses Marathons. Die Passage zwischen Kilometer 30 und Kilometer 40, auf der Strecke des Boston Marathon nicht unbedingt das aller leichteste Teilstück, absolvierte die 37-Jährige binnen unfassbaren 32 Minuten und drei Sekunden! Wenn die Kenianerin diese Teilzeit in London auf den finalen zehn Kilometern eines Meisterschaftsrennens auch nur annähernd wiederholen kann, lautet die Frage nicht, ob sie mit den jungen Rivalinnen mithalten kann, sondern ob die jungen Läuferinnen auf dieses Tempo eine Antwort finden. „Ich habe genug Erfahrung für große Rennen und weiß, was auf mich zukommt. Ich bin gut vorbereitet“, zeigt sich die 37-Jährige in kenianischen Medien zuversichtlich. 21 Jahre (!) nach ihrem ersten Rennen im kenianischen Nationalteam, damals bei der Junioren-WM in Sydney, soll der dritte WM-Titel im Marathon her.
Wie Edna Kiplagat ist auch die Äthiopierin Mare Dibaba eine Spezialistin für Meisterschaftsrennen. Neben Kiplagat ist sie die einzige WM-Starterin, die bereits unter 2:20 Stunden gelaufen ist bei ihrem Sieg in Xiamen 2015. Das Sahnestück ihrer Karriere lieferte sie jedoch sieben Monate später ab, als sie in Peking ein furioses Marathon-Finale im Schlussspurt gegen Helah Kiprop gewann und die Goldmedaille umgehängt bekam. Auch bei den Olympischen Spielen demonstrierte die kleine Äthiopierin ihre Klasse und holte hinter der mittlerweile wegen Dopings suspendierten Kenianerin Jemima Sumgong und Eunice Kirwa aus dem Bahrain die Bronzemedaille. Der WM-Marathon in London ist der erste für die 27-Jährige, den sie beenden möchte, seit Rio, denn den London Marathon im April musste sie aufgeben.
Neben Edna Kiplagat und Mare Dibaba sind naturgemäß auch die anderen Teilnehmerinnen aus Kenia und Äthiopien auf der Liste der Medaillenkandidatinnen. Helah Kiprop hat in Peking mit der Silbermedaille bewiesen, dass sie dem Druck standhalten kann, und beim Tokio Marathon ein halbes Jahr später, dass sie auch schnelle Zeiten laufen kann. Die dritte Kenianerin im Rennen ist die ehemalige Siegerin des Vienna City Marathon und Commonwealth-Games-Champion, Flomena Cheyech, die sich in einer fünfköpfigen Gruppe mit Bestleistungen knapp über 2:21 Stunden befindet. Für Äthiopien, das erst einmal die Marathon-Weltmeisterin stellte und überhaupt erst zwei Medaillen in dieser Disziplin holte, sind neben Dibaba Aselefech Mergia, die erfahrene Bronzemedaillengewinnerin von 2009, Birhane Dibaba und Shure Demise im Einsatz (aufgrund der Wildcard für die Titelverteidigerin hat Äthiopien vier Startplätze, Anm.). Mit einer Bestleistung von 2:19:31 Stunden ist Mergia die schnellste Läuferin im Feld, diese Zeit ist sie allerdings bereits vor fünfeinhalb Jahren gelaufen. Ein bärenstarkes Team stellt das Wüstenemirat Bahrain, das auf kenianische Wurzeln setzt. Neben Olympia-Silbermedaillengewinnerin Eunice Kirwa haben auch Eunice Chumba und die Olympia-Achte Rose Chelimo das Potenzial, um die Medaillen mitzulaufen. „Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir eine sehr erfolgreiche WM gestalten können“, sagt Kirwa, die vor zwei Jahren in Peking WM-Bronze gewann, stellvertretend für das bahrainische Trio.
Die Liste der Medaillenkandidatinnen gilt es auf jeden Fall um einen weiteren Namen zu ergänzen. Die Japanerin Yuka Ando, gerade einmal 23 Jahre alt, lieferte heuer beim Nagoya Marathon, den Kirwa gewann, ein sensationelles Debüt in einer Zeit von 2:21:36 Stunden ab. Ruft sie dieses Potenzial auch im zweiten Marathon-Versuch ab, ist eine Medaille für Japan drin. Seit 1993 stand nur viermal keine japanische Läuferin auf dem WM-Podest. Maximal Außenseiterchancen darauf haben Mao Kiyota und Risa Shigetomo. Eine kleine Chance auf das Stockerl hat vielleicht auch die US-Amerikanerin Amy Cragg, die bei den Olympischen Spielen auf Platz neun ins Ziel kam. Das durchaus starke US-Team wird komplettiert von Serena Burla, eine Läuferin, die eine Krebserkrankung überstanden hat, und Lindsey Flanagan, die im vergangenen Jahr beim Frankfurt Marathon aufzeigen konnte.
Für die europäischen Marathonläuferinnen wird es nicht leicht, eine Spitzenplatzierung zu erzielen, zumal kaum namhafte europäische Läuferinnen am Start stehen. Die besten Voraussetzungen dafür hat die zweifache Siegerin des Vienna City Marathon, Fate Tola. Seit knapp einem Jahr ist die gebürtige Äthiopierin für Deutschland startberechtigt, mit einem Sieg beim Hannover Marathon feierte sie eine gelungene Generalprobe für ihren ersten großen Auftritt im schwarz-rot-goldenen Nationaldress. Läuft alles nach Wunsch, ist ein Top-Ten-Platz für die 29-Jährige nicht unmöglich.
Als zweite deutsche Marathonläuferin hat sich Katharina Heinig, Tochter von Katrin Dörre-Heinig, qualifiziert. In die Fußstapfen ihrer Mutter zu steigen, die bei der WM 1991 in Tokio die Bronzemedaille gewann und außerdem eine Olympische Bronzemedaille in Seoul 1988, ist eine zu große Aufgabe. „Ich habe gesehen, wie hart meine Mutter gearbeitet hat. Das hat mich geprägt“, erzählt die 27-Jährige. Für Heinig, deren Mutter ihr ein großes Potenzial bescheinigt, stellt beim WM-Debüt ein Platz im vorderen Mittelfeld eine realistische Zielsetzung dar. „Ich möchte unbedingt eine gute Leistung abliefern. Dann ist ein Platz unter den ersten 20 möglich. Bei einer WM kann viel passieren“, so Heinig in einem Bericht auf der Website der IAAF.
Martina Strähl musste aufgrund einer Stressfraktion im Kreuzbein – dieselbe Verletzung wie bei Marathon-Kollege Tadesse Abraham – ihr WM-Debüt absagen (siehe RunAustria-Bericht).
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IAAF Weltmeisterschaften 2017 in London