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Vorwiegend ging es im Winter nicht um die WM-Teilnahme von Budapest. Natürlich auch, schließlich ist die WM das Ziel, auf das alle hinarbeiteten. Aber es ging hauptsächlich um seine Reputation als Sportler. Peter Bol, Olympia-Vierter im 800m-Lauf, gab Ende letzten Jahres in Australien eine Dopingprobe ab, die in ihrer Auswertung ein positives Ergebnis auf EPO aufwies. Die zuständige Behörde in Australien, Sports Integrity Australia, suspendierte den 29-Jährigen provisorisch. Dies wurde zum Ärgernis des Athleten publik, der sich daher nicht nur vehement gegen die Anschuldigungen wehren musste, sondern auch mit Vehemenz seiner Unschuldsbehauptung in der Öffentlichkeit Gehör zu verschaffen versuchte. Dies führte zu einem Prozess, der in der Tat diskussionswürdig blieb, spätestens als bekannt wurde, dass die Analyse der B-Probe keine deckungsgleichen Resultate mit der A-Probe brachte und damit die Anschuldigungen gegenüber Bols fallen gelassen wurden. Bereits davor sind norwegische Wissenschaftler Bol an die Seite gesprungen, als sie in der Öffentlichkeit die EPO-Analyse-Methoden kritisierten und damit bezweifelten, dass Bols Probe tatsächlich positiv war.
Dennoch gab Sports Integrity Australia erst vor drei Wochen der Öffentlichkeit bekannt, den Fall Peter Bol nicht weiter zu verfolgen, was einem Freispruch gleichkommt. Dass Peter Bol dies auch während der Wettkampfsaison belastet haben könnte, meinen australische Medienbeiträge. „Niemand soll jemals das erleben müssen, wodurch ich in diesem Jahr gehen musste“, wird der 29-Jährige in einem Medienbericht der BBC zitiert. Er betonte, stets beteuert zu haben, ein sauberer Athlet zu sein. In einem Statement stärkte der Australische Leichtathletik-Verband (Athletics Australia), davor stets in abwartender und diplomatischer Position, dem Athleten den Rücken. „Dieser Fall wirft ernsthafte Fragen über die Genauigkeit und Beständigkeit von EPO-Proben auf. Peter Bol war in den letzten sieben Monaten in einem schädlichen Niemandsland gefangen, eine schwierige Zeit. Er verdient sich transparente Antworten, die erklären, was hier schief gelaufen ist“, so Verbandschef Peter Bromley, etwa zitiert auf der Website des kenianischen Radiosenders Capital FM. In einem Medienbericht in der Brisbane Times vom 5. August bezeichnet einer des norwegischen Forscherteams, Jon Nissen-Meyer die Ergebnisse der EPO-Analysen aus dem WADA-akkreditierten Labor in Köln als nicht vertrauenswürdig.
In Budapest lief Bol im sechsten der sieben Vorläufe und belegte dort nur Platz fünf. Mit der Zeit von 1:46,75 Minuten war er weit davon entfernt, über die Zeitregel aufzusteigen – aber er war auch gleich eine Sekunde vom dritten Platz entfernt, den Slimane Moula hinter Abdelaati El Guesse und Andreas Kramer einnahm. Im Gegensatz zu Bol schaffte sein Landsmann Joshua Deng, der ihm in Laufe des Sommers den australischen Rekord abgenommen hatte, den Aufstieg ins Halbfinale.
Als ersten der großen Namen hatte es im dritten Vorlauf den zweifachen Medaillengewinner bei Weltmeisterschaften Amel Tuka erwischt, der allerdings 2023 nicht so stark ist wie in den Jahren zuvor. Wenige Minuten später scheiterte Olympia-Silbermedaillengewinner Ferguson Rotich als Sechster im vierten Vorlauf, wo mit Bryan Hoppel als Zweitem hinter Hallen-Europameister Adrian Ben zumindest einer der US-Amerikaner den Aufstieg schaffte.
Auch Titelverteidiger Emmanuel Korir, der bereits bis dato in dieser Saison weit weg von den Leistungen der Vorjahre blieb, ist nicht mehr im Rennen um die Medaillen. Er wurde im fünften Vorlauf Vierter und scheiterte in einer Zeit von 1:46,78 Minuten an Benjamin Robert aus Frankreich, Ben Pattison aus Großbritannien und U23-EM-Medaillengewinner Mohamed Attaoui aus Spanien. Der Kenianer versuchte sichtlich alles, aus seinem Körper herauszuholen und lief tatsächlich den schnellsten Wettkampf des Jahres. In diesem beachtlich stark besetzten Vorlauf hatte auch der US-Amerikaner Clayton Murphy mit einem für seine Verhältnisse untypisch schwachen Endspurt keine Chance.
Der Italiener Francesco Pernici war in einer Zeit von 1:45,89 Minuten der schnellste der Ausgeschiedenen, das ist, wie schon standardmäßig bei diesen Titelkämpfen, ein neuer WM-Rekord (bisher 1:46,05, Oregon 2022). Die Vorläufe waren erstaunlich gleichwertig, nur der kenianische Topfavorit Emmanuel Wanyonyi blieb als Sieger des ersten Vorlaufs in 1:44,92 Minuten unter 1:45 Minuten, WM-Bronzemedaillengewinner Marco Arop gewann den siebten Vorlauf und erzielte die zweitbeste Marke. Nur die europäischen Nationen Frankreich, Großbritannien und Spanien stehen mit drei Athleten in den 800m-Halbfinals!
Tags darauf standen am Vormittag die 800m-Vorläufe der Frauen auf dem Programm und die wichtigste Nachricht war jene, dass Titelverteidigerin Athing Mu an der Startlinie stand. Sie gewann auch gleich Vorlauf Nummer sieben von sieben in einer Zeit von 1:59,59 Minuten und war damit eine von zwölf Athletinnen, die eine Leistung unter zwei Minuten anboten. Gesamtschnellste war Nia Akins aus den USA in 1:59,19 Minuten vor Habitam Alemu aus Äthiopien und Catriona Bisset aus Australien, dann folgten die großen Namen der letzten Meisterschaftsentscheidungen, Keely Hodgkinson und Athing Mu.
Bisher war die WM in Budapest keine für den Deutschen Leichtathletik-Verband und erst recht nicht die Laufentscheidungen. Aber die Saisonbestleistung von Christina Hering in 2:00,06 Minuten ist mit dem verbundenen Aufstieg ins Halbfinale morgen Abend ein Hoffnungsschimmer. Dagegen kam für Landsfrau Majtie Kolberg bereits das Aus. Vom Schweizer Trio hat nur die erfahrene Lore Hoffmann den Sprung ins Halbfinale geschafft. Junioren-Europameisterin Audrey Werro blieb genauso hängen wie Rachel Pellauds, Werros Aus war die wohl größte Überraschung der Vorläufe. Schnellste der Ausgeschiedenen war Gabriela Gajanova in 2:00,39 Minuten, so hoch war das Niveau im 800m-Lauf noch nie.
Am gestrigen Abend standen dann die Vorläufe im 5.000m-Lauf und 3.000m-Hindernislauf auf dem Programm. Im zweiten Vorlauf über 5.000m standen sich gleich Sifan Hassan und Faith Kipyegon gegenüber und die Holländerin organisierte sich Zutrauen mit einigen Führungsrunden. Ihre Endzeit von 14:32,29 Minuten war die schnellste aller Teilnehmerinnen, ein Hauch später überquerte die Weltrekordhalterin die Ziellinie. Die Kenianerin ist nach ihrem Triumph über 1.500m die Favoritin im Finale am Samstagabend.
Neben den vier Äthiopierinnen, die von Titelverteidigerin und 10.000m-Weltmeisterin Gudaf Tsegay angeführt werden, die als Zweite des ersten Vorlaufs hinter der kenianischen Mitfavoritin auf Edelmetall, Beatrice Chebet, sich locker für das Finale qualifizierte, und vier Kenianerinnen (Chebet hat als Diamond-League-Siegerin eine Wildcard), schafften es noch acht Nicht-Afrikanerinnen ins Finale. Das sind die US-Amerikanerinnen Elise Cranny und Alicia Monson, die Holländerinnen Sifan Hassan und Maureen Koster, die Japanerin Nozomi Tanaka, die mit einem Landesrekord von 14:37,98 Minuten überzeugte (den alten von Ririka Hironaka, die im Vorlauf scheiterte, pulverisierte sie um 15 Sekunden), die Mexikanerin Laura Galvan, ebenfalls mit einem neuen Landesrekord in 14:43,94 Minuten, die Italienerin Nadia Battocletti und die lettische 5.000m-Junioren-Europameisterin Agate Caune, die eine persönliche Bestleistung von 15:00,48 Minuten lief. Die 19-Jährige hatte zwischenzeitlich als Solistin einen großen Vorsprung und absolvierte ungeachtet der hochkarätigen Rahmenbedingungen einfach ihren individuellen Tempolauf.
Prominenteste Nicht-Qualifizierte ist Jessica Hull aus Australien, der möglicherweise die Strapazen der drei 1.500m-Runden in den Knochen steckten. Das gilt wohl auch für die italienische Überraschungsfinalistin auf der Mittelstrecke, Ludovica Cavalli. Kein Problem mit dem 1.500m-Finale des Vortags hatte jedoch Sifan Hassan, die mit dem 5.000m-Lauf ihre bereits dritte Disziplin in Budapest in Angriff nahm.
Im 3.000m-Hindernislauf war die Aufgabe eine durchaus delikate: In drei Vorläufen kamen nur jeweils fünf Läuferinnen ins Finale, die Zeitregel gibt es bekanntlich nicht mehr. Das hatte zur Folge, dass die persönliche Bestleistung von Alicja Konzeczek von 9:23,45 Minuten nicht für den Finaleinzug reichte, was zur Abwechslung kein neuer Rekord ist. Im Vorjahr reichte eine Zeit von 9:21,10 Minuten nicht für den Finaleinzug.
Im ersten Vorlauf hielt sich Mitfavoritin Beatrice Chepkoech als Zweite hinter Winfred Yavi schadlos. Im zweiten Vorlauf, den das kenianische Talent Faith Cherotich gewann, erwischte es mit der ehemaligen Weltmeisterin Emma Coburn einen großen Namen. Doch die US-Amerikanerin erlitt eine Oberschenkelverletzung und musste deshalb ihr Tempo reduzieren. Für die US-Szene ein Debakel, denn im ersten Vorlauf war US-Meisterin Kristlin Gear, Trainingspartnerin von Coburn, gescheitert. In Vorlauf drei gab es ebenfalls einen kenianischen Sieg, Jackline Chepkoech erzielte in 9:16,41 Minuten die schnellste aller Vorlaufzeiten. Die europäischen Finalistinnen sind Europameisterin Luiza Gega aus Albanien, die Französin Alice Finot, die Slowenin Marusa Mismas-Zrimsek und die deutsche U23-Europameisterin Olivia Gürth, die in einer Zeit von 9:24,28 Minuten eine neue persönliche Bestleistung aufstellte. Gürth holte im letzten Umlauf noch die Spanierin Irene Sanchez-Escribano ein, die davor zu viel riskiert hatte, als sie versuchte, in der fünfköpfigen Spitzengruppe zu bleiben.