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Zweites Gold für Battocletti – Jubel bei Lobalu

Nadia Battocletti gewann nach dem 5.000m-Lauf bei der EM in Rom auch den 10.000m-Lauf. Gold gab es auch für Dominic Lobalu und Keely Hodgkinson.
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Nadia Battocletti hat am Dienstagabend vor heimischem Publikum im Stadio Olimpico von Rom ihre zweite Goldmedaille gewonnen. Wie schon über die halbe Distanz am Freitagabend verbesserte sie im 10.000m-Lauf den italienischen Rekord. Bei den Männern krönte der für die Schweiz laufende Dominic Lobalu seine beeindruckende und einzigartige Lebensgeschichte mit EM-Gold. EM-Gold alleine konnte 800m-Star Keely Hodgkinson nicht glücklich stimmen.

Eines zog sich in den sechs Wettkampftagen von vorne bis hinten durch. Trotz der organisatorischen Mängel und der teilweise frappierend leeren Tribünen im Olympiastadion von Rom performte das Gastgeberteam auf beeindruckende Art und Weise. Von der azurblauen Feierlaune getragen war auch Nadia Battocletti, die nach den 5.000m auch die 10.000m in eindrucksvoller Art und Weise für sich entschieden hat. Gelungen ist dieses Doppel-Gold auf den beiden längsten Laufdistanzen auf der Bahn bisher Sonia O’Sullivan 1998, Elan Abeylegesse 2010 und Yasemin Can 2016.

Außergewöhnlich ist es aber, beides mit einem italienischen Rekord zu tun. Über 5.000m lief die 24-jährige Norditalienerin sechs Sekunden schneller als bei ihrem Vorgängerrekord. Gestern verbesserte sie den bisherigen 10.000m-Landesrekord der bereits verstorbenen, langjährigen VCM-Streckenrekordhalterin Maura Viceconte um 14 Sekunden auf eine Zeit von 30:51,32 Minuten. „Es ist ein Wunder. Ich hätte niemals das erwartet, was ich hier geschafft habe. Es waren magische Nächte, an denen ich wachsen werde“, jubelte die 24-Jährige. Drei Prüfungen habe sie in der Woche vor der EM geschrieben, eine zum Thema Holzbau an der Universität in Trento erst am Tag vor der Anreise nach Rom, schob sie im Interview mit European Athletics nach. „Alle Herausforderungen auf großartige Weise bestanden!“

Ergebnis 10.000m-Lauf der Frauen, EM 2024
Gold: Nadia Battocletti (Italien) 30:51,82 Minuten (italienischer Rekord)
Silber: Diane van Es (Niederlande) 30:57,24 Minuten (persönliche Bestleistung)
Bronze: Megan Keith (Großbritannien) 31:04,77 Minuten

 
4. Federica Del Buono (Italien) 31:25,41 Minuten (persönliche Bestleistung)
5. Klara Lukan (Slowenien) 31:34,90 Minuten
6. Elisa Palmero (Italien) 31:38,45 Minuten (persönliche Bestleistung)
7. Jasmijn Lau (Niederlande) 31:15,91 Minuten (persönliche Bestleistung)
8. Nina Chydenius (Finnland) 32:16,85 Minuten (persönliche Bestleistung)
9. Lisa Merkel (Deutschland) 31:17,24 Minuten
10. Chloé Herbiet (Belgien) 31:17,88 Minuten

19. Eva Dieterich (Deutschland) 33:17,78 Minuten

Konstant und überlegen

Es ist erstaunlich, mit welcher taktischen Konsequenz Nadia Battocletti ihre EM-Rennen bestritt. Im 5.000m-Lauf bot ihr die Arbeit von Karoline Bjerkeli Grövdal die Rampe, die sie für einen starken Endspurt zu Gold nutzte. Jede einzelne Runden- und Kilometerzwischenzeit vom Start bis zur Zwischenzeit bei 9.000m lag die Italienerin ausnahmslos auf der zweiten oder ersten Position. Lange Zeit, nämlich bis 6.000m, führte eine von Battoclettis jahrelangen Kontrahentinnen, Klara Lukan, das Rennen an. Die Slowenin hatte sie 2019 bei den Junioren-Europameisterschaften im 5.000m-Lauf überraschend besiegt.

Zu diesem Zeitpunkt war Eilish McColgan, Commonwealth-Champion über diese Distanz, bereits ausgestiegen. Die Form der Frauenlauf-Siegerin reichte nicht, um um die Medaillen mitzukämpfen. Als Battocletti die Führung übernahm, hängten sich Diane van Es und Megan Keith in deren Windschatten. Lukan gestaltete die Verfolgergruppe gemeinsam mit Federica Del Buono aus dem starken italienischen Team, das am Ende drei der Top-Sechs-Positionen übernehmen sollte. Die Runden vor dem Ziel übernahm die bisherige Jahresschnellste Europas, U23-Europameisterin Megan Keith, die Führung. Doch die Schottin konnte just in jener Phase, als ihre hoch eingeschätzte Landsfrau Jessica Warner-Judd überrundet wurde, nicht mehr mit Battocletti mitgehen.

Köstliche Belohnung für die Medaille

Eineinhalb Runden vor dem Ende setzte diese die entscheidende Verschärfung. Die Holländerin konnte beachtlich gut mithalten und fixierte in einer Zeit von 30:57,24 Minuten den größten Erfolg ihrer Karriere. „Es ist surreal, trotz meines großen Selbstvertrauens und meines Wissens, in Topform zu sein“, meinte die 25-Jährige. Ihre Medaille wolle sie mit „Pizza und Gelato“ belohnen.

Keith sicherte sich in 31:04,77 Minuten die erste Medaille bei den Erwachsenen und zeigte sich zufrieden damit, auch wenn sie im Nachhinein meinte, sie hätte mehr Tempoinitiative zeigen sollen. Bei den Crosslauf-Europameisterschaften 2022 in Turin hatte Keith im U23-Bewerb das Duell mit Battocletti ebenfalls verloren, in beiden Fällen mit atmosphärischem Nachteil. „Es waren unglaubliche Fans heute im Stadion“, lobte sie jedoch und kündigte an: „Ab morgen bin ich Touristin und schaue mir Rom an“, sagte sie.

Lobalu gewinnt 10.000m-Lauf

Einen Tag später stand am gestrigen Abend in Rom die längste Laufdistanz bei den Männern an. Titelverteidiger Yemaneberhan Crippa verzichtete erwartungsgemäß, drei Tage, nachdem er sich die Goldmedaille im Halbmarathon geholt hatte. Es entwickelte sich ein Steigerungslauf, in dem der Brite Patrick Dever die Tempoverantwortung übernahm. In der entscheidenden Phase erwies sich Dominic Lobalu als der Stärkste.

Im Endspurt setzte sich der Schweizer in einer Zeit von 28:00,32 Minuten knapp gegen den französischen Crosslauf-Europameister Yann Schrub, vor zwei Jahren noch Dritter durch. Schrub pausiert in seinem Medizinstudium seit eineinhalb Jahren, um sich vollumfänglich auf seine Karriere zu konzentrieren, die ihn zu den Olympischen Spielen in Paris führt. „Ich bin voll motiviert für den finalen Feinschliff Richtung Olympia.“ Die Bronzemedaille ging an den Spanier Thierry Ndikumwenayo. Dagegen ging der undankbare vierte Platz an den Schweden Andreas Almgren, der als Führender aus der letzten Kurve kam und die Medaille um zwei Zehntelsekunden verpasste. Auch Jimmy Gressier verpasste Edelmetall, das Duo hätte im Halbmarathon zum Favoritenkreis gehört, sich aber für den 10.000m-Lauf entschieden.

Ergebnis 10.000m-Lauf der Männer, EM 2024
Gold: Dominic Lobalu (Schweiz) 28:00,32 Minuten
Silber: Yann Schrub (Frankreich) 28:00,48 Minuten
Bronze: Thierry Ndikumwenayo (Spanien) 28:00,96 Minuten

 
4. Andreas Almgren (Schweden) 28:01,16 Minuten
5. Jimmy Gressier (Frankreich) 28:01,42 Minuten
6. Patrick Dever (Großbritannien) 28:04,43 Minuten
7. Tadesse Getahon (Israel) 28:09,87 Minuten
8. Abdessamad Oukhelfen (Spanien) 28:10,97 Minuten
9. Simon Bedard (Frankreich) 28:11,61 Minuten
10. Valentin Gondouin (Frankreich) 28:11,86 Minuten

13. Jonas Raess (Schweiz) 28:17,79 Minuten
15. Davor Aaron Bienenfeld (Deutschland) 28:28,19 Minuten
16. Nils Voigt (Deutschland) 28:21,28 Minuten

Gut eine Hälfte lang lag das Feld im A-Lauf nach einem gemächlichen Start deutlich hinter den Durchgangszeiten des B-Lauf-Siegers Jesus Ramos. Doch dessen Hoffnung auf einen spektakulären Goldcoup begruben sich bald, als an der Wettkampfspitze Ernst gemacht wurde. Dass Dominic Lobalu als Champion aus dem Schlagabtausch herausging, ist eine besondere Geschichte. Erst seit einem Monat ist der 25-Jährige für die Schweiz bei internationalen Titelkämpfen startberechtigt, nachdem der Schweizer Leichtathletik-Verband (Swiss Athletics) in seinem Interesse und natürlich im eigenen, einen langwierigen Kampf mit dem Leichtathletik-Weltverband (World Athletics) ausgefochten hat.

Sein persönliches Schicksal und den Beginn seiner Laufkarriere hat das RunUp vor einem Jahr erzählt:

Die Bedeutung des Erfolgs versuchte Lobalu nach dem Rennen auch in Worte zu fassen: „Dieses Resultat ist nicht nur ein wichtiges für mich, sondern für das gesamte Land. Daher bin ich sehr emotional. Ich könnte nicht glücklicher sein, denn genau darauf habe ich hintrainiert und ich bin allen dankbar, die mich auf meinen Weg unterstützt haben.“ Lobalu gewann in Rom die vierte Goldmedaille für die Schweiz, mit einer Silber- und drei Bronzemedaillen zusätzlich feierte die Schweizer Leichtathletik die erfolgreichste EM ihrer Verbandsgeschichte. Für Lobalu persönlich war es das zweite Edelmetall für sich persönlich nach der Bronzemedaille im 5.000m-Lauf.

© Mattia Ozbot / Getty Images for European Athletics

Verkühlte Hodgkinson rettet Gold

Die letzte Laufentscheidung der Europameisterschaften 2024 der Frauen war die kürzeste. Die alte und neue Europameisterin Keely Hodgkinson, die auf kontinentalem Niveau ohne Konkurrenz ist, hätte nach dem Zieleinlauf beinahe vergessen, aus Frust über die Leistung sich zu freuen. „Um ehrlich zu sein, dass war nicht eine meiner besten Leistungen. Ich bin verkühlt und war gar nicht gut drauf, ich habe das beste daraus gemacht.“

Tatsächlich ist die Zeit von 1:58,65 Minuten für die 22-jährige Engländerin nichts Besonderes mehr, aber sie reichte, um die Konkurrenz in Schranken zu halten – wenn auch knapp. Denn die bereits im Vorlauf unglaublich starke Gabriela Gajanova, die im Halbfinale den Umweg über die Zeitregel nehmen musste, lieferte eine sehenswerte Leistung ab und belegte in einer Zeit von 1:58,79 Minuten den zweiten Platz. Die Silbermedaille skizziert die Entwicklung der 24-jährigen Slowakin in den letzten beiden Wochen perfekt. Die Überraschung des Rennens war die Französin Anais Bourgoin, die in den Tagen von Rom die besten Leistungen ihrer Karriere ablieferte und veredelte: 1:59,30 Minuten im Finale und damit eine halbe Sekunde schneller als ihre Landsfrau Léna Kandissounon, der nur die Rolle der ersten Gratulantin übrig blieb.

Ergebnis 800m-Lauf der Frauen, EM 2024
Gold: Keely Hodgkinson (Großbritannien) 1:58,65 Minuten
Silber: Gabriela Gajanova (Slowakei) 1:58,79 Minuten
Bronze: Anais Bourgoin (Frankreich) 1:59,30 Minuten

 
4. Léna Kandissounon (Frankreich) 1:59,81 Minuten
5. Majtie Kolberg (Deutschland) 1:59,87 Minuten
6. Anna Wielgosz (Polen) 1:59,99 Minuten
7. Lore Hoffmann (Schweiz) 2:01,13 Minuten
8. Angelika Sarna (Polen) 2:01,21 Minuten

Stark lief in Rom auch Majtie Kolberg, die mit Platz fünf im Finale ihre beste internationale Platzierung ihrer Karriere erzielte. In Erinnerung wird ihr der denkwürdige Halbfinallauf bleiben, als Hodgkinson das ganze Feld zu Überleistungen zog. Bourgoin und Kolberg erzielten deutliche persönliche Bestleistungen von 1:58,65 und 1:58,74 Minuten. Die Deutsche blickte förmlich ungläubig zur Anzeigetafel, welch Sonderleistung ihr da gelungen war.

Die Schweizerin Lore Hoffmann blieb bei der WM in Rom ohne Sonderleistung und wurde zwei Jahre nach Platz vier dieses Mal EM-Siebte, ihre Landsfrau Valentina Rosamilia schied im Halbfinale aus.

Autor: Thomas Kofler
Bild: © Mattia Ozbot / Getty Images for European Athletics

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