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In Österreich formiert sich aufgrund einer nie da gewesenen Leistungsdichte im Marathonlauf der Männer ein starkes Marathon-Team. Der sensationelle Gewinn der Bronzemedaille in der Teamwertung bei den Europameisterschaften von Berlin hat Begehrlichkeiten geweckt und lässt den österreichischen Marathonlauf optimistisch in…
In Österreich formiert sich aufgrund einer nie da gewesenen Leistungsdichte im Marathonlauf der Männer ein starkes Marathon-Team. Der sensationelle Gewinn der Bronzemedaille in der Teamwertung bei den Europameisterschaften von Berlin hat Begehrlichkeiten geweckt und lässt den österreichischen Marathonlauf optimistisch in die Zukunft blicken. Die erfolgreiche Entwicklung soll zu Nachhaltigkeit führen, von der auch Österreichs Marathonläuferinnen und durch die Vorbildwirkung vor allem der Breitensport profitieren sollen.
RunAustria präsentiert Österreichs Marathon-Hoffnungen der nächsten Jahre in einer neuen Serie. Teil sechs: Christian Steinhammer
12. August 2018, Berlin ist Schauplatz für den größten Erfolg der österreichischen Marathon-Geschichte. Nach Lemawork Ketema und Peter Herzog, die sich unter die Top-Ten der Einzelwertung geschoben haben, trug Christian Steinhammer das dritte und letzte Puzzlestück zum fantastischen Abschneiden des ÖLV-Teams über die Ziellinie. „Während des Rennens habe ich nicht mitbekommen, dass es um eine Medaille geht. Klar war mir bewusst, dass viele das Rennen nicht beendet haben und ich habe auch gesehen, dass Valentin ausgestiegen ist. Daher wusste ich, dass ich für das Team-Ergebnis ins Ziel kommen muss“, erzählt der 30-Jährige. Das war an diesem Tage sein Hauptziel, schließlich wäre bereits ein Resultat in den Top-Acht für das österreichische Team ein Erfolg gewesen. „Die Überraschung im Ziel war groß, als man uns gesagt hat, wir müssten zur Siegerehrung. In diesem Moment war ich noch ziemlich fertig vom Marathon und der Hitze – realisiert habe ich das alles erst später“, erinnert sich der Niederösterreicher.
Jahrgang: 1988
Verein: ULC Riverside Mödling
Trainer: Hubert Millonig
PB Marathon: 2:17:54 Stunden
PB Halbmarathon: 1:05:09 Stunden
Größter Erfolg: EM-Bronzemedaille 2018 in der Nationenwertung
Christian Steinhammer war der unerfahrenste aus dem Quartett, das der ÖLV nach Berlin entsandte. Sein Marathon-Debüt in einer Zeit von 2:17:54 Stunden in Frankfurt 2017 hat ihm dank einer ÖLV-Spezialregelung für die Nationenwertung, früher als Marathon-Europacup bekannt, den Startplatz trotz fehlendem EM-Limit beschert. In jungen Jahren war der Niederösterreicher auf nationalem Terrain sehr aktiv und bespielte die gesamte Tonleiter der Laufdistanzen von den Mittelstrecken bis zum 10km-Straßenlauf. Das brachte ihm eine Serie von Staatsmeistertiteln ein. Wirkliche Spezialität kristallisierte sich abgesehen vom Crosslauf nicht heraus. Den einzigen internationalen Start im rot-weiß-roten Dress bei Großereignissen vor seinem Umstieg in den Straßenlauf absolvierte Steinhammer bei der EM in Zürich im 3.000m-Hindernislauf. Es war kein gelungener, auch weil der Niederösterreicher aufgrund der kurzfrstigen Einladung von European Athletics zum Auffüllen der Startplätze suboptimal vorbereitet in die Schweiz reiste.
Die persönliche Bestleistung bei den Halbmarathon-Weltmeisterschaften von Valencia und der grandiose Erfolg bei den Europameisterschaften von Berlin im Marathon stellen einen hoffnungsvollen Einstieg in das zweite Kapitel seiner Lauf-Karriere dar. Diese Resultate sind erste Schritte auf dem Weg zum großen Ziel: Olympia-Qualifikation 2020. „Ich will nachher ehrlich sagen können: Ich habe mit sauberen Mitteln alles für dieses Ziel gegeben“, lautete die kämpferische Devise. „Leistungsgrenzen muss man gegenbenenfalls akzeptieren“, weiß er um die Schwierigkeit der Unternehmung. „Aber Berlin hat gezeigt, was möglich ist!“
Du hast im Jänner gemeinsam mit Peter Herzog ein Trainingslager in Spanien absolviert. Wie lautet deine Bilanz dieser drei Wochen?
„Dass Peter und ich gemeinsam nach Spanien gefahren sind, hat sich einfach ergeben. In diesen drei Wochen, das ist doch ein langer Zeitraum, haben wir uns auf eine ganz andere Art und Weise kennengelernt als davor. Das hat menschlich sehr gut geklappt und sportlich haben wir natürlich sehr voneinander profitiert. Man puscht sich einfach gegenseitig im Training. Einmal hat der eine einen guten Tag, ein anderes Mal der andere einen schlechteren Tag und da ist es leichter, die Balance zu finden.“
„Marathon ist eine spezielle Distanz, wo sehr viel passieren kann in jegliche Richtung. Natürlich habe ich Ziele im Kopf, aber ich warne davor, Zeit-Ziele in den Vordergund zu stellen. Es droht auch die Gefahr, dass man sich innerlich zu früh zufrieden gibt, wenn ein Ziel in Reichweite gerät. Die Kunst ist es, schlussendliche Resultate in der Gesamtbetrachtung richtig einzuordnen. Es kann ein 2:17er-Marathon gut sein, es kann aber auch ein 2:15er-Marathon schlecht sein. Das große Ziel sind natürlich die Olympische Spiele 2020. Der Vienna City Marathon ist ein wichtiger Schritt dorthin.“
Wo siehst du den größten Verbesserungsbedarf bei dir?
„Marathon ist ein Prozess. Nach erst drei Marathonläufen kann noch nicht alles ausgereizt sein. Man muss sich sowohl in der Geschwindigkeit als auch in der Ausdauer weiterentwickeln. Den hohe Umfang und die nötigen Intensitäten unterzubringen, das ist die große Herausforderung des Marathon-Trainings. Ich sehe für mich in beiden Sparten noch viel Potenzial, die Reise geht weiter.“
Die Qualifikation für die Olympischen Spiele scheint nach aktuellem Stand eine große Herausforderung. Für dich eher Druck oder Motivation?
„Im Moment beschäftige ich mich nicht damit, wie schnell ich laufen werden muss. Aber die Olympische Spiele haben einen derartigen Reiz auf Sportler, da will ich hin. Zu den wenigen Menschen weltweit zu gehören, die einen Olympischen Marathon laufen, dafür arbeite ich jeden Tag und versuche das Maximum aus mir herauszuholen. Die Qualifikation wird definitv ein sehr schwieriges Unterfangen, bei dem ich an die Leistungsgrenze kommen muss oder sogar ein bisschen darüber hinaus. Ein sehr schwieriges Ziel zu erreichen, das ist auch das Spannende daran.“
Wie oft triffst du dich im Wiener Prater mit anderen Läufern zu gemeinsamen Trainingsläufen und welchen Profit ziehst du aus gemeinsamen Trainings?
„Grundsätzlich versuchen wir, viele gemeinsame Trainingssessions zu absolvieren. Das läuft recht flexibel ab. Manchmal absolvieren wir Einheiten nebeneinander, manchmal miteinander. Diese Entwicklung in Wien ist schon sehr positiv, das Trainingsumfeld im Prater oder bei schlechtem Wetter im Hallen-Stadion oder in der Südstadt ist auch sehr gut. Hauptsächlich verabrede ich mich aktuell mit Andi Vojta, Luca Sinn, Timon Theuer oder Stephan Listabarth, da die Marathon-Kollegen Valentin und Lemawork aktuell im Ausland sind.
Wie der ÖLV gestern bekannt gab, startest du am 10. März beim Den Haag Halbmarathon. Mit welchen Erwartungen an dieses Rennen reist du dorthin?
„Der Schwerpunkt des Trainings liegt jetzt natürlich auf den Marathon. Ich denke aber doch, dass ich dort schnell laufen kann, wenn ich mit frischen Beinen in den Wettkampf hineingehe. Ich möchte im Bereich der Bestleistung laufen, im Optimalfall knapp unter 65 Minuten. Das ist das Ziel.“
Dass Christian Steinhammers größter Marathon-Erfolg bisher ein Team-Erfolg war, passt haargenau. Er ist ein klassischer Team-Player. „Es bringt keinem etwas, wenn wir alle sagen würden: ,Wir sind Konkurrenten’ und jeder sein eigenes Süppchen kochen würde“, begrüßt der Niederösterreicher die Situation mit mehreren österreichischen Marathonläufen „auf sehr sehr gutem Niveau“ und ergänzt: „Ich halte sowieso nichts von Geheimniskrämerei. Im Endeffekt geht es darum, hart und fleißig zu trainieren und die Synergien aus der Zusammenarbeit zu nützen. Daher ergibt sich eine Win-Win-Situation für alle!“
Im Gegensatz zu den anderen EM-Medaillengewinnern arbeitet Steinhammer nicht als Vollprofi. Neben den sportlichen Herausforderungen geht er einem Teilzeitjob als Verkäufer nach und engagiert sich seit neuestem in der Ausbildung. „Das ist eine schöne Abwechslung. Außerdem ist es mir wichtig, zu überlegen, wie es nach der sportlichen Karriere weitergehen soll“, erklärt der 30-Jährige. Der Lehrgang Busniess and Sports Administration an der FH in Eisenstadt dauert drei Semester und räumt ihm eine hohe Flexibilität ein. Ins Burgenland fährt er nie, das Fernstudium besteht großteils aus Online-Vorlesungen und präsenzpflichtigen Lehrgängen, die in ganz Österreich verteilt sind. Dort legt er auch seine Prüfungen ab, häufig an seinem Wohnort Wien. „Insgesamt sehe ich diese Ausgangsposition nicht negativ. Ich kann mir die Zeit persönlich gut einteilen. Den einzigen Nachteil, den ich spüre, ist die mangelnde Flexiblität. Wenn im Winter einmal schlechtes Trainingswetter in Wien herrscht, habe ich nicht die Möglichkeit, einfach meinen Trainingsort zu wechseln“, schildert er. Aus diesem Grund spielt er hin und wieder mit dem Gedanken, sich nächstes Jahr voll auf den Sport zu fokussieren.
Der Start beim Vienna City Marathon am 7. April ist der zweite in seiner Wahlheimat und der erste Versuch, auf heimischem Boden ein Marathon-Ergebnis ins Ziel zu bringen. Im vergangenen Jahr zollte er den hohen Temperaturen Tribut. „Ich sehe das nüchtern: Ich habe mein Tempo gewählt und bin so lange gelaufen, wie es gegangen ist. Die Hitze hat mir für das schnelle Angangstempo die Grenzen aufgezeigt. Natürlich gibt man sehr ungern auf, erst recht auf der größten Laufsport-Bühne Österreichs. Aber jegliche Erfahrung bringt einen auf seinem Weg im Leistungssport weiter“, rekapituliert er.
Einen wichtigen Teil der Marathon-Vorbereitung nahm ein dreiwöchiges Trainingslager im Jänner in Spanien ein, das Steinhammer gemeinsam mit Peter Herzog absolvierte. Mitten aus dem Training heraus knackte er bei einem 10km-Lauf in Valencia zum zweiten Mal in seiner Karriere die Marke von 30 Minuten. „Ein perfekter Trainingstag, nicht mehr, aber auch nicht weniger“, lautet seine Analyse. Die Qualität eines solch stark besetzten 10km-Wettkampfs bekomme man in einem Trainingslauf nie. Nach dem Trainingslager erkrankte Steinhammer, weswegen der Halbmarathon in Barcelona mit einer Aufgabe in die Hose ging. „Weil das Wetter in Österreich bescheiden war“, flog er trotz fehlender Form nach Katalonien, wo er mit leichten Problemen in der Oberschenkelmuskulatur das Handtuch warf. „Wäre ich in guter Form gewesen, kein Problem. Aber wenn man nicht in Form ist, beschäftigt man sich mental intensiver mit Problemchen und tendiert zur Vorsichtsmaßnahme“, erklärt er.
Die Generalprobe für den Vienna City Marathon absolviert er am 10. März beim Halbmarathon im holländischen Den Haag. Weitere Wettkämpfe sind nicht geplant, Trainingswettkämpfe als Ersatz für eine Trainingsession in Wien kämen in Frage, falls das Timing mit dem Trainingsplan passt. „Man muss aufpassen, dass Trainingswettkämpfe nicht kontraproduktiv sind, weil man in einem ungünstigen Augenblick der Marathon-Vorbereitung an die Leistungsgrenze geht“, warnt der Schützling von Trainer-Routinier Hubert Millonig.
„Laufen ist eine Sportart, die von der Regelmäßigkeit lebt. Die Konsequenz und der Fleiß im Training begründen Fortschritte.“
Christians Ergebnisse im Marathon
– 41. Platz: EM 2018 in Berlin – 2:20:40 Stunden
– 21. Platz: Frankfurt Marathon 2017 – 2:17:54 Stunden
Christians Ergebnisse im Halbmarathon
– 90. Platz: WM 2018 in Valencia – 1:05:09 Stunden
– 9. Platz: Wachau Halbmarathon – 1:05:31 Stunden