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Die bisherige Ausnahme, es war eine singuläre. London Marathon 2020, seltsame Pandemieregeln, strömender Regen und ein beschlagenes Ohr, das den Unantastbaren nicht jene Leistung abrufen ließ, die die Marathon-Welt von ihm gewohnt war. Nun hat Eliud Kipchoge eine neuerliche Niederlage erlitten, es ist die dritte insgesamt nach einem zweiten Platz in Berlin 2013, als der heute Größte aller Zeiten noch ein Marathon-Neuling war. Der sechste Platz beim Boston Marathon 2023 in einer Zeit von 2:09:23 Stunden versetzte ihm einen symbolischen Tiefschlag. Amerikanische Medien berichten, dass der Kenianer umgehend das Zielgelände verließ, ohne mit Medienvertretern zu sprechen. Eine Entscheidung, die ihm berechtigterweise Kritik einbringt. Wenige Stunden später tauchte ein Statement an die Öffentlichkeit: „Es gibt keine Garantien, es ist niemals einfach. Heute war ein besonders schwerer Tag. Ich habe mich selbst so sehr gepuscht wie ich konnte. Ich lebe für die Momente, in denen ich meine Grenzen herausfordere. Im Sport gewinnt man und verliert man. Daher gratuliere ich meinen Rivalen. Außerdem geht mein Dank an allen in Boston für die unglaubliche Unterstützung.“
Ganz anders Evans Chebet, Sieger des Boston Marathon 2022 und des New York City Marathon 2022. Der 34-Jährige versteckte sich in der Spitzengruppe, schützte sich so vor dem Wind, hatte eine Antwort auf die Attacke von Gabriel Geay parat und spielte seine Stärke in den entscheidenden Phasen des Rennens aus. Erstmals seit dem Boston-Vierfachsieger Robert Cheruiyot im Jahr 2008 konnte ein Läufer in Boston seinen Vorjahressieg wiederholen. Die Siegerzeit von 2:05:54 Stunden ist die drittschnellste der Veranstaltungsgeschichte hinter dem legendären Streckenrekord von Geoffrey Mutai und dem Sieg von Robert Cheruiyot (ein anderer Robert Cheruiyot, Anm.) im Jahr davor. Chebet hat sechs seiner letzten sieben Marathonläufe gewonnen, darunter drei World Marathon Majors in Folge.
Es hätte an Symbolkraft kaum eine Überleitung gegeben, hätte Eliud Kipchoge, der Superstar der Szene, ausgerechnet zehn Jahre nach dem schrecklichen Anschlag auf den Boston Marathon den traditionsreichsten Marathonlauf der Welt gewonnen. Doch auch dieser Sieger, Evans Chebet ist ein Großer – nur Kipchoge selbst hat in letzter Zeit ähnlich beeindruckende Resultate eingefahren wie der 34-Jährige. Und beim ersten Aufeinandertreffen der beiden kenianischen Marathonstars überhaupt landete Chebet einen klaren Punktsieg – wer weiß, welches Signal Richtung Olympische Spiele 2024 sich daraus noch entwickeln könnte. Denn erstmals seit einem Jahrzehnt gibt es Argumente dafür, Kipchoge nicht mehr als (unangefochtene) Nummer eins der Szene zu sehen.
Noch im Vorfeld strotzte der 38-jährige Eliud Kipchoge vor Selbstvertrauen und sprach vom Streckenrekord als Ziel, der in Boston ja insofern selbst für ihn eine hohe Hürde darstellt, weil Geoffrey Mutai 2011 mit Rückenwind zu einer Fabelzeit von 2:03:02 Stunden geblasen wurde – auf der selektiven Boston-Strecke ohne Pacemaker eine Wahnsinnszeit! Noch in Boston sprach das Team um den zweifachen Olympiasieger von einer hervorragenden Vorbereitung. Die Experten auf der US-Laufplattform „Let’Run.com“ spekulieren, ob der Superstar tatsächlich den Bostoner Kurs mit den schwierigen Anstiegen unterschätzt habe. Denn Kipchoge selbst sorgte mit enormer Tempoarbeit für ein extrem schnelles Tempo für Boston-Verhältnisse, trotz suboptimaler Bedingungen mit niedrigen Temperaturen, starkem Seitenwind und strömendem Regen – wie vor zweieinhalb Jahren in London.
Nach bereits 14:17 Minuten waren die ersten fünf Kilometer absolviert, die Zwischenzeit nach zehn Kilometern stoppte bei 28:52 Minuten. Auch die Halbmarathon-Durchgangszeit von 1:02:19 Stunden, bei der noch elf Läufer an der Spitze liefen, war für Boston schnell – nur Mutai war mit seiner Spitzengruppe vor zwölf Jahren ein paar Sekunden flotter. Doch als die geografischen Scharfrichter, die Newton Hills kamen und Gabriel Geay das Tempo verschärfte, konnte Eliud Kipchoge im Gegensatz zu Evans Chebet nicht darauf reagieren. Was aber noch viel schlimmer war: Für die flache Passage hinein in die Metropole hatte Kipchoge fast nichts mehr im Tank und lief Kilometersplits, die seiner nicht würdig sind. Dadurch ergab sich der Abstand von dreieinhalb Minuten auf den Sieger und Platz sechs.
Im Rücken von Chebet, der bei Kilometer 40 die letzte und alles entscheidende Attacke im Kampf um den Sieg gesetzt hatte, entwickelte sich ein spannender Kampf um Platz zwei, den Gabriel Geay, der Landesrekordhalter von Tansania, der längst auch zur Marathon-Weltklasse gehört, in 2:06:04 Stunden knapp gegen dem ehemaligen Boston- und amtierenden Chicago-Sieger Benson Kipruto (2:06:06) gewann. Dahinter war auf den finalen Kilometern ein Loch aufgegangen, der ehemalige Sieger des New York City Marathon, Albert Korir, auch einmal Sieger beim Vienna City Marathon, erlief sich in einer Zeit von 2:08:01 Stunden den vierten Platz.
Der beste Amerikaner kam gleich hinter Kipchoge ins Ziel: Scott Fauble in 2:09:44 Stunden auf Platz sieben, gefolgt vom besten Europäer, Hassan Chahdi aus Frankreich, der auch unter 2:10 Stunden blieb. Der Deutsche Hendrick Pfeiffer zeigte ein gutes Rennen und platzierte sich in einer Zeit von 2:12:22 Stunden auf Rang 16.