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Chepngetich feiert historischen Triumph

Weltmeisterin Ruth Chepngetich pulverisierte den Streckenrekord des Nagoya Women’s Marathon und strich das höchste Preisgeld ein, das je bei einem Marathonlauf ausgeschüttet wurde. Die Tempojagd war eingebettet in ein faszinierendes Verfolgungsrennen.
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„Ich kann sagen, dass das ein gutes Rennen war“, rekapitulierte die 27-Jährige nach dem Rennen. „Ich wollte unbedingt einen neuen Streckenrekord laufen, das habe ich locker geschafft.“ Locker ist noch eine Untertreibung für das, was der Siegerin des Chicago Marathon 2021 in Nagoya gelang. Sie pulverisierte den Streckenrekord von Mao Ichiyama aus dem Jahr 2020 um drei Minuten und elf Sekunden und schaffte in einer Siegerzeit von 2:17:18 Stunden die zweitschnellste Marathonzeit, die jemals von Frauen auf japanischem Boden erzielt worden ist und die zweitschnellste Marathonzeit des Jahres – beides hinter Tokio-Siegerin Brigid Kosgei (siehe RunAustria-Bericht). Der fantastische Auftritt von Ruth Chepngetich, herausgelaufen mit Unterstützung von weiblichen Tempomacherinnen in einem überwiegenden Solorun mit kurzfristiger Konkurrenz durch Lonah Chemtai Salpeter, führte den kenianischen Star zur zweitschnellsten Zeit ihrer Karriere – zehn Sekunden hinter ihrer Siegerzeit beim Dubai Marathon 2019. Und noch eine „2“ spielte eine statistisch historische Rolle: Es war der zweitschnellste „Women’s Only Marathon“ der Geschichte nach jenem von Mary Keitany in London 2017, also einem Rennen ohne männliche Tempomacher. Eine Siegerzeit von 2:17:18 Stunden gab es übrigens bereits einmal in der Marathon-Geschichte: durch Paula Radcliffe beim Chicago Marathon vor 20 Jahren. Damals, im Oktober 2002, bedeutete diese Zeit eine klare Verbesserung des damaligen Weltrekords von Catherine Ndereba (um eineinhalb Minuten), heute ist es die geteilte siebtschnellste Marathonzeit der Geschichte. Zwei Marathonläufe auf diesem Niveau können neben Chepngetich nur Weltrekordhalterin Kosgei und die legendäre Britin aufweisen.

Die historischen Top-Marathonzeiten der Frauen
1. Brigid Kosgei (KEN) 2:14:04 Stunden (Chicago Marathon 2019) (Weltrekord)
2. Paula Radcliffe (GBR) 2:15:25 Stunden (London Marathon 2003) (Europarekord)
3. Brigid Kosgei (KEN) 2:16:02 Stunden (Tokio Marathon 2022)
4. Mary Keitany (KEN) 2:17:01 Stunden (London Marathon 2017)
5. Ruth Chepngetich (KEN) 2:17:08 Stunden (Dubai Marathon 2019)
6. Peres Jepchirchir (KEN) 2:17:16 Stunden (Valencia Marathon 2020)
7. Paula Radcliffe (GBR) 2:17:18 Stunden (Chicago Marathon 2002)
7. Ruth Chepngetich (KEN) 2:17:18 Stunden (Nagoya Women’s Marathon 2022)
9. Worknesh Degefa (ETH) 2:17:41 Stunden (Dubai Marathon 2019)
10. Paula Radcliffe (GBR) 2:17:42 Stunden (London Marathon 2005)

Deutlicher Negativ-Split bei über 20°C

Chepngetichs Wettlauf gegen Salpeter zum historischen Siegerscheck in Höhe von 250.000 US-Dollar (das entspricht ca. 228.000 Euro), so viel wie es noch nie bei einem Marathonlauf als Siegesprämie zu ernten gab, war ein fesselnder mit ungewöhnlichem Spannungsbogen. Denn die beiden Favoritinnen Chepngetich und Salpeter, die ein wesentlich höheres Leistungsniveau aufwiesen als die besten Japanerinnen im Rennen, absolvierten nur die Anfangsphase Seite an Seite, ehe sich die Kenianerin mit dem Wunsch, schneller zu laufen, von der Spitzengruppe löste. Ein Grund für die frühe Verschärfung auf der einen bzw. die etwas konservativere Anfangstaktik auf der anderen Seite mögen die verhältnismäßig hohen Temperaturen im japanischen Frühlingseinbruch gewesen sein. Bis zu 21°C zeigte das Thermometer am gestrigen Sonntag im südlichen Japan, Chepngetich machte schon am Freitag bei der Pressekonferenz klar, dass ihr warme Temperaturen wenig ausmachen und sie diese gegenüber kälteren klar bevorteile.

Ruth Chepngetichs Halbmarathon-Splits: 1:09:03 / 1:08:14 Stunden
Ruth Chepngetichs 5km-Teilzeiten: 16:34 / 16:09 / 16:32 / 16:12 / 16:21 / 16:26 / 16:03 / 16:05 / 6:56 (2,195 km) Minuten

Ein rasanter 5km-Abschnitt von 16:09 Minuten führte Chepngetich zu einer 10km-Zwischenzeit von 32:43 Minuten. Bei der Durchgangszeit beim Halbmarathon lag sie in einer Zeit von 1:09:03 Stunden 44 Sekunden vor dem Verfolgerduo Salpeter und Yuka Ando. Ando und ihre Landsfrau Ai Hosoda, die knapp hinter dem Duo lag, gingen in dieser Phase Risiko, denn in der kleinen Gruppe hinter Chepngetich wurde ab Kilometer 15 ebenfalls ein hohes Tempo angeschlagen und es war nur eine Frage der Zeit, bis Ando das Tempo der Israelin nicht mehr halten konnte. Das passierte dann kurz nach der Zwischenzeit bei Kilometer 25 und war zu diesem Zeitpunkt kein Wunder. Denn die aus Kenia stammende und seit 2008 in Israel lebende Salpeter benötigte zwischen der Zwischenzeit bei Kilometer 20 und 25 weniger als 16 Minuten – ein solcher Abschnitt ist in einem Frauen-Marathon absolute Seltenheit, weil unfassbar schnell. Es war der schnellste Teilabschnitt des Rennens insgesamt, dem die Israelin einen 5km-Abschnitt von 16:03 und einen weiteren von 16:08 Minuten folgen ließ.

Lonah Chemtai Salpeters Halbmarathon-Splits: 1:09:47 / 1:08:58 Stunden
Lonah Chemtai Salpeters 5km-Teilzeiten: 16:35 / 16:33 / 16:52 / 16:16 / 15:59 / 16:03 / 16:08 / 16:51 / 7:28 (2,195 km) Minuten

Tatsächlich schaffte sie den Anschluss an Chepngetich für kurze Zeit, Kilometer lang rangen die beiden auf höchstem Niveau, zuweilen getrennt nur durch wenige Sekunden, um die beste Ausgangsposition für das Finale. Die Weltmeisterin beschleunigte, ausgerechnet an einem leichten Anstieg vor dem Rathaus bei Kilometer 34, und erreichte zwischen Kilometer 30 und 35 ihren bisher schnellsten 5km-Abschnitt (16:03). Diesen konnte die zweitschnellste Europäerin der Geschichte noch kontern, den nächsten rasanten 5km-Abschnitt Chepngetichs in 16:05 Mintuen allerdings nicht mehr. Die Lücke war endgültig aufgegangen, fast eine Minute lag zwischen den beiden Topstars des Rennens bei Kilometer 40. Dennoch sollte Salpeter einen klaren Negativ-Split verzeichnen. Um zu gewinnen, hätte sie die zweite Marathon-Hälfte in 1:07:30 Stunden laufen müssen.

© Nagoya Women’s Marathon

Die Siegerin glänzte mit einem irren Finale von 6:56 Minuten für die letzten 2,195 Kilometer und kam so, dank eines bemerkenswerten negativen Splits, bedrohlich nahe an ihre persönliche Bestleistung, als sie die Ziellinie im Vantelin Dome anvisierte. Auch so geht die Siegerzeit in die Geschichte ein – nicht nur wegen des Dollarregens à la Donald Duck. Auch Salpeter finishte auf hohem Niveau, die Tokio-Siegerin von 2020 blieb exakt eine Minute über ihrer persönlichen Bestleistung. Es war ihr zweitschnellster Marathon, der dritte unter 2:19 Stunden. Das hat es in der europäischen Marathon-Geschichte, zu der Israel wie überall im Sport aus politischen Gründen vergangener Jahrzehnte zählt, bisher nur einmal gegeben. Dank Ausnahmeläuferin Paula Radcliffe.

Die europäischen sub-2:20-Marathons der Geschichte
Paula Radcliffe (GBR) 2:15:25 Stunden (London Marathon 2003) (Europarekord)
Paula Radcliffe (GBR) 2:17:18 Stunden (Chicago Marathon 2002)
Paula Radcliffe (GBR) 2:17:42 Stunden (London Marathon 2005)
Lonah Chemtai Salpeter (ISR) 2:17:45 Stunden (Tokio Marathon 2020)
Lonah Chemtai Salpeter (ISR) 2:18:45 Stunden (Nagoya Women’s Marathon 2022)
Lonah Chemtai Salpeter (ISR) 2:18:54 Stunden (London Marathon 2021)
Paula Radcliffe (GBR) 2:18:56 Stunden (London Marathon 2002)
Irina Mikitenko (GER) 2:19:19 Stunden (Berlin Marathon 2008) (Deutscher Rekord)
Lonah Chemtai Salpeter (ISR) 2:19:46 Stunden (Prag Marathon 2019)

Ando beste Japanerin

Die ursprünglich zu früh als neues Supertalent des japanischen Marathonlaufs ausgerufene Yuka Ando – nämlich, nachdem sie 2017 auf dieser Strecke in 2:21:36 Stunden debütierte – bestritt das Finale eines Laufs, der sich nicht im optimalen Sinne für ihre Bedürfnisse entwickelt hat (zuweilen sah die theoretische Hochrechnung des Realtempos den japanischen Rekord in Sichtweite), auf vernünftige Weise, so dass sie ihre verbesserte Form der letzten Monate in ein gutes Resultat ummünzen konnte. Sie wurde in einer Schnappszahlzeit von 2:22:22 Stunden Dritte (irgendwie war die „2“ die Zahl des Nagoya Women’s Marathon 2022). Es war ihr zweitschnellster Marathon, der dritte unter 2:23 Stunden.

Yuka Andos Halbmarathon-Splits: 1:09:47 / 1:12:35 Stunden
Yuka Andos 5km-Teilzeiten: 16:35 / 16:33 / 16:52 / 16:16 / 16:14 / 16:52 / 17:27 / 17:42 / 7:51 (2,195 km) Minuten

Und auch Ai Hosoda, die für ihre Verhältnisse fast wahnsinnig angelaufen ist (1:09:59), erzielte auf Rang vier in einer Zeit von 2:24:26 Stunden eine Bestleistung um zwei Minuten. Fünfte wurde Marathon-Debütantin Yuka Suzuki, Studentenweltmeisterin im Halbmarathon. Sie erreichte eine Zeit von 2:25:02 Stunden und überzeugte mit einem konstanten Tempo mit einem leichten Einbruch hinten raus – was ihr den sub-2:25-Marathon verhagelte.

Klare Steigerung knapp vor dem 40er

Ein sehr gelungenes Marathon-Erlebnis durfte die 39-jährige Eloise Wellings, deren fünf Jahre ältere Landsfrau Sinead Diver aufgeben musste, in Nagoya erleben. Die Australierin, die im abgelaufenen Jahrhundert als Mittelstreckenläuferin ihre Karriere begonn und sich später den längeren Strecken auf der Bahn gewidmet hat (vier Top-Sechs-Plätze bei Commonwealth Games, Siegerin bei der Universiade 2003 im 5.000m-Lauf, WM- und Olympia-Teilnehmerin), steigerte sich in ihrem dritten Marathon auf eine Zeit von 2:25:10 Stunden.

Eloise Wellings’ Halbmarathon-Splits: 1:11:48 / 1:13:22 Stunden
Eloise Wellings’ 5km-Teilzeiten: 17:12 / 16:55 / 17:01 / 17:00 / 17:01 / 17:21 / 17:24 / 17:37 / 7:39 (2,195 km) Minuten

Das Bemerkenswerte: Es ist ihr dritter Marathon binnen sechs Monate. In London lief sie im Oktober 2021 eine Zeit von 2:29:42, beim Melbourne Marathon im Dezember 23 Sekunden schneller und nun gelang der Sprung in die nationale Marathon-Spitze.

Die Top-Fünf Marathonläufe des australischen Laufsports
1. Benita Willis-Johnson 2:22:36 Stunden (Chicago Marathon 2006)
2. Lisa Martin 2:23:51 Stunden (Osaka Marathon 1988)
3. Sinead Diver 2:24:11 Stunden (London Marathon 2019)
4. Eloise Wellings 2:25:10 Stunden (Nagoya Women’s Marathon 2022)
5. Lisa Weightman 2:25:15 Stunden (London Marathon 2017)
5. Jessica Stenson 2:25:15 Stunden (Perth Marathon 2021)

Der Nagoya Women’s Marathon, in Normalzeiten mit über 20.000 Aktiven der größte Marathonlauf nur für Frauen der Welt, beendet wie üblich, als letzter großer seiner Vertreter, die japanische Saison der Straßenläufe, die auch in diesem Winter durch die Pandemie deutlich beeinträchtigt war. Obwohl Massenveranstaltungen in Japan seit wenigen Wochen wieder erlaubt sind, blieb der Veranstalter des Nagoya Women’s Marathon, darunter der Japanische Leichtathletik-Verband (JAAF), unter der erhofften Teilnehmerzahl von bis zu 22.000 angebotenen Startplätzen. Dennoch waren die knapp 8.700 Marathon- und über 7.300 Halbmarathon-Finisher gemeinsam mit der Teilnehmerschaft des Tokio Marathon vor einer Woche ein neuerliches, kräftiges Neustartsignal für den japanischen Laufsport. Mit dabei war auch das 63-jährige Laufwunder Mariko Yugeta, die neuerlich unter drei Stunden blieb.

Ergebnis Nagoya Women’s Marathon 2022

  1. Ruth Chepngetich (KEN) 2:17:18 Stunden *
  2. Lonah Chemtai Salpeter (ISR) 2:18:45 Stunden
  3. Yuka Ando (JPN) 2:22:22 Stunden
  4. Ai Hosoda (JPN) 2:24:26 Stunden **
  5. Yuka Suzuki (JPN) 2:25:02 Stunden ***
  6. Eloise Wellings (AUS) 2:25:10 Stunden **
  7. Ikumi Fukura (JPN) 2:25:15 Stunden **
  8. Kotona Ota (JPN) 2:25:56 Stunden ***
  9. Kanako Takemoto (JPN) 2:26:23 Stunden **
  10. Chiharu Ikeda (JPN) 2:26:50 Stunden **
  11. Reia Iwade (JPN) 2:27:03 Stunden

    16. Hanae Tanaka (JPN) 2:30:01 Stunden
    74. Mariko Yugeta (JPN) 2:58:40 Stunden

* neuer Streckenrekord
** neue persönliche Bestleistung
*** Marathon-Debüt

© Nagoya Women’s Marathon

Nagoya Women’s Marathon

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